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Suche nach der Nummer eins: Wird Schlager der nächste Hit?

Da stand er in den Katakomben des Happel-Stadions und freute sich wie ein kleiner Bub vor dem Weihnachtsbaum. Leuchtende Augen, ein breites Grinsen im Gesicht, eingeschränkt der Wortschatz ob der überwältigenden Emotionen. "Geil. Wahnsinn." So beschrieb Alexander Schlager, 22 Jahre jung, seine Gefühlswelt nach seinem Debüt am Samstagabend im A-Nationalteam gegen Nordmazedonien.

Mit dem ersten Spiel des Torhüters qualifizierte sich Österreich gleich für die EURO 2020. Eine Effizienz von 100 Prozent, wenngleich Relativität in der Beurteilung angebracht ist. "Das fühlt sich schon sehr gut an." Unter die Haut gingen ihm ganz besonders die Minuten vor dem Anpfiff, als ein fast volles Stadion die Bundeshymne trällerte. "Da ist mir die Gänsehaut rauf und runtergelaufen." In diesem Moment wurde ihm bewusst, dass ein Kindheitstraum in Erfüllung ging. "Ich bin dankbar und stolz, was ich bisher erreicht habe."

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Seine zweite EURO

Für Schlager wird es, sofern er fit bleibt, die zweite EURO innerhalb von zwölf Monaten sein. Im Juni spielte er noch in Triest und Udine die U-21-EM, wo das Team von Werner Gregoritsch durchaus Werbung für den heimischen Kick machte. Schlager selbst, gar nicht so viel geprüft in den drei Vorrunden-Partien, blieb im Großen und Ganzen ohne Fehl und Tadel. Im Juni 2020 erlebt er die EURO auf einem noch höheren Level. "Wenn ich mir das überlege – eigentlich ist das ein Wahnsinn", sprach der beinahe sprachlose Tormann.

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Ob er dann die Nummer 1 sein wird, ist heute noch graue Theorie. James Holland, Routinier und Teamkollege beim LASK, spricht nur in den höchsten Tönen von Schlager. "Er ist bodenständig, intelligent, ein harter Arbeiter und noch dazu ein super Typ. Er ist der, den du unbedingt in deinem Team haben möchtest." Geht es nach Holland, sollte Teamchef Foda auf Schlager setzen. "Er ist 22 und die Zukunft. Er hätte sich das Vertrauen absolut verdient."

Viel Bewegung

Auf der Position zwischen den Pfosten hat sich im vergangenen Jahr einiges getan. Heinz Lindner schien lange Zeit als "Einser" gesetzt, ehe er im Sommer nach dem Abstieg mit Grasshoppers Zürich einen Arbeitgeber suchte und nach Transferschluss erst sehr spät, im Herbst, in Wiesbaden einen neuen Verein fand. In der Zwischenzeit nützte Cican Stankovic von Meister Salzburg die Gunst der Stunde und rückte zur Nummer 1 auf, gefolgt von Schlager und Pervan, der einst beim LASK vor Schlager in der Hierarchie gereiht war und nun bei Wolfsburg gute Leistungen zeigte.

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Dann verletzte sich Stankovic, Foda hatte abermals die Qual der Wahl und entschied sich im Duell der Torhüter diesmal im Spiel gegen Nordmazedonien für Schlager. Der Salzburger weiß aber die Situation richtig einzuschätzen. "Pavao bringt gute Leistungen und hätte es sich ebenso verdient." Das Verhältnis innerhalb der Torhüterriege könnte durchaus schlechter sein. Man schätzt und respektiert sich, spricht stets gut über den anderen.

Robert Almer war der letzte Tormann, der es im Nationalteam über mehrere – fünf – Jahre zu einer Konstanten brachte. Und das war das Verdienst von Marcel Koller, der sich im November 2011 für den heutigen Teamtormanntrainer entschied, der damals in der 2. deutschen Bundesliga bei Düsseldorf Ersatz war. Koller hielt zum heute 35-Jährigen auch als der keinen Klub hatte. Almer dankte es mit konstant guten Leistungen.

Nach der Verletzung des Steirers samt Karriereende stand Heinz Lindner ab dem Länderspieljahr 2017 20 Mal im Teamtor (in den vier Jahren davor acht Mal). Aber nach dem Abschied vom Schweizer Absteiger Grasshoppers fand der Oberösterreicher lange keinen Klub, ist jetzt in der 2. deutschen Bundesliga bei Wiesbaden unter Vertrag. Zuletzt war er allerdings verletzt.

Wie Almer brachte es auch Alexander Manninger auf 33 Länderspiele. Im Gegensatz zu Almer brauchte der Salzburger nicht fünf, sondern zehn Jahre – von 1999 bis 2009. Manninger war nie unumstritten die Nummer  1, auch bei der Heim-EM wollte sich der damalige Teamchef Josef Hickersberger bis kurz vor dem Auftaktspiel nicht auf einen Tormann festlegen.  Die EM spielte dann Jürgen Macho, der es auf 26 Teameinsätze brachte. 

Zuvor waren 16 Jahre lang Franz Wohlfahrt (59 Spiele von 1987 bis 2001) und Michael Konsel (42 Spiele von 1985 bis 1998) die klaren Einser. Zwischen 1982 und 1990, in nur acht Jahren, hatte es Klaus Lindenberger auf beachtliche 41 Spiele gebracht.

1985 hatte Österreichs Rekord-Tormann die Handschuhe endgültig an den Nagel gehängt. Friedl Koncilia hatte sein erstes Länderspiel im Jahr 1970 bestritten, 15 Jahre später beendete er seine Karriere mit bis dato unerreichten  84 Länderspielen.

Kein Ausrasten

Schlager ist nun auf den Geschmack gekommen, ein Ausrasten auf den ersten Lorbeeren nach den sehr guten Auftritten mit dem LASK im Europacup und dem Teamdebüt kommt für ihn ohnehin nicht in Frage. "Die Vorfreude auf die EURO ist zwar vorhanden, aber bis dahin gilt es Leistung im Verein zu bringen. Ich weiß, dass ich weiter hart arbeiten muss." Werden Stankovic und Lindner wieder fit, hat Foda nun auch im Tor die Qual der Wahl.