Philosoph Lewis Hamilton jagt die nächste Bestmarke der Formel 1
Von Florian Plavec
Lewis Hamilton ist mit Abstand der größte Star in der Formel 1. Plattformübergreifend folgen dem Briten auf Social Media rund 35 Millionen User, vier Mal mehr als dem zweitplatzierten Fernando Alonso. Bei jeder Wortmeldung hängen die Journalisten an Hamiltons Lippen. Große Aufregung gab es deshalb in Portimão, als er eher beiläufig den Satz fallen ließ, auch 2022 noch in der Formel 1 fahren zu wollen.
„Ich plane, auch nächstes Jahr hier zu sein“, sagte der 36-Jährige. Nicht missen will Lewis Hamilton das Duell mit Max Verstappen, die Projekte für die Verbesserung der Formel 1 und vor allem den Kampf gegen Rassismus und für mehr Diversität. Wenn er weiterfahre, sei die Chance für einen Wandel größer, sagte der Mercedes-Pilot. Allerdings: „Ich bin ziemlich spontan, also kann sich das auch schnell wieder ändern.“
Beim Rennwochenende in Portugal könnte der siebenfache Weltmeister am Samstag im Qualifying (16.00 Uhr MESZ/live ServusTV, Sky) den nächsten Meilenstein aufstellen und seine 100. Poleposition holen.
Wie außergewöhnlich diese Marke ist, zeigt sich im Vergleich mit zwei Legenden der Formel 1: Michael Schumacher hat in seiner langen Karriere gerade einmal 68 Polepositions geholt, Ayrton Senna liegt mit 65 Poles auf Rang drei der Statistik. Das Qualifying komprimiert den Sport auf eine Runde. In den knapp 80 Sekunden muss alles perfekt passen, Mensch und Maschine verschmelzen zu einer Einheit; das Auto stets am Limit – aber nie darüber. Meisterlich ist Lewis Hamilton in dieser Disziplin, als „Hammertime“ wird diese kurze Zeitspanne bei Mercedes bezeichnet. Sir Lewis Hamilton, wie er sich seit einigen Monaten nennen darf, bezeichnet diese Momente als außerirdische Erfahrung, als Schritt über die Grenze des vermeintlich Möglichen.
„Unter dem Helm liegt das komplexe Schlachtfeld des Geistes. Zerbrechlich, feindlich, friedvoll, liebevoll und leidenschaftlich“, dichtete er, als er in Imola zum 99. Mal der Schnellste war. Sein Mercedes-Teamchef Toto Wolff schwärmte damals: „In diesen Momenten macht Hamilton den Unterschied aus.“
176:92 steht es in den Qualifying-Duellen gegen seine jeweiligen Teamkollegen seit seinem Einstieg in die Formel 1 im Jahr 2007. Nur einmal in seiner Karriere, 2014, musste er sich Nico Rosberg 7:12 geschlagen geben. Den WM-Titel holte er damals trotzdem.
Ein großer Gegner
Heuer kann es diesbezüglich eng werden: Hamilton sitzt nicht mehr im überragenden Auto. Red Bull hat mit Max Verstappen zumindest aufgeholt, wenn nicht sogar Mercedes überholt. Schon beim Auftakt in Bahrain hätte Red Bull eigentlich gewinnen müssen. In Imola schlug Verstappen dann tatsächlich zu. Nur einen WM-Punkt liegt der Niederländer hinter Hamilton. „Wir haben mit diesem Auto in dieser Saison eine gute Chance“, sagte Verstappen vor dem ersten Training in Portimão. „Es läuft sehr gut.“
Wie stark der Red Bull tatsächlich ist, zeigte sich auch im ersten Training für das Renen am Sonntag (16.00 Uhr MESZ). Max Verstappen klagte am Funk fürchterlich über das „unfahrbare“ Auto – und blieb gerade einmal 25 Tausendstelsekunden hinter dem Schnellsten zurück, nämlich Valtteri Bottas im Mercedes.
Das Nachmittagstraining begann mit zehn Minuten Verspätung, weil sich ein Kanaldeckel gelöst hatte. Danach hatte es Lewis Hamilton am eiligsten. Der WM-Führende markierte in 1:19,837 Minuten die schnellste Zeit – und wieder war Max Verstappen als Zweiter ganz knapp dran. Bottas musste sich mit Rang drei begnügen.