Sensation bei der Tour de France: Patrick Konrad gewinnt 16. Etappe
Von Christoph Geiler
Man konnte Patrick Konrad auf seinem Husarenritt ins Tal kaum zusehen. Wie er sich völlig ausgepumpt und zugleich auch völlig furchtlos die steile Abfahrt vom Col de Portet-d’ Aspet hinunterstürzte. Ein Berg, der eine tragische Geschichte erzählen kann: 1995 war dort der Italiener Fabio Casartelli tödlich verunglückt, eine weiße Gedenktafel erinnert am Straßenrand an den italienischen Profi.
Umso bemerkenswerter, wie Patrick Konrad auf der regennassen Bergstraße wagemutig und kompromisslos die vielen engen Kurven kratzte und alles Menschenmögliche unternahm, um diese historische Gelegenheit zu nützen. Wie viele österreichische Tagessiege hatte es in der langen Geschichte der Tour de France schon zu feiern gegeben?
Mit Leidenschaft und Mut
Die Leidenschaft und der Mut von Patrick Konrad machten sich bezahlt. Mit seiner famosen Abfahrt, mit der er den Vorsprung auf die Verfolger ausbaute, legte der 29-Jährige den Grundstein für den Sieg auf der 16.Etappe der Tour de France.
Als er nach 169 Kilometern in Saint-Gaudens über die Ziellinie fuhr, konnte er sein Glück kaum fassen. Entgeistert schlug sich Konrad auf den Helm, ehe er die Fäuste ballte.
Der Blick auf seine Vorgänger macht den sporthistorischen Stellenwert dieses Erfolges erst deutlich: Vor Patrick Konrad hatten erst zwei österreichische Radfahrer beim berühmtesten Etappenrennen der Welt einen Tagessieg einfahren können.
Bei der Tour de France 1931 hatte der Wiener Max Bulla drei Etappen gewonnen und durfte als bislang einziger heimischer Radfahrer kurzzeitig auch das Gelbe Trikot tragen. 2005 kam der Zillertaler Georg Totschnig auf der Bergetappe nach Ax-3-Domaines als Erster ins Ziel.
Mit Ansage
Die Triumphfahrt von Patrick Konrad hatte sich in den vergangenen Tagen bereits angekündigt. Der Profi vom Bora-hansgrohe-Team fährt eine bärenstarke Tour de France und war schon mehrmals in Ausreißergruppen zu finden.
Auf der siebenten und längste Etappe war der Niederösterreicher auf Rang sieben gelandet, die 14. Etappe hatte er auf dem zweiten Platz beendet. „Ich werde vielleicht noch meine Chance bekommen“, hatte er damals angekündigt.
Gesagt, getan, geradelt.
Patrick Konrad liegt der Ausdauersport in den Genen. Sein Vater Wolfgang war ein erfolgreicher Mittel- und Langstreckenläufer, heute organisiert er erfolgreich den Vienna City Marathon.
Seinen Sohn zog es nicht auf die Tartanbahn, sondern lieber aufs Rad. Und dort gilt Patrick Konrad als ausgewiesener Kletterspezialist und Mann für große Rundfahrten. Beim Giro d’Italia war der 29-Jährige in der Gesamtwertung schon zwei Mal in den Top Ten.
Nach dem historischen Etappensieg bleibt wenig Zeit zum Verschnaufen. Nicht nur bei der Tour de France, auch danach. Denn Patrick Konrad startet auch bei den Sommerspielen in Tokio. Dort soll der Kurs extrem anspruchsvoll sein.
Genau das, was Patrick Konrad liegt.