Nach der Verletzung von Márquez haben die Verfolger freie Fahrt
Von Florian Plavec
Der Experte war ein Prophet. Marc Márquez könne sich nur selbst schlagen, sagte der ehemalige Motorradrennfahrer Gustl Auinger (65) im KURIER-Interview am Samstag. „Eine Schwäche könnte sein, dass er den Bogen einmal überspannt, dass er sich unverwundbar fühlt.“
Genau das ist dem 27-jährigen Spanier beim WM-Auftakt in Jerez passiert. Er fiel nach einem Ausritt ans Ende des Feldes zurück; bei der furiosen Aufholjagd bewies er sein akrobatisches Fahrkönnen; bei der Attacke auf Rang zwei wurde er von seiner Honda brutal abgeworfen – Oberarmbruch. Der sechsfache MotoGP-Weltmeister wird heute in Barcelona operiert.
Nach der schweren Verletzung ist klar, dass Márquez einige WM-Läufe verpassen wird. Ist das jetzt die unerwartete WM-Chance für die Konkurrenz? Drei Fahrern wird Großes zugetraut:
Fabio Quartararo: Der 21-Jährige hat das Potenzial, Weltmeister zu werden. Der Franzose nützte am Sonntag seine Chance und gewann sein erstes MotoGP-Rennen.
Maverick Viñales: Der 25-jährige Spanier hat in der MotoGP sieben Mal gewonnen und zuletzt seinen Yamaha-Teamkollegen Valentino Rossi (41) klar in den Schatten gestellt. Am Sonntag winkte er als Zweiter vom Siegespodest.
Andrea Dovizioso: Der 34-jährige Italiener hat die Erfahrung von 216 MotoGP-Rennen und die Motor-Power seiner Ducati. Nach drei Vizeweltmeistertiteln in Serie ist die Saison 2020 vielleicht seine letzte Chance, um sich den WM-Traum zu erfüllen.
Für das Honda-Team von Marc Márquez ist der Ausfall jedenfalls eine sportliche Katastrophe. Alles war auf den Nummer-1-Fahrer ausgerichtet. Márquez’ Teamkollege ist sein Bruder Alex Márquez (24). Dieser fuhr in Jerez zwar in die Punkteränge, hat aber (noch) nicht die Klasse, ganz vorne mitzumischen.
Auf Twitter hat Marc Márquez angekündigt, „stärker denn je“ zurückzukehren. Sein Bruder Alex sagte jedoch: „Marc weiß, dass er schwer verletzt ist und er ist auch nicht sehr optimistisch.“ Aber Motorradprofis kehren nach Verletzungen verblüffend schnell zurück.
2010 humpelte Valentino Rossi 42 Tage nach seinem offenen Schien- und Wadenbeinbruch auf Krücken zu seinem Motorrad. Jorge Lorenzo fuhr 2013 in Assen eineinhalb Tage nach einer Schlüsselbein-Operation ein Rennen und wurde Fünfter. Casey Stoner zertrümmerte sich 2012 im Qualifying von Indianapolis den Knöchel, fuhr am nächsten Tag im Rennen auf Rang vier und ließ sich danach operieren.
Sollte Marc Márquez ein Comeback innerhalb von vier Wochen schaffen, wäre er bei den WM-Läufen in Spielberg (16./23. August) wieder dabei.