Leben/Reise

Die schönste Fahrradtour im Weinviertel

"Es ist eine unglaubliche Landschaft, drei Viertel davon ist Himmel, der die Stimmung hier dauernd verändert. Man navigiert wie auf hoher See zwischen leichtem Gewoge." Alfred Komarek, der Autor aus dem Ausseerland, beschreibt die Weite der Pulkautaler Rebenhügel. Sie ist die Heimat seiner Romanfigur, Gendarm Simon Polt.

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Neben Schauspieler Erwin Steinhauer und Polt-Regisseur Julian Pölsler radelt er von Seefeld nach Großkadolz zum Tonkino, das zwar nicht mehr in Betrieb ist, aber dessen Fassade immer wieder in den Polt-Filmen zu sehen ist. Frau Holzer, die 90-jährige Besitzerin, bringt den Radlern ein Schnapserl.
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Drehorte

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Weiter geht es nach Mailberg zum Gasthaus Kopp, das leider immerwährenden Ruhetag hat und nur ein Mal im Jahr, am Polt-Radwandertag im Frühling, aufsperrt. In den Polt-Krimis heißt das Wirtshaus, in dem seit Jahrzehnten die Zeit still steht, "Kirchenwirt". In der alten Holzschank steht Herr Kopp und schenkt aus Dopplern aus, an der patinierten Holzwand hängen Pin-up-Kalender, dicht gedrängt sitzen Polt-Fans an den Wirtshaustischen. Komarek liest aus seinem neuen Krimi, "Alt, aber Polt". Die Dreharbeiten der sechsten Folge werden Anfang November mit dem Filmteam rund um Regisseur Pölsler, das mit den Pulkautalern längst auf Du und Du ist, beginnen.
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Sehenswert die Kellergasse "Zipf" in Mailberg – die einzige denkmalgeschützte Kellergasse in Niederösterreich. Ein delikates Mittagessen gibt’s bei den Winzern Hagn, die über ihren alten, Hunderte Meter langen Kellerröhren ein modernes Presshaus und das "Weindomizil" mit Restaurant, Bar und modernen Gästezimmern errichtet haben.

Stadtflüchtling

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Komarek, der feinfühlige Autor mit gezieltem Blick in die Seelen der Menschen, besitzt im Pulkautal selbst zwei Presshäuser mit Kellerröhren. Sie dienen als perfekte Drehorte für die Roman-Verfilmungen. "Ich habe alles mit der ganzen Einrichtung so gelassen, wie es war, weil ich Respekt vor der 200 Jahre alten Arbeitswelt der Weinbauern habe." Neben der alten Weinpresse hängt noch der Hut des 98-jährigen Vorbesitzers.
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Der Ausseer Schriftsteller bezeichnet sich als "Stadtflüchtling". Sein Lieblingsschild ist immer noch "Ortsende von Wien". Im 9. Bezirk richtete er sich "die Folterkammer zum Schreiben" ein. Um der Stadt zu entfliehen, suchte Komarek vor 46 Jahren "Fluchtorte". In die Wachau, "bildschön, aber eine Fremdenverkehrsgegend", wollte er nicht. Da verirrte er sich ins Pulkautal im Weinviertel und fand später den alten Weinkeller. "Den hab’ ich mir als Student gekauft – mit ein bissl Radio-Beschäftigung und Riesenschulden. Da hab’ ich mir gedacht, bei so viel Schulden sind noch mehr Schulden a scho wurscht."
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Als ihn eine Freundin animierte, doch als Radio-Text- und Essayschreiber endlich einen Roman, einen Krimi, zu schreiben, meinte er, "da bin ich nach drei Seiten fertig". Aber dann hatte er die Idee, die Kriminalgeschichte als Katalysator, als Schleuse in einen Lebensraum, der sich nicht so leicht öffnet, zu verwenden. "Ich habe mir gedacht, eine so ereignislose Gegend,wo so viel unter den Teppich gekehrt wird, wo das Schweigen immer mehr sagt als das Reden, ist interessant."
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Akribisch, bis zu zwei Jahre lang, recherchiert der 70-Jährige, studiert die Menschen und deren Charaktere. Einen Gendarmen namens Polt gab es wirklich. Das Schreiben in der Wiener Folterkammer gehe dann schnell – ein bis drei Monate. "Für den letzten war die reine Schreibzeit länger, ein halbes Jahr."

