Sport/Fußball

Die Rätsel von Chisinau

Wenn Marc Janko im feinen Zwirn am Wiener Flughafen steht, kann man kaum glauben, dass er am Vorabend im moldawischen Chisinau der große Aufreger war. Brille, sorgfältige Wortwahl sowieso, Freundlichkeit beherrscht seine Mimik. Irgendwie auf dem Sprung in die Arbeit, deren Verrichtung man eher in einem Büro und so gar nicht auf dem Fußballfeld vermuten würde.

Janko war am Donnerstagabend tatsächlich Hauptdarsteller im EM-Qualifikationsspiel zwischen Moldawien und Österreich. Seine Bilanz: den portugiesischen Schiedsrichter mit beeindruckender Theatralik zu einem Elfmeterpfiff verleitet, einen entscheidenden Kopfball produziert und sich in der Endphase auf ein ebenfalls schauspielerisch wertvolles, aber für die Mannschaft doch verzichtbares Scharmützel mit Moldawiens Torhüter eingelassen. Ausschluss. Unmittelbar danach hatte der Angreifer die eher griffigen, vom Frust geleiteten Worte gefunden: "Ich könnte jetzt kotzen."

Im Mittelpunkt

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Janko war tragende und tragische Figur beim Arbeitssieg in Moldawien und stellt jetzt Teamchef Marcel Koller vor ein Problem. "Kein Hauptproblem", sagt der Teamchef zwar. Doch Janko, der im System des Schweizers die wichtige Rolle der langen Solospitze innehat, wird am Sonntag gegen Montenegro (18 Uhr, Wien, Ernst-Happel-Stadion) sicher fehlen. Und am 15. November wohl auch im Heimspiel gegen die Russen. "Ich hoffe, dass es nicht als Tätlichkeit gewertet wird, dann besteht die Chance, dass ich nur für ein Spiel gesperrt werde."

Was bedeutet: Der Australien-Legionär, der einen Einsatz gegen Russland gerne gegen jeden Einsatz im freundschaftlichen Brasilien-Match eintauschen würde, sitzt also am Sonntag als daumendrückender moralischer Beistand auf der Tribüne und wird tags darauf den Rückflug nach Sydney antreten.

Koller hat sich bereits festgelegt. Zumindest, was eine grundsätzliche Entscheidung betrifft: Das System bleibt unverändert. Die Solospitze verändert sich nur namentlich. Aber wer übernimmt nun Jankos Position?

Im Fokus

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Lediglich Außenseiterchancen hat Lukas Hinterseer (FC Ingolstadt). Der auf Abruf bereite Andreas Weimann (Aston Villa) wurde als weitere Maßnahme tatsächlich nach Wien gerufen. Doch die konkretesten Hoffnungen auf einen Einsatz gegen Montenegro darf sich wohl Rubin Okotie (1860 München) machen. Und der fühlt sich dafür bereit, auch geistig: "Natürlich spiele ich das im Kopf durch. Ich fühle mich gut, ich habe in den letzten Tagen gut trainiert."
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Da das System nicht angetastet wird, sollte der personelle Wechsel für den Spielablauf nicht ins Gewicht fallen. Zumal Okotie schon mit all jenen, die hinter ihm agieren würden und ihm brauchbare Bälle servieren sollten, schon irgendwann einmal zusammengespielt hat. Junuzovic, Harnik, Alaba, sie alle kennt der Ex-Austrianer seit geraumer Zeit. Laufwege sind somit bekannt, müssen nicht extra einstudiert werden. Der Vorwurf, dass Okotie ein Kicker der zweiten (immerhin deutschen) Liga ist, trifft ebenso auf Hinterseer zu. Nur Weimann kann von diesem Trio Erstklassigkeit vorweisen, er zählte aber ursprünglich nicht zu Kollers Auserwählten.

Gedanklich ist der Moldawien-Sieg schon abgehakt. Weil das Duell mit Montenegro aus vielen Gründen ein ganz anderes Kaliber wird, wie auch Marko Arnautovic weiß: "Wir spielen daheim vor unseren Fans, der Platz ist hervorragend und nicht so holprig wie in Chisinau."

KURIER-Noten für die Teamspieler

Plus

Mentalität
Auswärtsspiele wie jenes in Moldawien hatte Österreich in der Vergangenheit nicht gewonnen. Ohne Galavorstellung drei Punkte zu holen, das war das erklärte Ziel, das erreicht wurde.

Spielgestaltung
Das Team war um die Gestaltung bemüht, dominierte den defensiven Gegner über weite Strecken. Geduldig versuchte man die Lücke finden. Der holprige Boden erschwerte die Aufgabe aber zusehends.

Janko
Von den Fans viel gescholten, vom Teamchef stets unterstützt. War an beiden Toren beteiligt, beim 1:0 indirekt, beim 2:1 direkt. Legitimierte damit sein Dasein als Stürmer, relativierte seine Leistung aber mit dem dummen Ausschluss.

Minus

Abwehrprobleme
Obwohl nie unter Druck, geriet die Abwehr immer wieder durcheinander und in Bedrängnis. Im Finish hatte man Glück, dass dadurch nicht der Ausgleich fiel.

Chancenverwertung
Man hätte sich das Leben leichter machen können, doch Junuzovic und Leitgeb verjuxten gute Möglichkeiten. Neben Alaba und Janko fehlt ein weiterer Torjäger.