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"Willkommen Europa": Wolfram Pirchners Start in Brüssel

Die Freude über seinen neuen Arbeitsplatz ist Wolfram Pirchner richtig anzumerken. „Überwältigend“ sei das hier alles, erzählt er auf dem Weg durch die Empfangshalle des Parlaments in Brüssel. Und auch vom „Respekt“, den er vor dem „gewichtigen Unternehmen Europa“ hat. Eigentlich ist ihm „Demut“ zuerst eingefallen, aber das, bremst sich der ehemalige TV-Moderator ein, wäre vielleicht ein bisschen zu viel.

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Fast vier Jahre lang hat der Tiroler auf seinen ersten Auftritt im EU-Parlament warten müssen. Bei der letzten EU-Wahl 2020 ist es dann doch nur die Blecherne geworden: Platz acht auf der ÖVP-Liste, sieben Plätze im EU-Parlament gab es zu vergeben. Natürlich war das eine Enttäuschung damals, und zu der steht er auch heute noch: „Ich hätte es wahnsinnig gerne gemacht.“
 Jetzt und zwar „aus heiterem Himmel“ ist die   Gelegenheit gekommen. Parteifreundin Simone Schmiedtbauer hat sich in die steirische Landespolitik verabschiedet und Pirchner durfte nachrücken. Dass ihm nur ein paar Monate bis zur  EU-Wahl Frühjahr 2024 bleiben, kann seine Begeisterung nicht schmälern: „Ich bin so stolz, dass ich hier sein darf.“

"Keiner, der mich siezt"

Von „Willkommen Österreich“ über die „Zeit im Bild“ bis zu großen Volksmusik-Galas: Pirchner war viele Jahre Stammgast auf Österreichs Fernsehschirmen: „Es gibt bis heute keinen Menschen auf der Straße, der mich siezt.“ Viel mehr aber will er über den Promi-–Bonus, der ihn begleitet, nicht sagen. „Das ist nicht meine Qualifikation“, biegt er beim Thema Fernsehen ziemlich rasch ab, bringt lieber sein Studium der Anglistik ins Spiel, die Ausbildung am Mozarteum, oder auch seine Ratgeber-Bücher, in denen er seine eigene seelische Krankheit – Panikattacken – aufgearbeitet hat.

Die Aktenberge, die ein EU-Parlamentarier oft zu bewältigen hat – und das zu den verschiedensten Themen – schrecken Pirchner nicht: „Ich kann arbeiten buchstabieren“, meint er selbstbewusst und spricht über den Fleiß, der ihn schon durch seine TV-Karriere begleitet at. Die Zeit im Bild zu moderieren, das sei „das Anspruchsloseste“ gewesen. „Willkommen Österreich“ dagegen, das viele so als Seniorenprogramm für den Nachmittag abgetan hätten, das habe ihn oft gefordert.

„Kein Seniorenbashing“

Für Senioren will sich der 65-Jährige auch in Brüssel besonders einsetzen. Dass im EU-Parlament etwa Entwürfe für eine Führerschein-Reform kursieren, die älteren Menschen regelmäßige Überprüfungen abverlangen würden, das empört Pirchner richtig: „Ein Diskriminierung von Seniorinnen und Senioren“. Solches „Seniorenbashing“ würde den Fakten nicht entsprechen. Die Unfallstatistiken würden andere Altersklassen anführen.

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In innenpolitische Querelen will sich Pirchner derzeit auf keinen Fall einmischen. Seinen Abgeordneten-Kollegen Othmar Karas „schätze ich sehr“, zu dessen Kritik an der EU-Skepsis der ÖVP in Wien sagt er nicht mehr als, „dass jeder seine Meinung haben darf“.

EU-Skepsis lockern

So selbstverständlich aber, wie vor allem junge Menschen meinten, seien die Vorzüge des gemeinsamen Europa nicht. Er selbst könne sich noch gut an die nächtlichen Grenzkontrollen am Brenner erinnern: „Das müssen wir den Jungen erzählen, vielleicht kann man die EU-Skepsis damit ein bisschen lockern.“