Sport/Fußball

Ciao Gigi! Der emotionale Abschied einer Fußball-Legende

Eine Frage stellt sich nun natürlich: Wer wird in Zukunft wohl die Stimme des italienischen Fußballs sein? Wer gibt ab sofort den Ton an? Wenn er jetzt nicht mehr da ist?

Dieser Gianluigi Buffon war ja nicht nur das Gesicht des Calcio, er war vor allem seine Stimme. Wenn sich die italienische Nationalmannschaft, die Squadra Azzurra, zum Singen der Hymne formiert hat, dann war Gianluigi Buffon schon zu hören, da war der Kameramann noch längst nicht bei ihm angelangt. Mit geschlossenen Augen stand er dann stets da und sang, nein, er brüllte vielmehr das berühmte „Il Canto degli Italiani“. Allein schon wegen dieser Momente ist es ein Jammer, dass sich Italien nicht für die Weltmeisterschaft in Russland qualifiziert hat – und dass er nun offiziell Ciao sagt.

Ciao Juventus.

Letzter Auftritt

Mit dem Match gegen Hellas Verona (2:1) verabschiedete sich der alte Mann gestern von der Alten Dame. Nach 17 Jahren in Turin, nach 655 Bewerbsspielen, neun Meistertiteln, fünf Pokalerfolgen und unzähligen magischen Momenten. Eigentlich wäre bei Juventus für das letzte Saisonspiel ja die große Meisterparty anberaumt gewesen, doch der letzte Auftritt der Nummer eins im eigenen Stadion ließ die Titelsause zur emotionalen Abschiedsparty werden. Das ganze Stadion huldigte der lebenden Torhüterlegende mit einer bunten Choreografie, und nicht nur bei Gigi Buffon flossen Tränen, als er nach einer Stunde das Spielfeld verließ.

Keine Blöße

Viele in Italien hatten ja damit gerechnet und auch darauf gehofft, dass der 40-Jährige noch eine weitere Saison anhängt. Rein sportlich und körperlich ist Buffon auch in seinem höheren Alter noch über jeden Zweifel erhaben. Im Land des vierfachen Weltmeister gibt es keinen besseren Torhüter, das wurde nicht zuletzt im Cupfinale zwischen Juve und Milan wieder offensichtlich, als Buffons legitimem Nachfolger Gianluigi Donnarumma gleich mehrere folgenschwere Patzer unterliefen. Missgeschicke, wie man sie von Gigi Buffon in den vergangenen zwei Jahrzehnten kaum gesehen hatte.

Trotzdem glaubt und vor allem spürt der 40-Jährige, dass jetzt seine Zeit gekommen ist, das Tor zu verlassen. „Ich bin Buffon, und ich wollte auch bis zum letzten Tag meiner Karriere der Buffon sein, so wie ihn alle kennen“, erklärte der Routinier, „sobald ich merke, dass ich nicht mehr der Buffon bin, dann ist es besser, ich höre auf.“

Großer Respekt

Der italienische Fußball verliert damit einen der letzten WM-Helden von 2006. Beim Sommermärchen in Deutschland waren die Italiener gewiss nicht das Team, das den attraktivsten Fußball zelebrierte, sie legten im Turnier damals aber jene Eigenschaft an den Tag, die auch Gigi Buffon Zeit seiner Karriere auszeichnet hat und für die der Italiener eine eigene Bezeichnung hat: Grinta. Übersetzt: Kampfgeist, Mentalität,Oliver Kahn würde vermutlich sagen: Eier.

Gianluigi Buffon war stets einer, der diese Einstellung mit Haut und Haar verkörpert hat. Das brachte ihm auch den Respekt der gesamten Fußball-Szene ein. Als der 40-Jährige nun unter der Woche mit viel Pathos und Leidenschaft an der Seite von Juve-Boss Andrea Agnelli seinen Abschied verkündete, wurden von Madrid bis London sofort Lobeshymnen auf Buffon angestimmt. Aus Paris soll sogar direkt ein Angebot für ein Engagement bei PSG eingetrudelt sein.

Aber der Weg wird Buffon ohnehin wieder zu Juventus zurück führen. Er fühlt sich dem Rekordmeister verpflichtet, er genießt dort Kultstatus, seit er 2006 den Zwangsabstieg in die Serie B mitgegangen ist – als Weltmeister, wohlgemerkt. „Ich weiß, was ich Juve zu verdanken habe“, sagt Buffon, „der Fußball hat mich überhaupt zu einem besseren Menschen gemacht.“

Wilde Zeiten

Denn der heute allseits beliebte und respektierte Torhüter hatte auch seine wilden Zeiten und dunklen Stunden. Bei seiner ersten Profistation in Parma (1995 bis 2001) fiel er seinerzeit durch ein faschistisches T-Shirt negativ auf. Während seiner Karriere gab Buffon Millionen für Sportwetten aus, und weil er mit 17 die Schule vorzeitig beendete hatte, fälschte er sogar sein Maturazeugnis und wurde verurteilt.

Die Italiener haben ihm das alles verziehen. Als die Gazzetta dello Sport dieser Tage ihre Leser nach dem besten Torhüter der Neuzeit befragte, war die Antwort eindeutig: Gianluigi Buffon, die Stimme des italienischen Fußballs, war mit 67 Prozent der abgegebenen Stimmen die klare Nummer eins.

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