Mostviertel: Viertel der Verführung
Von Ingrid Teufl
Wer dem Sepp nicht zuhört, tritt im Mostviertel schon ins Fettnäpfchen, ehe er noch vom regionstypischen Getränk – dem Most – gekostet hat. Statt „Prost“ heißt es hier: „G’sundheit – sollst leben.“
Wir sind froh, dass uns unser Guide Sepp, eigentlich Leopold Wieser, davor bewahrt hat. In Lodenjacke und breitkrempigem Hut hat uns der 43-jährige Biobauer begrüßt. Das sind die Markenzeichen der zehn Seppen und Seppinnen. Sie sind allesamt geprüfte Guides, die hier im malerisch-sanften Hügelland des westlichen Niederösterreichs interessierte Besucher unter dem Motto „Rent a Sepp“ zu ganz persönlichen Fact-Finding-Missionen begleiten. Egal, ob Landschaft, kulinarische Genüsse rund um den Namensgeber der Region oder Kultur im Mittelpunkt stehen.
Jetzt, im Frühling, reißt’s auch unseren Poidl-Sepp ziemlich um. Weil sich herumspricht, dass seine Heimat da besonders sehens- und erlebenswert ist. Zur Zeit der Birnbaumblüte – Ende April/Anfang Mai – legt sich ein weißer Schleier über den lieblichen Fleckerlteppich aus saftig-grünen Wiesen, frisch beackerten Feldern und mächtigen Vierkant-Höfen. Neben rund 250.000 knorrigen Birnbäumen sind sie die markanten Wahrzeichen des fruchtbaren Landstrichs zwischen Enns, Donau und Ötscher. Das erzählt der Sepp, während wir das überwältigende Panorama genießen. Heute gilt das Land als größtes zusammenhängendes Obstbaugebiet Mitteleuropas.
Häuser mit Most gebaut
„Diese Häuser hat der Most gebaut“, zitiert der Sepp einen alten Spruch, während er uns die Eigenarten der bäuerlichen Trutzburgen erklärt. Der Spruch verdeutlicht, dass einst die Fülle an Mostobst – eine Million Bäume gab es im 19. Jahrhundert – ein bedeutender Wirtschaftsfaktor war. Die Bauern exportierten ihren vergorenen Birnensaft zu saftigen Preisen – und stockten ihre Häuser auf.
Nach 1945 ging’s bergab, erst seit 20 Jahren erlebt der Most im Mostviertel eine Renaissance. Vor allem reinsortige Birnenmoste mit wenig Gerbstoffen und Säuren machen den Geschmack heute aus. Dass das Trinken aus dem Plutzer eine Kunst ist, lernen wir beim Mostproduzenten Toni Distelberger in Gigerreith bei Amstetten (rechts) . Und als der sagt: „Zur guat’n Kost an guat’n Most“, ist es Zeit für eine typische Brettljause. Die braucht’s auch. Bei Bio-Edelbrenner Josef Farthofer in Öhling kosten wir uns weiter durch die Region. Seine Spezialität: Mostello, ein nach Portweinmethode hergestellter Dessertwein.
Später, im 4*-Hotel „Landhaus Stift Ardagger“, erleben wir das hohe Niveau der Mostviertler Küche. Eine Gault-Millau-Haube hat Küchenchef Paul Gürtler, 31, bereits erkocht. Nicht nur mit Most.
Wie gesagt, besonders schön ist die Region zur Baumblüte. Doch wer sie verpasst, der kann das Mostviertel das ganze Jahr über im Glas genießen.
Info
Anreise
Per Auto: Über die A 1, Abfahrt Amstetten-West. Von Wien ca. 1,5 Std.
Unterkunft
Gehoben z. B. im Landhaus Stift Ardagger bei Amstetten (4*-Hotel, 25 Betten). Doppelbettzimmer ab 128 €, Tel 07479/6565-0, www.landhaus-stift -ardagger.at
– Urlaub am Bauernhof ab ca. 40 €.
Mostheurige
z. B. Fam. Distelberger, Gigerreith. Tel 07479/73 34, www.distelberger.at Tipp: Das angeschlossene Bauernmuseum mit 17.000 bäuerlichen Gerätschaften.
Ausstellung
900 Jahre Stift Seitenstetten: „Leben im Vierkanthof. Wo Bauern und Mönche beten und arbeiten“, geöffnet ab 27. April.
Details:
www.stift-seitenstetten.at
www.lebenimvierkanthof.at – Most.Birn.Haus. Von der Birne zum Most.
www.mostbirn.haus.at
Weitere Auskünfte
Mostviertel Tourismus, Tel 07416 /521 91, www.mostviertel.info oder www.moststrasse.at