Ohne Stöger bei der EM: Warum bleibt Kevin allein zu Haus?
Von Christoph Geiler
Nach dem Wunder von Düsseldorf waren sich beim Vfl Bochum alle darüber einig, bei wem sie sich bedanken mussten: Kevin Stöger war der Held der Aufholjagd, mit der Bochum in der Relegation sensationell ein 0:3 aus dem Hinspiel wettmachte und schließlich im Elfmeterschießen den Verbleib in der Bundesliga fixierte.
Der 30-jährige Oberösterreicher bereitete die ersten beiden Bochumer Treffer vor und traf vom Elfmeterpunkt zum 3:0. Auch im entscheidenden Elfmeterschießen behielt der Spielmacher die Nerven. "Wir haben Geschichte geschrieben", jubelte Stöger.
In der Düsseldorfer Arena, in der Kevin Stöger am Montagabend so groß aufspielte, wird das österreichische Nationalteam am 17.Juni sein EM-Auftaktmatch gegen Frankreich bestreiten. Der neue Liebling der Bochumer Fans wird diese Partie nur als Zuschauer verfolgen: Denn trotz seiner großartigen Auftritte ist für den Offensivmann im EM-Kader von Ralf Rangnick kein Platz.
Nur auf Abruf
Im vorläufigen 29-köpfigen Aufgebot für die Endrunde scheint Kevin Stöger nur in der Rubrik "Auf Abruf" auf: Das verwundert dann doch ein wenig, denn der 30-Jährige kann auf die erfolgreichste Saison seiner Karriere zurückblicken:
In der Scorer-Liste der deutschen Bundesliga ist Kevin Stöger der beste Österreicher. Mit elf Tor-Vorlagen ist er die Nummer 6 der Liga, gleichauf mit Leroy Sane. "Ich glaube, ich habe eine ordentliche Saison gespielt und gute Werte, auch im internationalen Vergleich", betonte der 30-Jährige am Montag im Sky-Interview.
Bei der Kader-Bekanntgabe vor einer Woche wurde Teamchef Ralf Rangnick auch auf die Personalie Kevin Stöger angesprochen. Natürlich habe man die Auftritte des 30-Jährigen im Bochum-Trikot verfolgt, erklärte der Deutsche. "Dass wir ihn auf dem Radar haben, zeigt die Tatsache, dass er auf der Abrufliste steht."
Kevin Stöger hat im Kampf um einen Platz im EM-Aufgebot einen großen Nachteil: Er war noch nie beim österreichischen Nationalteam. Und gerade Ralf Rangnick ist ein Teamchef, der auf Kontinuität, Homogenität und Harmonie im Team setzt und daher den Spielern das Vertrauen schenkt, mit denen er schon seit Beginn seiner Amtszeit zusammenarbeitet - und die ihn seither in der Nationalmannschaft nicht enttäuscht haben.
Florian Kainz etwa ist mit dem 1.FC Köln aus der Bundesliga abgestiegen und hat laut Statistik eine deutlich schlechtere Saisonbilanz als Kevin Stöger. Allerdings hat Kainz bei seinen letzten Auftritten im Nationalteam immer überzeugt.
Obendrein sind bei einer EM-Endrunde, bei der die Spieler wochenlang aufeinanderpicken, auch Eigenschaften wie Teamspirit und Zusammenhalt sehr gefragt und erfolgsbringend. Nichts schlimmer als eine Mannschaft, bei der die Reservisten aufmucken und ihrem Unmut freien Lauf lassen.
Trotzdem würde ein Kevin Stöger in dieser Form dem ÖFB-Nationalteam gut zu Gesicht stehen. Nicht nur weil der 30-Jährige nach dem Klassenerhalt vor Selbstvertrauen strotzt, er bringt auch Fähigkeiten mit, die während einer EM-Endrunde gefragt sind.
So ist Stöger einer der besten Freistoßschützen der deutschen Bundesliga. Kein Zufall, dass zwei seiner gefinkelten Bälle in der Relegation zu Toren führten. Nach der gelungenen Saison ist der Oberösterreicher, der die Bochumer im Sommer verlassen wird, enttäuscht, dass er nicht gut genug für das ÖFB-Team ist. Ich bin natürlich traurig, dass ich nicht dabei bin. Ich wäre gerne dabei gewesen."