Stadtmensch

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Im Gegensatz zu Komarek ist Polt-Darsteller Erwin Steinhauer (63) ein "absoluter Stadtmensch und Kaffeehaustyp". Der Schauspieler schlüpft gerne in die Rolle des Polt. "Er ist absolut aggressionsfrei, er kann nicht strafen, er ist gemütlich und er ist Weinbauer. Er ermittelt auch nicht, es wird um ihn herum ermittelt, er beobachtet nur." In Komareks Romanen werden die Pulkautaler nicht vorgeführt. "Es ist ein liebevoller Spiegel von dieser Landschaft, von diesen Menschen", sagt Steinhauer. Die Bevölkerung ist froh, dass die Dreharbeiten das Weinviertel bekannt machen und die Kellergassen belebt werden. Herrlich für Rad-, Tages- und Wochenendausflüge.

Vier Jahreszeiten

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"Diese Gegend hat in allen vier Jahreszeiten ihren besondern Reiz", sind sich Krimi-Autor und Schauspieler einig. Komarek: "Im Gegensatz zum Ausseerland, wo die Jahreszeiten einen großen Auftritt haben, fließen sie hier ineinander. Der Frühling, ein verletzlicher Aufbruch, weil alles passieren kann, die Weinernte kann hin werden. Der Sommer ist sehr sinnlich und wuchtig, richtig prall, fast kontinental. Es regnet sehr wenig. Der Herbst ist eine unglaublich opulente Zeit, in der man schon vom Hinschauen besoffen wird, weil überall Wein entsteht. Der Winter ist heimlich gemütlich, nach außen völlig reduziert, schwarz-weiß, aber im Keller und im Haus brodelt es." All diese Jahreszeiten spiegeln die Polt-Krimis wider.
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Die Radtour auf den Spuren von Polt geht weiter. Vom Himmelbauer-Keller in Untermarkersdorf, der im Film der "Höllenbauer" ist, bis zum Pfarrhaus in Haugsdorf – im Roman "Burgheim" genannt – , wo Szenen der Folge "Himmel, Polt und Hölle" gedreht wurden. Nicht gebetet, sondern Wein verkostet wird am Ende der Rundfahrt in Jetzelsdorf in der zur Weinkirche umfunktionierten Dorfkirche.
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Info

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Polt-WegDie gesamte Länge beträgt 58 km. 6 Etappen von Mailberg bis Pernersdorf. Mäßige Steigerungen wechseln sich mit flachen Wegstrecken ab.
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Essen & trinken & schlafenWeindomizil Hagn in Mailberg, Köstlichkeiten auf höchstem Niveau, Weinverkostungen, Terrasse, Bar, Lounge, moderne Zimmer mit Fernblick auf die Weinberge, ab 49 € p. P. im DZ, inkl. Frühstück,www.weindomizil.at
– Schlosshotel Mailberg, 2 ÜN im DZ, Frühstück, 4-Gang Polt-Menü am Anreisetag, Fahrrad oder E-Bike für ½ Tag, Lunchpaket, Polt-Führung mit Weinkost und 1 Flasche Polt-Wein als Souvenir, 189 € p. P., buchbar überwww.weinviertel.at,www.schlosshotel-mailberg.at
– Jufa-Hotel Eselsmühlein Seefeld-Kadolz, 81 € pro DZ,www.jufa.eu, Tel. 05 7083-730
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– Weinkirche:Die 200 Jahre alte Kirche in Jetzelsdorf wurde zu einer erfolgreichen Vinothek der Winzer umfunktioniert,www.weinkirche.at
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Offene Kellertüren Von Frühjahr bis Herbst öffnen die Winzer ihre Presshäuser und Kellerröhren und kredenzen ihre Weine.
Mailberger Kellergassenfest, 3. Wochenende im Juni
Kunst & Wein, 2. Augusthälfte in der Haugsdorfer Kellergasse.
Kellerführung Weingut Norbert Bauer in Jetzelsdorf,www.wein-bauer.at
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Polt-Führungen15 € pro Person, ca. 3 Std. Felix Wiklicky kennt jede Polt-Szene und jeden Drehort. Jeweils Gemeindeamt oder Tel. 02944 / 260 66, initiative@pulkautal.at

Sehenswürdigkeiten Pulkautaler Weinbaumuseum in Untermarkersdorf, www.pulkautaler-weinbaumuseum.jimdo.com
Bienenmuseum in Peigarten, April bis November, Tel. 02944/ 8561

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RadverleihJufa Hotel in der Eselsmühle (Seefeld-Kadolz), HT 5 €, GT 10 €; E-Bike: HT13 €, GT 19 €
– Schlosshotel Mailberg, Fahrrad: 10 €/Tag, E-Bike: 19 €/Tag

Neuer Kriminalroman "Alt, aber Polt", Alfred Komarek, Haymon Verlag, 19,90 €

Auskunft www.pulkautal.at