Daniel Ricciardo: „Wir beide glauben, der Beste zu sein“
Es gibt Sportstars, die sich selbstbewusst (und wohl auch selbstverliebt) mit Löwen vergleichen (Zlatan Ibrahimovic). Formel-1-Pilot Daniel Ricciardo findet Parallelen beim Honigdachs. „Es ist das wohl furchtloseste Wesen im Tierreich. Es sieht süß und nett aus, wenn aber etwas in sein Territorium eindringt, wird es zum Barbar. Im Grunde ist der Honigdachs jedoch ein guter Kerl“, erklärt der 28-Jährige.
Daniel Ricciardo, der gute Kerl der Formel 1, unterbricht zwei Mal kurz das KURIER-Interview, um Autogrammwünsche zu erfüllen. „Tut mir furchtbar leid, aber das ist mir wichtig“, entschuldigt sich der Red-Bull-Fahrer, der am Sonntag in seiner Heimat Australien als Mitfavorit in die Saison startet.
KURIER: Mister Ricciardo, ist es immer dermaßen stressig und turbulent für Sie?
Daniel Ricciardo: Ich habe irgendwie das Gefühl, dass es von Jahr zu Jahr noch mehr wird. Die Tage an der Rennstrecke sind verdammt lang, vor allem jene, an denen man gar nicht fährt. Ich sitze lieber im Auto als mit Leuten darüber zu sprechen (lacht) .
Wie oft müssen Sie Nein zu etwas sagen?
Du kannst schon ein paar Sachen ablehnen, aber Vieles gehört einfach zu diesem Beruf dazu. Es nützt nichts, schlecht gelaunt zu sein, die Sachen werden dann nur noch anstrengender. Aber es gibt ja auch viele Aufgaben rund um das Rennfahren, die Spaß machen – Fanarbeit etwa.
Wie verbringen Sie Ihre rennfreie Zeit im Winter?
Ich habe ja Glück: Euer Winter ist mein Hochsommer in Australien (lacht) . Die ersten Tage in der Heimat sind aber immer stressig. Jeder will etwas. Das ist auch okay, ich komme ja nicht so oft heim. Aber bald danach klinke ich mich fast komplett aus.
Wie schwer ist es für Sie, weit weg von der Heimat zu sein?
Es ist schwieriger, als manche Leute glauben würden. Die meisten der anderen Fahrer kommen aus Europa und sehen ihre Familien und Freunde recht regelmäßig an den Wochenenden. Ich sehe meine bestenfalls alle paar Monate. Ich versuche, Freunde und Familienangehörige zu einigen Rennen zu bringen. Es hilft mir, wenn ich mit ihnen Essen gehen oder Party machen kann. Ich vermisse meine Heimat, aber ich bin mittlerweile auch schon daran gewöhnt.
Wie fühlt sich der neue Dienstwagen, der RB 14, an?
Das Auto ist definitiv besser als zu Saisonbeginn im letzten Jahr. Bei der Haltbarkeit haben wir auf jeden Fall einen Schritt nach vorne gemacht. Ich merke, dass wir viel näher dran sind an Mercedes und Ferrari.
Wie lange wird es dauern, bis man von einem titelfähigen Auto sprechen darf?
Nach drei Rennen, nach Schanghai, sollten wir schon ein ganz gutes Bild haben vom Leistungsniveau der drei Topteams. Einen vierten Rennstall sehe ich derzeit nicht auf diesem Niveau, obwohl Teams wie Renault oder McLaren sicher Fortschritte gemacht haben.
Ist der RB 14 das beste Auto, das Sie bislang in der Formel 1 gefahren sind?
Mit den sehr weichen Reifen, die man heuer noch stärker rannehmen kann, fühlt es sich schon sehr beeindruckend an. Der Nacken schmerzt deutlich stärker wegen der extremen Beanspruchung in den Kurven.
Sie fahren seit 2014 für Red Bull Racing und haben bislang fünf Mal gewinnen können. Haben Sie sich damals bei Ihrem Wechsel mehr erwartet?
Fünf Siege sind schon nicht so schlecht, aber ich hätte zum Zeitpunkt des Wechsels schon mit noch mehr gerechnet, immerhin bin ich zum amtierenden Vierfach-Champion gegangen. Jedoch war es damals der Beginn der Hybrid-Ära, und in der Formel 1 bist du extrem abhängig von deinem Material. Zufall spielt in der Formel 1 keine allzu große Rolle.
Wie gehen Sie mit sportlichen Enttäuschungen um?
Wenn ich das Gefühl habe, dass ich gut gefahren bin und es eher eine Frage des Materials ist, ist es nicht schwierig weiter voranzugehen und weiterzumachen. Es nervt natürlich, aber es belastet mich nicht allzu lange.
Wie ist die Beziehung zu Ihrem Teamkollegen Max Verstappen?
Ganz gut, besser als manche vielleicht glauben würden. Wir beide sind Wettkämpfer und glauben jeweils, der Beste zu sein. Max ist wirklich unglaublich ta lentiert und ich mag die He rausforderungen, vor die er mich stellt.
Gibt es gar keine Differenzen?
Wir gehen respektvoll miteinander um. Auch das Team behandelt uns beide fair, etwa bei der Weitergabe der Daten des jeweilig anderen. Aber mir ist schon bewusst, dass sich unser Verhältnis ändern wird, sollte unser Auto gut genug für Meisterschaften sein. Es wird dann ein bisschen intensiver werden, das ist wohl ganz normal. Ich bin darauf vorbereitet und ich denke, er ist es auch.
Erkennen Sie Unterschiede zur Beziehung zu Sebastian Vettel im Jahr 2014?
Im Moment ist es gar nicht so arg verschieden. Damals mit Seb war ich jedenfalls der Außenseiter. Wenn ich zurückblicke, erkenne ich, dass ich einiges lernen konnte in jenem Jahr.
Geboren am 1. Juli 1989 in Perth kam der Red-Bull-Junior 2011 in die Formel 1. Nach Stationen bei HRT und Toro Rosso ersetzte er ab 2014 seinen Landsmann Mark Webber bei Red Bull Racing. Die Bilanz von Ricciardo: 129 Starts, fünf Siege, eine Poleposition, zwei Mal WM-Dritter.
SaisonstartDie 69. Formel-1-Saison wird am 25. März in Melbourne eröffnet (7.10 Uhr MESZ).