Handball-WM: Warnung für Olympia, die Fußball-EM und den Hobbysport
Handballer sind daran gewöhnt, dorthin zu gehen, wo die Gefahr lauert. Im beinharten, tumultähnlichen Zweikampf wartet schon mal der Ellenbogen des Gegenspielers. Es ist aber selten, dass schon die Anreise zu einem Wettkampf genügt, um sich einer Gefahr auszusetzen. Nichts anderes stellt die Mittwochabend beginnende Weltmeisterschaft der Männer in Ägypten dar.
Noch vor dem Anpfiff zur ersten Partie herrscht Corona-Chaos bei einigen der aus vier Kontinenten angereisten 32 Nationen. Dienstagabend zogen Tschechien und die USA, der ursprüngliche Auftaktgegner der Österreicher am Donnerstag, die Teilnahme zurück. Mehr als die Hälfte der Kaderspieler beider Teams war noch vor der Ankunft im Gastgeberland positiv auf das Virus getestet worden. Die bereit gestandenen Auswahlen von Nordmazedonien (für Tschechien) und die Schweiz (für die USA) rückten nach, doch damit ist die Abrufliste erschöpft.
Ursprünglich als Hoffnungsschimmer und Aufbruch zu Beginn des Sportjahres 2021 konzipiert, droht die Weltmeisterschaft sportlich und organisatorisch zur Farce zu werden. Bedenken gab es schon seit Monaten. Das hat nicht nur mit der Lage im Veranstalterland Ägypten zu tun. Handball ist eine der intensivsten Teamsportarten in der Halle.
Dazu kommt, dass der Charme einer Veranstaltung wie der Handball-WM auch darin liegt, dass Exoten auf Großmächte treffen, Amateure auf Vollprofis. Im Gegensatz zum Fußball können etliche WM-Handballer nicht von ihrem Sport leben. Dementsprechend bescheidener sind bei vielen Nationen auch die Betreuerstäbe und medizinischen Möglichkeiten, also jene Abteilungen, die für die Einhaltung der Corona-Maßnahmen und -protokolle hauptverantwortlich sind.
Nun kann man natürlich die Eigenverantwortung eines jeden einzelnen Sportlers einfordern. Einige, darunter der österreichische Kreisläufer Fabian Posch, haben aufgrund der Pandemie für die WM abgesagt. Doch im Grunde ticken Athleten anders. Sie sind kompromisslos mit und zu ihrem Körper. Deshalb stehen die Verbände in der Pflicht, ihre Sportler zu schützen. Der Handball-Weltverband ist dieser Verpflichtung bisher nicht nachgekommen. Er steht nun da, ein Turnier retten zu wollen, das nicht mehr zu retten ist. Was für die Öffentlichkeit übrig bleibt, ist eine gnadenlose Realität. Die Verantwortlichen scheinen das Wohl der Sponsoren und Fernsehanstalten über jenes der Athleten zu stellen.
Für den Sport im Allgemeinen können die Geschehnisse der Handball-WM ein wichtiges, weil warnendes Beispiel sein. Aktuelle und wohl auch zukünftige, aggressive Virusmutationen lassen eine baldige Rückkehr der Fans immer unwahrscheinlicher erscheinen.
Die Fußball-EM könnte sich ausgehen
Doch dem nicht genug: Die Durchführung der ab 23. Juli in Tokio angesetzten Olympischen Sommerspiele, trotz aller Milliardengeschäfte noch immer ein Fest der Kulturen und Begegnung, wirkt aktuell unwahrscheinlicher denn je. Die Fußball-EM könnte sich ausgehen, aber wohl nur dann, wenn man auf Fans in den Arenen verzichtet sowie auf den Plan, im Tagesrhythmus quer durch Europa (und darüber hinaus) zu fliegen.
Schlechte Nachrichten bedeuten die jüngsten Entwicklungen auch für den Hobbysport. Eine Öffnung der Indoor-Sportstätten, vor allem für Kontaktsportarten, ist derzeit kaum argumentierbar. Österreichs WM-Handballern bleibt nur eines zu wünschen: Kommt gut und gesund zurück! Egal, ob während oder nach der Vorrunde.