In Nazca sollte man nicht nur die berühmten Linien anschauen
Von Axel Halbhuber
An der Stadt Nazca (oder: Nasca) kommt man nur zufällig vorbei, niemand macht hier Urlaub. 30.000 Einwohner leben vierhundert Kilometer südlich der peruanischen Hauptstadt Lima mitten in der Wüste. Oder in den Wüsten: rundum mischen sich Stein- und Sandwüste, vom fünfzig Kilometer entfernten Pazifik weht auch noch Salz herüber.
Aber Nazca liegt direkt am Gringotrail, der beliebtesten Reiserunde durch Südperu. Jetzt könnte man meinen, klar bleiben hier viele stehen, Nazca war schließlich einst das Zentrum einer indigenen Kultur. Aber erstens stinken neben den ausgelöschten Inkas mit Machu Picchu alle Kulturen gewaltig ab, und zweitens ist Nazca mit seinen Staubstraßen und verfallenen Betonhäusern einfach nur eine strukturschwache Wüstenstadt. Bauruinen statt Ruinenstadt.
Der wahre Grund des Stopps sind für alle die Nazca-Linien, seit 1994 UNESCO-Welterbe. Diese etwa 1.500 Figuren und Zeichnungen (Geoglyphen) haben Nazca-Menschen zwischen 800 vor und 500 nach Christus in den Boden geritzt, aber keiner weiß genau, warum, und vor allem weiß keiner: wie? Denn die längsten Linien messen zwanzig Kilometer und sind vollkommen exakt. Zu sehen ist das nur aus der Luft, wobei gesagt sein sollte, dass die kleinen Propeller-Flugzeuge und die kantigen Wendemanöver (zwecks besserer Sicht auf die Linien) und das heiße Wetter sich mit vollen Touristenmägen nur bedingt vertragen.
Zur Reduktion der Übelkeit kann der Reisende anschließend auf die angeblich welthöchste Sanddüne stiegen, die Cerro Blanco ist 2.078 Meter hoch – und fad, außer man mag Sandboarding.
Lohnender ist der Chauchilla-Friedhof, in dessen offenen Gräbern über tausend Jahre alte Gerippe aussehen, als ob sie gerade eingeschlafen wären. Die Gräber sind alle geplündert, aber die Toten sind schön arrangiert und perfekt erhalten. Denn wo es bei bis zu fünfzig Grad durchschnittlich nur sieben Minuten im Jahr regnet, brauchen Tote keinen Balsam. hahu