Sport/Fußball

King Ralph regiert in Southampton

Er stand im Regen. Nicht alleine gelassen, 30.000 erheben sich von ihren Sitzen und feiern ihn. Dann stürmt er los, zwei geballte Fäuste, ein Luftsprung. Geschafft. Ralph Hasenhüttl hat seinen Einstand gegeben. Im St. Mary’s, an einem Ort, der zuvor schon wie ein von Unheilbaren belegtes Krankenhaus klang, aber seit Sonntagnachmittag tatsächlich wieder ein Fußballstadion ist. Eines, das den FC Southampton auf den Weg der Besserung zu schicken scheint.

3:2 gegen Arsenal London. Allen Vorzeichen zum Trotz. Ausgerechnet Hasenhüttl, der erste österreichische Trainer in der Premier League, schafft nach nur einer Woche intensiver Arbeit den erst zweiten Sieg einer bereits verloren geglaubten Truppe. Der erste Heimerfolg gegen Londoner, die seit 22 Pflichtspielen das Wort Niederlage nur vom Hörensagen kennen. Zweimal steckte seine Mannschaft den Ausgleich weg.

Viel Gefühl

Und Hasenhüttl bewies Gespür, brachte für den zweifachen Torschützen Danny Ings den Siegestorschützen Charlie Austin. Nach dem Spiel konnte es der 51-jährige Steirer selbst nicht fassen: „Der Moment, in dem das 3:2 gefallen ist, war unglaublich. Ich dachte, das Stadiondach fliegt weg.“ Rosamunde Pilcher hätte sie nicht besser schreiben können, diese ziemlich kitschige Fußballgeschichte von der Südküste Englands.

An diesem Punkt scheiden sich die Geister.

Southampton? Tatsächlich ein Ort der Idylle? Die Kleinstadt ist mit nur 250.000 Einwohnern Mitglied der größten, wenn nicht wichtigsten Liga der Welt.

Aber wo arbeitet Ralph Hasenhüttl eigentlich? Auf Parallelen zum bekanntesten Teil der Stadtgeschichte kann er wohl gerne verzichten. Einst lief hier die Titanic unter großem Jubelgeschrei zu ihrer Jungfernfahrt aus. Zurückgekommen ist sie bekanntlich nie wieder. Southampton kann Erfolge im Fußball brauchen. Die Ablenkung von europaweiten Problemen, von immer heftiger werdenden Diskussionen um den hausgemachten Brexit.

Alle Inhalte anzeigen

Großer Ärger

Mister Graeme Mc Leish steht in seinem Geschäft, das vollgestopft mit Dingen ist, die man eigentlich nicht dringend braucht. Graeme ist stolz auf sein Sortiment. Kaffeebecher, auf denen „I love Southampton“ steht. Ein Bekenntnis, das auch in Form von Uhren, Puppen oder Autos existiert. Die Königsfamilie lächelt vom Plastikteller. Immer und überall der Union Jack. Draußen auf der High Street pilgern rot-weiß gestreifte Menschen in Richtung Stadion „Ja, ich hab’ schon von ihm gehört“, sagt McLeish.

Der Mann nimmt sich seine Brille ab und hat ein ganz anderes Problem. Mit Ausländern, die eben keine Fußball-Trainer sind. Oder deutsche Touristen, die von Kreuzfahrtschiffen heruntergestiegen, an guten Tagen gruppenweise in seinen Souvenir-Laden stürmen.

Alle Inhalte anzeigen

Die „viel zu große“ polnische Community in der Stadt stoße ihm sauer auf. Ende der Gemütlichkeit. Ja, man hätte es in diesem Land jedem erlaubt, zu kommen. „Den Polen und auch diesen Leuten aus islamischen Staaten. Alles kriegen sie umsonst, Geld und Wohnungen. Und wir Briten?“, stellt Graeme die von ihm als berechtigt erachtete Frage, die er selbst beantwortet: „Verdammt noch einmal, Großbritannien sollte einfach den Briten gehören.“ Im Rahmen des Referendums hat er gegen den Brexit gestimmt. Jetzt ist er ein Befürworter. So wie damals 54 Prozent der Menschen in Southampton.

Alle Inhalte anzeigen

So wie Jack. Er beklagt, was der Besucher nicht sieht. Dreck überall. Alles wird von den Leuten einfach auf die Straße geschmissen. „Vor zehn Jahren hättest du hier sein sollen. Southampton war wirklich schön. Danach ging es nur noch bergab.“ Die Studenten seien für ihn schuld, „nur für sie werden nämlich neue Wohnungen gebaut“.

Vielleicht kommt sie gerade zur rechten Zeit, die Ablenkung, für die ein Trainer aus Österreich sorgt.

Alle Inhalte anzeigen