Sport/Fußball

Kollers ungewisse Zukunft

Der Teamchef ist blass. Er steht unter Verdacht, kein Auge zugetan zu haben in der vergangenen Nacht. Die Nacht nach dem Treffer der schwedischen Keule. Just in dem Moment als man glaubte, die WM-Qualifikation in die richtige Bahn zu lenken, den Eindruck erweckte, im Konzert der Großen die richtigen Töne zu treffen, kam der Rückschlag. Unerklärbar auf den ersten Blick, und vielleicht gerade deshalb so schmerzhaft.

Aus, vorbei. Jetzt noch zum Schafe zählen auf die Färöer. Und dann? Das Ende einer Ära betrauern, weil Teamchef Marcel Koller seinen Posten räumt?

Es beginnt die Nachbetrachtung einer Unglückspartie, die zum bohrenden Fragespiel nach der Zukunft wird. Ein verwirrendes noch dazu. ÖFB-Präsident Leo Windtner demonstrierte Gelassenheit, als er vor drei Tagen das vorläufige Vertragsende mit Koller für den 31. Oktober angekündigt hatte. Koller berichtigte dies gestern auf den korrekten Termin 31. Dezember, nahm einen Schluck vom stillen Wasser und zeigte sich verwundert. Nachvollziehbar, darf er doch voraussetzen, mit einem ÖFB-Chef in Verhandlung zu stehen, der in der Causa mit Punkt und Beistrich vertraut sein muss. Nein, es sei nicht alles offen, sondern einiges geklärt in den Gesprächen, sagt der Schweizer. „Fixiert wird aber erst, wenn alles passt.“ Passt alles? „Nein, denn sonst hätte ich schon unterschrieben.“

Dass sich Koller schon mit dem 1. FC. Nürnberg geeinigt hätte, ist eine Unterstellung. Dass sein Berater Dino Lamberti scheinbar eifrig diverse Jobangebote sondiert, ist hingegen Tatsache.

Störfaktoren

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Und gleichzeitig stört ein Knoten die Verbindung zwischen Teamchef und ÖFB, deren Verlängerung lange Zeit als Formsache klassifiziert worden war. Ist es eine finanzielle Forderung, die Koller maßlos übertrieben hat? Oder ein taktischer, den Absprung erleichternder Winkelzug? Alles Spekulation.

Jedenfalls gerät Österreichs Fußball in höchste Gefahr, sich einen neuen obersten Fußball-Lehrer suchen zu müssen. Dies obwohl man mit Koller schon einen Mann an der Angel hätte, der einer talentierten Mannschaft zu erkennbaren Fortschritten verholfen hat.

Ob sich die gute Idee vom hungrigen, aber leistbaren Fachmann aus dem Ausland wiederholen lässt, wäre mehr als fraglich. Jener Österreicher, der die Voraussetzungen mitbringt und noch dazu keiner anderen Tätigkeit nachgeht – wie zum Beispiel erfolgreicher Köln-Trainer zu sein – existiert momentan nicht.

Sich Zeit zu lassen, die Entscheidung hinauszuzögern, würde die Lage wieder nur komplizieren. Wenn Österreich am 19. November den Test gegen die USA bestreitet, sitzt auf der Gegenseite Andreas Herzog. Der Rekordteamspieler ist in jedem medialen Nachfolgespiel um einen österreichischen Teamchef-Posten stets ein Kandidat.

Geplänkel

ÖFB-Diplomat Windtner meint, man habe ohnehin einen guten Trainer. Und mit diesem gar eine ausgezeichnete Gesprächsbasis. Nein, er zittere aus diesen Gründen nicht um Koller, „außerdem hat er ja einen laufenden Vertrag.“ Windtner geht in seiner offiziell erwartbaren Erwartung davon aus, dass der Schweizer „auch in der kommenden EM-Qualifikation auf Österreichs Trainerbank sitzen wird.“ Eine absolut reizvolle Aufgabe, bestätigt der Teamchef. Und wirkt dabei unbeteiligt verallgemeinernd.

Vage sind die Bekenntnisse, aber bissfeste Nahrung für das Unverständnis, warum die Verlängerung des Kontrakts nicht schon längst unterschriftsbereit auf dem Tisch liegt.

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Unaufgefordert zieht Koller Resümee der letzten zwei Jahre. „Wir haben einen guten Job gemacht“, stellt er fest und es klingt wie die abschließende Werbung in eigener Sache. Man habe in den letzten fünf Heimspielen der WM-Qualifikation 200.000 Menschen in das Stadion gelockt. „Die Leute mögen das Team.“ Und gerade deshalb verlangt er, „dass sich die Mannschaft auch noch im letzten Spiel der Qualifikation „den Arsch aufreißt“. Koller weiß schließlich, wie peinlich ein weiterer österreichischer Ausrutscher auf den Färöern sein würde.

Was er wohl auch vermeiden möchte: Eine schlechte Nachred’.