Sport/Fußball

Nach dem Debakel: Erstmals Gegenwind für Salzburg-Coach Lijnders

Zwei Spiele, null Punkte, 0:7 Tore – so lautet die ernüchternde Zwischenbilanz der Salzburger in der Champions League. Beim 0:4-Heim-Debakel gegen Brest erlebte der österreichische Vizemeister einen „Abend zum Vergessen“ (Amar Dedic). Obwohl erst ein Viertel der Spiele absolviert ist, ist ein Platz unter den Top-24 und der damit verbundene Aufstieg in die K.o.-Phase in weite Ferne gerückt. Zumal Sparta Prag und Brest die vermeintlich leichtesten Gegner waren, Kaliber wie Real Madrid, Paris St. Germain oder Leverkusen kommen noch.

„Es ist nicht leichter geworden“, runzelte Trainer Pep Lijnders auf die Frage nach den Aufstiegschancen die Stirn. Der Niederländer ist zweifelsfrei ein Fußballfachmann, mit Liverpool hat er die Champions League schon gewonnen – als Co-Trainer von Jürgen Klopp. Jetzt ist er Cheftrainer und erlebt als solcher gerade seine bislang härteste Zeit. Was sich der 41-jährige Niederländer nach der zweiten Abfuhr in der Königsklasse vorwerfen lassen muss.

Sturheit in Sachen System und Ausrichtung

Lijnders hat in Salzburg das 4-3-3-System eingeführt, die Umstellung schien schneller zu funktionieren, als viele gedacht haben. Auf nationaler Ebene. International werden den jungen Salzburgern gnadenlos die Grenzen aufgezeigt. Das hat vor allem damit zu tun, das Lijnders sehr hoch pressen lässt. Geht das schief, ist der Gegner sehr schnell vor dem Tor. Die Restverteidigung, die Arbeit nach hinten passt nicht. "Wir dürfen nicht einfach in die Box zurückgehen, wir müssen laufen“, fordert der Coach.

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Leidtragende sind oft die Verteidiger, die von ihren Vorderleuten im Stich gelassen werden. Allerdings dürfte es in der Abwehr auch an Qualität fehlen, wie zum Beispiel das Verhalten von Kamil Piatkowski vor dem 0:1 gegen Brest gezeigt hat. Lijnders hält trotzdem stur an seinem System und seinen Prinzipien fest. Aber hat Salzburg genügend Qualität, um das auch auf großer Bühne umsetzen zu können? „Wir haben genug Qualität, Spiele in der Champions League zu gewinnen“, ist er überzeugt.

Chancenverwertung

Zu den Problemen in der Defensive kommt fehlende Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor. War Salzburg in Prag noch nahezu chancenlos, spielte man sich gegen Brest zumindest Möglichkeiten heraus. Trotzdem muss man auf den ersten Treffer in der Königsklasse weiter warten. Wird im Training nicht oft genug aufs Tor geschossen? 

„Wir sind in den Strafraum vorgedrungen, haben Chancen kreiert. Aber wir müssen wirklich zwingender sein, wir müssen Tore schießen“, weiß Lijnders.

Einserfrage bringt Fan-Unmut

Als Pep Lijnders Neuzugang Janis Blaswich vor der Saison zur Nummer eins erklärt und gleich auch zum Kapitän gemacht hat, schüttelte schon manch einer den Kopf in Salzburg. Damals war das Thema noch nicht so brisant, weil Alexander Schlager nach seiner Knie-Verletzung noch nicht fit war. Mittlerweile ist er es, muss aber auf der Bank sitzen. Was den Fans gar nicht gefällt. 

„Alex Schlager“, hallte es am Dienstag noch lange nach dem Schlusspfiff durchs Stadion. Blaswich strahlte von Saisonbeginn weg nie wirklich Sicherheit aus. Gegen Brest befeuerte er die Tormanndiskussion, indem er zum wiederholten Mal einen Ball nach vorne abprallen ließ und so das 0:3 kassierte. Wird Lijnders Schlussmann (und Kapitän) jetzt wechseln? Eher unwahrscheinlich. Die Baustelle mit den Fans wird nicht kleiner werden, was dem Niederländer bewusst ist.

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„Im Fußball ist es immer so: Wenn der Vorstand, das Management, die Mannschaft, das Betreuerteam und die Fans auf dieselbe Art und Weise denken und dasselbe wollen, dann können gute Dinge passieren.“ Aktuell scheint das nicht von allen Seiten der Fall. „Für mich ist das Wichtigste, dass wir gemeinsam gewinnen und gemeinsam verlieren“, betonte der Chefcoach.

Dauer-Rotation

Weniger Standhaftigkeit als bei seinen Torleuten zeigt Lijnders bei den Aufstellungen der Feldspieler. Die gleiche Startelf hintereinander gab es lediglich einmal zu sehen – in der ersten Cup-Runde und dem darauffolgenden Ligastart. Sonst wechselt der Coach ständig seine Formation, meistens gleich auf mehreren Positionen. Zu viel der Rotation? Ja, Salzburg hat viele Spiele. Aber hilfreich dürfte das ständige Wechseln gerade für eine neu formierte Mannschaft mit neuem System nicht sein – wie vor allem die internationalen Ergebnisse zeigen.

Zu nett, kaum Kritik

Pep Lijnders ist ein freundlicher Mensch. Zu freundlich? Nach enttäuschenden Spielen äußerte er bislang kaum bis gar keine Kritik (zumindest nach außen), überraschte teilweise mit seinen Aussagen. Wie nach der Nullnummer gegen die WSG Tirol, als er sich mit einem Auswärtspunkt zufrieden zeigte. Nach dem 0:4 gegen Brest veränderte sich zum ersten Mal zumindest die Tonlage ein bisschen. Er stellte sich zwar hinter die Mannschaft, übernahm die Verantwortung, fand aber auch deutliche(re) Worte.

„Ich kann es nicht mehr hören, dass uns die Leute als jung bezeichnen, das ist keine Entschuldigung“, betonte der Niederländer. In der Kabine hätte er „klare Worte“ gefunden: „Nach außen bin ich nett, nach innen streng.“ Er weiß genau: „Im Fußball geht es schnell, wir müssen lernen.“ Für den Aufstieg in der Königsklasse könnte es aber schon zu spät sein. „Aber es ist nicht unmöglich, nichts ist unmöglich.“ Natürlich habe man sich nach den ersten beiden Spielen eine bessere Ausgangsposition erhofft, gejammert wird aber nicht: „Jetzt sind wir hier an diesem Punkt. Wir müssen mehr tun und die Dinge besser machen. Das ist immer die Lösung im Leben.“

Zunächst muss er aber seine Spieler für den Liga-Hit gegen Sturm am Sonntag aufrichten: „ Es wird eine große Aufgabe, jeden wieder in den richtigen Spirit zu bringen.“

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