Abgekartetes Spiel? Wie die FIFA Saudi-Arabien den Weg zur WM 2034 ebnete
Von Patrick Resch
Ein Land, das für Menschenrechtsverletzungen und politische Kontroversen bekannt ist, steht kurz davor, eines der größten Sportereignisse der Welt auszurichten: Saudi-Arabien soll Gastgeber der Fußball-WM werden. Der Weg dorthin war alles andere als transparent.
Hinter verschlossenen Türen hat die FIFA mit umstrittenen Entscheidungen und geschickt verknüpften Wahlprozessen dafür gesorgt, dass das Königreich nahezu ohne Konkurrenz ins Ziel geht. Nach der stark kritisierten WM 2022 in Katar wiederholt sich nun ein Muster, bei dem Politik mehr Gewicht zu haben scheint als der Sport selbst.
Wahl per Klatsch-Emoji?
Am Mittwoch entscheidet der FIFA-Kongress, der digital stattfindet, über die Austragungsorte der Weltmeisterschaften 2030 und 2034. Statt einer klassischen „Ja“ oder „Nein“-Wahl wird per Akklamation abgestimmt: Die 211 Mitgliedsländer können entweder per Klatsch-Emoji oder durch sichtbaren Beifall vor der Webcam für die Austragungsorte stimmen.
Doch bereits im Vorfeld sorgt der Prozess bis dahin für scharfe Kritik. Der FIFA-Rat hatte nämlich einstimmig beschlossen, beide Turniere in einer Blockwahl zu vergeben. Das bedeutet: Wer gegen die WM 2034 in Saudi-Arabien ist, stimmt gleichzeitig auch gegen die Austragungsorte der WM 2030 – ein Szenario, das für die UEFA–Länder aufgrund der Kandidaturen von Portugal und Spanien für die WM 2030 undenkbar ist. Kritiker werfen der FIFA vor, auf diese Weise mögliche Gegenstimmen im Keim zu ersticken.
Wie sich der ÖFB bei der Abstimmung positioniert, war bis zuletzt unklar, wie der Verband auf Anfrage des KURIER mitteilte.
Kurze Bewerbungsfrist
Nicht nur die Abstimmung, auch der Bewerbungsprozess für die WM-Vergabe 2034 ist umstritten. Bis zum Fristende am 31. Oktober 2023 hatte nur Saudi-Arabien offiziell sein Interesse bekundet. Ein Grund dafür war, dass der FIFA-Rat erst dreieinhalb Wochen zuvor beschlossen hatte, die Bewerbungen für die Weltmeisterschaften 2030 und 2034 zusammenzulegen. Länder, die an der WM 2034 interessiert waren, hatten dadurch kaum Zeit, überhaupt grobe Pläne auszuarbeiten.
Die Zahl der möglichen Bewerber war dabei von vornherein stark eingegrenzt. Die FIFA rief nämlich ausschließlich Länder aus Asien und Ozeanien zu einer Bewerbung für die WM 2034 auf. Während die kleinen Inselstaaten Ozeaniens keine ernsthafte Konkurrenz darstellten, blieb Australien als einziger potenzieller Mitbewerber in Asien übrig. Doch eine australische Bewerbung scheiterte an zwei Hürden: Es fand keinen Partner für eine gemeinsame Bewerbung, und die asiatische Fußball-Konföderation (AFC) sprach sich geschlossen für Saudi-Arabien aus.
Bündnis für die WM 2030
Nord- und Mittelamerika sowie die Karibik (CONCACAF) wurden ohne Begründung ausgeschlossen. Europa, Afrika und Südamerika waren aufgrund der Kombination der Bewerbungen für 2030 ebenfalls automatisch aus dem Rennen. Für diese hatten sich nämlich zwei Bündnisse beworben: Portugal, Spanien und Marokko auf der einen Seite sowie Uruguay, Paraguay, Argentinien und Chile auf der anderen.
Um alle Beteiligten zufriedenzustellen, wurden die Bewerbungen zusammengeführt. Spanien, Portugal und Marokko fungieren 2030 als Hauptgastgeber. Drei weitere Spiele sollen aufgrund des 100-jährigen Jubiläums der Fußball-WM in Südamerika stattfinden: das Jubiläumsspiel in Uruguay, als Gastgeber und Gewinner der ersten WM 1930, und jeweils ein weiteres Spiel in Argentinien und Paraguay. Durch diese Entscheidung blieb Saudi-Arabien bei der Vergabe der WM 2034 ohne jegliche Konkurrenz – ein Ergebnis, das von Anfang an gezielt herbeigeführt zu sein scheint.
Droht ein zweites Katar?
Wie schon bei der WM 2022 rückt das Thema Menschenrechte auch 2034 in den Fokus. Die FIFA verlangt zwar von Gastgeberländern eine Verpflichtung zum Schutz der Menschenrechte im Kontext des Turniers, berücksichtigt die allgemeine Menschenrechtssituation eines Landes jedoch nicht als Vergabekriterium. Trotz zahlreicher Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien erhielt die Bewerbung im FIFA-Evaluationsbericht 4,2 von 5 möglichen Punkten. Die FIFA betont, dass das Turnier „erhebliche Möglichkeiten für positive Auswirkungen auf die Menschenrechte“ biete.