Sport/Fußball

1:0 gegen England: Die Fußball-Weltmeisterinnen kommen aus Spanien

57 Jahre des Schmerzes hätten die Engländerinnen heute beenden können. Doch die spanische "Furia Roja" machte ihnen einen Strich durch die WM-Rechnung. Die Europameisterinnen konnten sich gegen eine über weite Strecken dominante spanische Mannschaft nicht durchsetzen und verpasste den ersten WM-Triumph für das Land seit 1966, als die Männer Weltmeister wurden.

Die Spanierinnen, die im Vorfeld des Turniers eher durch Turbulenzen innerhalb des Teams und des Verbands Schlagzeilen machten, hatten auf ihre Stärken gesetzt und vor allem in der ersten Hälfte mit starkem Ballbesitzspiel gezeigt, dass sie würdige Weltmeisterinnen sind.

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"Es war so hart", sagt Jennifer Hermoso, die im Finale einen Elfmeter verschossen hat. "Wir haben in den vergangenen Wochen versucht, uns vorzustellen, wie es ist, Weltmeisterinnen zu sein. Aber das ist unmöglich." Jetzt aber wisse sie es und: "Es ist das Schönste, das ich in meiner Fußball-Karriere erlebt habe."

Ballbesitz und Durchhaltevermögen

In der ersten Hälfte war es der gewohnte One-Touch-Fußball der Spanierinnen, immer wieder wurden sie über die Teenagerin Paralluelo gefährlich, Mary Earps im Tor der Engländerinnen hatte alle Hände voll zu tun.

Die Engländerinnen bekamen unterdessen nur wenig Zugriff auf den Ball, bei den wenigen Offensivaktionen zeigten sie aber umgehend ihre Gefährlichkeit, etwa mit einem Lattenschuss von Hemp (16.).

In der 29. Minute fiel – rückblickend – bereits die Entscheidung: Lucy Bronze versuchte einen Angriff Englands einzuleiten, lief sich aber im Mittelfeld gegen eine Überzahl an Spanierinnen fest und verlor den Ball. Beim folgenden schnellen Konter fehlte die Barcelona-Spielerin in der Defensive, Carmona nutzt die Chance eiskalt und trifft zum 1:0.

SPANIEN - ENGLAND 1:0 (1:0)

Tor: 1:0 Carmona (29.)

Gelb: Paralluelo; Hemp

Spanien: Coll; Ona Batlle, Paredes, Codina (73. Andres), Carmona; Aitana, Teresa, Hermoso; Redondo (60. Hernandez), Paralluelo, Caldentey (90. Putellas)

England: Earps; Carter, Bright, Greenwood; Bronze, Stanway, Walsh, Toone (87. England), Daly (46. Kelly); Russo (46. James), Hemp

(Spielstand aktualisieren)

Allgemein hatte England in der ersten Hälfte wenig Zugriff auf das Spiel. Wenn sie den Ball hatten, mangelte es meist an Anspielstationen. Gegen Ende der ersten Halbzeit wurden die englischen Vorstöße mehr, aber nicht zwingend. Paralluelo hatte mit einem flachen Weitschuss kurz vor der Pause noch die Chance auf das 2:0. Aber es sollte spannend bleiben.

Nach der Pause ging es in ähnlicher Tonart weiter. Gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit mussten sich die Engländerinnen einem Angriff der spielerisch starken Spanierinnen erwehren. Einen Weitschuss von Caldentey in Minute 50 lenkte Earps gerade noch ins Tor-Out.

Mit der zweiten Hälfte kam auch Lauren James zurück ins Team der Engländerinnen, die 21-Jährige war in Viertel- und Halbfinale gesperrt, auch Chloe Kelly wurde von Sarina Wiegman ins Spiel gebracht. Die beiden brachten frischen Wind und neue Gefahr vor dem spanischen Tor.

Kurzes Elferdrama

Spanien wechselte in der Verteidigung Hernandez für Redondo nach einer Stunde, verstärkte die Defensive scheinbar, anstatt auf das zweite Tor zu drücken. Wenig später allerdings hatte Aitana mit einem Weitschuss die Möglichkeit, doch der ging knapp über das Tor von Mary Earps.

Nicht einmal mit einem Elfmeter konnte Spanien das zweite Tor erzielen. In der 64. Minute war Keira Walsh der Ball im Strafraum unglücklich an die Hand gesprungen. Nach reiflicher VAR-Überlegung gab die US-amerikanische Schiedsrichterin Tori Penso Strafstoß. Jennifer Hermoso trat in der 70. Minute an, doch Earps schnappte sich den Ball in der linken unteren Ecke souverän.

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Spätestens da haben die Engländerinnen noch einmal ihre Chance gewittert. Ihre Leistungen in dem Turnier hatten nicht die Erwartungen ihrer Fans getroffen. Doch mental hatten sie sich zuletzt im Endeffekt immer wieder als unschlagbar erwiesen. Doch heute sollte es nicht reichen.

Das Spiel wurde immer zerfahrener, weder Spanien noch England fanden mehr in einen Rhythmus. Und langsam wurde es eng für die Engländerinnen. Eine Viertelstunde vor Schluss hatte Stürmerin Lauren James die erste gute Chance, sie kam von links und zielte auf die kurze Ecke, doch Torfrau Catalina Coll war parat. Ein Foul an James an der Strafraumgrenze wurde nicht geahndet (83.).

Überhaupt wurde das Match immer härter. Mehrere Spielerinnen mussten behandelt werden. Alex Greenwood machte nach einem Zusammenstoß mit Stürmerin Paralluelo mit einem Verband am Kopf und neuer Kleidung weiter.

Hermoso, die wenige Minuten nach ihrem verschossenen Elfmeter beinahe verletzt vom Feld gehen musste, hatte kurz vor Schluss noch die Chance, mit einem zweiten Tor alles klarzumachen. Doch es sollte bei einem spanischen Tor bleiben. Das unterstrich auch wenig später nochmal Mary Earps, als Ona Batlle zu einem zwingenden Vorstoß ansetzte. Die Welttorhüterin von 2022 klärte in letzter Sekunde mit dem Fuß. Paralluelo verpasste auch noch in der 94. Minute den zweiten Treffer der Spanierinnen.

Die englische Torfrau wurde am Ende zur Torfrau des Turniers geehrt, sie konnte sich allerdings nur bedingt darüber freuen.