Die Modestadt Mailand wird zur Kunstmetropole
Schon von Weitem sieht man ihn am Horizont aufragen: den im Vorjahr eröffneten Torre, den von Rem Kohlhaas und dem Architekturbüro „Oma“ gestalteten Turm, der die Fondazione Prada, das riesige Kunstgelände der Prada-Familie im Süden Mailands, vervollständigt. Ein 60 Meter hohes Bauwerk voll moderner Kunst von Jeff Koons bis Carsten Höller mit einem spektakulären Restaurant und Dachterrasse. Ein Leuchtturm der Kunst, der auf ebener Erde seine Fortsetzung findet. Denn am gesamten Gelände der ehemaligen Gin-Destillerie finden spannende Auseinandersetzungen mit moderner Kunst statt. Von der „Grotto“ des deutschen Künstlers Thomas Demand über historische und Fotoausstellungen (ab 22.2. zeigt Melissa Harris die von ihr kuratierte Schau „Surrogati“) bis zu eklektischen Kinoschauen wie jener des dänischen Filmemachers Nicolas Winding Refn, die in Kürze eröffnet wird.
Für Freunde der exzentrischen Filmkunst ist der Besuch der Bar Luce, des von US-Regisseur Wes Anderson gestalteten Café-Restaurants am Fondazione-Gelände, Pflicht. Der Schöpfer von Kinokunst à la „Grand Budapest Hotel“ oder „The Royal Tennenbaums“ hat sich ausgetobt: Cooler Terrazzo trifft auf Requisiten italienischer Kinofilme der Fünfziger und Sechziger Jahre – alles in Pastell. Die Sandwiches und Kuchen sind molto bene, die Bar Luce ist nicht nur Treffpunkt der Kunst-, sondern auch der Modecrowd, die sich zweimal im Jahr zu den Modeschauen trifft.
Auf der Suche nach immer ausgefalleneren Orten für die Shows landen Gucci, Prada & Co. in den hohen Tempeln der Kunst: im Sala delle Caratidi im Palazzo Reale, den Räumlichkeiten des Nationalen Museums für Wissenschaft und Kunst oder in der Bühnen- und Kostümwerkstätten der Scala im Stadtgebiet Tortona.
Den Anziehungsfaktor von Kultur haben auch Giorgio Armani, der einen Lagerhallenkomplex in der Via Bergognone in das Mode-Kunstmuseum Armani/Silos umgewandelt hat und der Autoreifenhersteller Pirelli, der im Norden der Stadt in einer ehemalige Lokomotivhalle den Kunst-Hangar Bicocca eingerichtet hat, erkannt.
Filmreif
Wer es bourgeois und gediegen mag, sollte sich in die Villa Necchi Campiglio im Stadtzentrum an der Via Mozart begeben. Das feudale Haus im Stil des Mailänder Novecento beherbergt neben der Kunstsammlung des 20. Jahrhunderts von Claudia Gian Ferrari auch eine Sammlung von Gemälden und Kunstgegenständen des 18. Jahrhunderts des Sammlerpaares de’Micheli. Die prachtvolle Architektenvilla war Schauplatz des Kinofilms „I Am Love“ von Regisseur Luca Guadagnino und ist fixe Eventlocation während der Mailänder Modewoche.
Ein wunderbares Erlebnis an einem lauen Abend ist der Besuch der Dachterrasse des Mailänder Doms. Auf gut abgesicherten Steigen entlang der Türmchen und Giebel des Doms herum zu wandeln und die grandiose Sicht auf das Gewusel am Domplatz, auf die Stadt oder bis zu den Bergen zu genießen, kostet nicht viel, ist aber ein kostbares Erlebnis.
Wer klassische Musik mag, Glück und Geld hat, ergattert eine Karte in der Scala. In diesem beeindruckenden Opernhaus zu sein, in dem Stars von Callas über Pavarotti aufgetreten sind, die eleganten Mailänder beim Cocktail in der Pause zu beobachten und die Musik zu genießen ist der perfekte Ausklang eines Tages. Fast: Denn in der Campari Bar am Domplatz muss es noch ein Drink sein.
Wer noch Zeit hat, sollte Da Vincis „Abendmahl“ im Kloster Santa Maria delle Grazie sehen. Oder flanieren und gut essen an den malerischen Navigli-Kanälen, zum Beispiel im „Maison Borella“. Und natürlich shoppen: Coole, aber auch teure Geschäfte gibt es in der historischen Galleria Vittorio Emanuele oder im Concept Store 10 Corso Como. Wer dort nichts findet, der hat noch reichlich Alternativen in Milano, der Stadt der Mode und des Stils
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Info
Anreise Austrian Airlines fliegt bis zu sechs Mal täglich von Wien nach Milano-Malpensa. Laudamotion steuert Mailand Bergamo an.
Kultureinrichtungen Die Fondazione Prada ist von der Metro- station Porta Romana ca. 10 min Fußweg entfernt. fondazioneprada.org
– Die Armani/Silos in der Via Bergognone 40 sind Mi bis So von 11–19 Uhr geöffnet. armani.com
– Der Pirelli Hangar Bicocca liegt außerhalb der Stadt und ist mit dem Bus (Linie 87, Sesto Marelli) zu erreichen, bis Via Chiese/Hangar Bicocca. hangarbicocca.org.
– Die Villa Necchi Campiglio von Architekt Piero Portaluppi kann nur mit Anmeldung besichtigt werden. www.fondoambiente.it
– Leonardo da Vincis „Das letzte Abendmahl“ ist in der Kirche Santa Maria delle Grazie zu sehen. Vorabbuchung (10 €) empfohlen, cenacolovinciano.vivaticket.it.
– Karten für die Mailänder Scala können online oder vor Ort an der Tages- und Abendkasse gekauft werden. Im Februar stehen etwa‚ Verdis „La tTraviata und Rossinis „La cCenerentola auf dem Programm. www.teatroallascala.org
Essen und Trinken Paper Moon Giardino in der Via Bagutta: ausgezeichnetes Fischrestaurant, man schlemmt in einem alten Palazzo. papermoongiardino.com
– Bugande im Hotel Maison Borella am Navigli: Man sitzt direkt am Kanal, ist aber vom dichten Pulk der Flaneure an der Promenade abgeschirmt. Mailänder Küche vom Feinsten. hotelmaisonborella.com
– Campari-Bar Camparino: direkt am Domplatz mit ihren Cocktails von Negroni bis zu Campari Americano. www.camparino.it
–Peck: Mailands Delikatessenpapst, quasi der Meinl von Milano, ist seit Kurzem nicht nur in der Via Spadari, sondern auch im neuen, CityLife Shopping District, vertreten. Mit einem Deli Shop, einem Restaurant, einer Wein- und Cocktailbar. peck.it
Unterkunft Ein sehr angenehmes, ruhiges Boutiquehotel im Art-déco-Stil ist der Palazzo Segreti in der Via San Tomaso. Preis für ein Doppelzimmer je nach Saison ca. 200 Euro. www.palazzosegreti.com
Auskunft Italienisches Fremdenverkehrsamt Enit, Mariahilfer Straße 1b, 1060 Wien, Tel. 01 5051639 www.enit.at