Sport/Fußball

Rangnick über Homosexualität im Fußball: "Sind noch nicht so weit"

Trockene Spielanalysen, konzentriertes Coaching vom Spielfeldrand, kontrollierte Pressekonferenzen. Nach knapp einem Jahr als ÖFB-Teamchef hat das österreichische TV-Publikum Ralf Rangnick als professionellen Fachmann kennengelernt. Dass er auch anders kann, hat er kürzlich bewiesen, als er gemeinsam mit seinem Team einen offiziellen Song für die EM-Qualifikation vorstellen ließ - mit Humor und vor allem einer gehörigen Portion Selbstironie.

Bei "Willkommen Österreich" mit dem berüchtigten Moderatoren-Duo Stermann und Grissemann hat sich Ralf Rangnick am Dienstag ungewöhnlich offen gezeigt. Im Late-Night-Wohnzimmer in St. Marx ließ sich der sonst so kontrolliert wirkende Schwabe (als Gast neben dem ORF-Dok1-Team Lisa Gadenstätter und Hanno Settele) doch das eine oder andere Geheimnis entlocken.

Bei einem "weißen G'spritzten" - weil "Weißweinschorle sagt man ja hier nicht" - erzählte Rangnick, dass er doch überrascht war, als ihn Peter Schöttel im Vorjahr in Manchester anrief. Er hatte damals noch fünf Spiele als Interimstrainer von United zu spielen, doch auch die Nations-League-Spiele für den ÖFB standen an. Er habe dann "zwei bis drei Tage nachgedacht", bis er wusste, Teamchef in Österreich sei "die richtige Aufgabe" für ihn.

"Schaffen die Quali"

Dass viele Spieler für das Nationalteam in Frage kamen, die er aus Salzburg oder Leipzig aus seiner Funktion bei Red Bull kannte, habe "sicher auch eine Rolle gespielt", gab er zu. Und, dass er die gleiche Sprache spreche. Dies allerdings habe sich schnell als Trugschluss herausgestellt, der Unterschied zwischen Fußball-Österreichisch und dem Deutsch, das Rangnick spricht, sei doch größer als gedacht. Doch das stimmt den Schwaben nicht weniger zuversichtlich, dass gemeinsam die Qualifikation für die Europameisterschaft in Deutschland erreicht werden wird.

"Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass wir die EM-Qualifikation schaffen", so Rangnick selbstsicher. Doch er schoss nach, dass dafür "möglichst wenige Spieler verletzt" sein sollten. Ein "Stürmerproblem", wie es einige Experten in den vergangenen Wochen ausgemacht haben wollten, sehe er nicht. Rangnick verwies auf die beiden Tore von Michael Gregoritsch beim 4:0 Freiburgs am Sonntag gegen Schalke. "Ich glaube, dass es in erster Linie darum geht, allen in der Mannschaft und im Stab klarzumachen, dass wir eine Mannschaft haben, die gegen alle gewinnen kann", sagte Rangnick und verwies auf vergangene Spiele gegen Kroatien, Frankreich und Italien.

Ob ein Teamchef-Posten ein Fulltime-Job ist oder nicht? "Es hängt immer vom Teamchef selbst ab, was man daraus macht", sagte Rangnick. "Wir versuchen auch in anderen Bereichen den österreichischen Fußball weiterzubringen, sehen das schon als Fulltime-Job."

Homosexuelle Spieler?

Und zu guter Letzt ging es auch noch um die immer wieder gern gestellte Frage, ob Spieler denn in der Nacht vor den Spielen Sex haben dürfen. Rangnick winkte ab, die Nationalmannschaft sei vor den Spielen stets in Hotels untergebracht. "Das wird dort in Ermangelung der Frauen schon scheitern!"

Frauen? Das rief die Moderatoren auf den Plan. Es könnte ja auch jemand einen Mann lieben. Sie wollten von dem Fußball-Experten wissen, warum es so schwer ist, sich in der Fußballwelt als Homosexueller zu outen. Rangnick verwies auf das Buch des deutschen Ex-Weltmeisters Philipp Lahm, der darin keinem aktiven Spieler empfiehlt, sich zu outen, aus Angst vor der Reaktion der Fans. "Wir sind offensichtlich noch nicht ganz so weit, wie wir bei der WM mit der Regenbogenbinde getan haben", kommentiert Rangnick.

Am Mittwoch will sich Ralf Rangnick wieder der Beschäftigung widmen, die er wohl am besten beherrscht, nämlich Fußballspiele zu analysieren. Der ÖFB-Teamchef wird als Co-Kommentator auf Sky den Premier-League-Showdown Manchester City gegen Arsenal, also Zweiter gegen Ersten, live begleiten.

Und am 17. und 20. Juni stehen die beiden nächsten EM-Qualifikationsspiele für das österreichische Fußball-Nationalteam an, gegen Belgien auswärts und im Ernst-Happel-Stadion gegen Schweden.