Sport/Fußball

Viel Potenzial, viel Kritik: Deutschlands "launische Diva" Leroy Sané

Vielleicht sollte man nicht immer zu viel in die Dinge hineininterpretieren. Vor allem dann nicht, wenn ein großes Turnier im Gange ist und die Aufregung ohnehin schon deutlich größer ist als in normalen Zeiten.

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Aber ein bezeichnendes Bild war es schon, das da am Samstagabend in der Arena in München gebotenen wurde. Leroy Sané stand in der Coaching Zone vor der deutschen Bank. Er würde gleich eingewechselt werden und bekam noch letzte Instruktionen für seinen kurzen Einsatz gegen Portugal. Marcus Sorg, der Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft, stand neben ihm, die Taktiktafel in der Hand. Von Joachim Löw, Sorgs Chef, war in diesen Momenten nichts zu sehen.

Spätestens mit der WM vor drei Jahren hat sich der Eindruck verfestigt, dass die Beziehung zwischen dem Bundestrainer und dem hochbegabten Sané nicht ganz spannungsfrei ist. Kurz vor dem Turnier in Russland wurde der Offensivspieler, damals noch bei Manchester City und gerade als bester junger Spieler der Premier League ausgezeichnet, von Löw noch aus dem Kader gestrichen. Ein großer, unverzeihlicher Fehler, hieß es hinterher. Die Deutschen haben in Russland die Gruppenphase nicht überstanden

Allerdings: Hätte man die Journalisten, die damals die Vorbereitung der Nationalmannschaft in Südtirol verfolgt hatten, befragt, wer denn ihre Streichkandidaten seien, dann hätte eine große Mehrheit vermutlich als erstes Leroy Sané genannt. Sané war im Trainingslager vor allem dadurch aufgefallen, dass er sich seiner Sache ziemlich sicher zu sein schien. Dieser Vorwurf steht bei ihm immer wieder im Raum.

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Launische Diva

In Sachen Körpersprache und der daraus folgenden öffentlichen Wahrnehmung ist Leroy Sané inzwischen so etwas wie der legitime Nachfolger von Mesut Özil. Bei ihm wurde „immer wieder gern auf seine angebliche Körpersprache abgehoben.“ Miesepetrig und unmotiviert, in sich gekehrt und abwesend, scheu und launisch, angefressen und emotional sehr labil – all das war in den vergangenen Tagen und Wochen über den 25-Jährigen zu lesen.

Dazu hat vielleicht auch die erste Saison beim FC Bayern beigetragen, bei seinen 32 Einsätzen in der Bundesliga stand er nur 14. Mal in der Startelf.

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Und sogar Bundestrainer Löw verteidigt den Münchner gegen die sich wiederholenden Vorwürfe: dass er zum Beispiel wenig Lust an der Defensive habe und sich im Spiel gegen den Ball immer ein wenig hängen lasse. Sané habe inzwischen „gelernt, dass er im Tempo nachgehen muss, wenn Fehler passieren und dass er auch Defensivarbeit machen muss“, sagt Löw. Da habe er sich eindeutig verbessert.

„Leroy ist ein Spieler, der Rhythmus braucht, der dieses Selbstverständnis haben muss, ständig zu spielen“, sagt Ilkay Gündogan. „Dann ist er unglaublich.“ Vielleicht will Bundestrainer Joachim Löw ihn auch ein bisschen kitzeln und anstacheln.

Provozierend

Ganz am Anfang seiner Zeit bei der Nationalmannschaft, noch als Assistent von Jürgen Klinsmann, hat es einen ähnlichen Fall gegeben. Tim Borowski musste sich damals lange in Geduld üben. Der Bremer galt dank seiner Anlagen als eine Art Reserve-Ballack und verfügte über ein recht gesundes Ego. Beim Confed-Cup 2005 aber ließen Klinsmann und Löw Borowski bewusst links liegen, um ihn ein bisschen zu provozieren.