Politik/Inland

Plakolm: "Blutspende-Regel gilt für alle, egal welcher sexuellen Orientierung"

KURIER: Im April hat die ÖVP noch gegen den Antrag von Spö-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner gestimmt. Wie kam es zur Meinungsänderung oder ist diese einzig der vom Gesundheitsministerium eingesetzten Kommission geschuldet?

Claudia Plakolm: Wir haben als Koalition bereits im April 2020 einen Entschließungsantrag auf den Weg gebracht, der den damaligen Gesundheitsminister Anschober zu einer Prüfung aufgefordert hatte. Im Dezember 2020 gab es dazu ein Hearing im Gesundheitsausschuss. Ich kenne das politische Spiel, ich war lange genug selbst im Parlament: Die Opposition hat da einen Entschließer zu einem Zeitpunkt eingebracht, zu dem wir uns schon intensiv damit beschäftigt haben. Den Versuch, hier billig politisches Kleingeld zu wechseln, lasse ich unkommentiert.

Für mich zählt, dass die Diskriminierung von einzelnen Bevölkerungsgruppen endet und wir gemeinsam eine saubere und sichere Lösung geschaffen haben. Aber ja, es braucht immer jemanden, der den Stein ins Rollen bringt und das habe ich Mitte März getan, als ich mit meinem Team Blutspenden gehen wollte. Mir haben im Rahmen dessen zahlreiche homosexuelle Männer geschrieben: "Ich bin seit Jahren in einer Beziehung, habe keinen anderen Sexualpartner und trotzdem darf ich nicht Blut spenden“. Ich finde es ausgesprochen gut, dass zukünftig individuelles Risikoverhalten zählt und nicht mehr ganze Bevölkerungsgruppen pauschal ausgeschlossen werden.

Die "3 x 3 x 3"-Regel wirkt auf den ersten Blick wie Willkür und insinuiert, dass Homosexuelle oder Transidente, die nun Blutspenden dürfen, promiskuitiver sind als Heterosexuelle. Verstehen sie den Vorwurf, dass auch diese Regel als diskriminierend empfunden werden kann?

Diese neue Regelung gilt für alle, ganz egal welcher sexuellen Orientierung. Genau das war ja das Ziel der Novelle, dass nicht mehr ganze Bevölkerungsgruppen auf Grund ihrer sexuellen Orientierung von der Blutspende pauschal ausgeschlossen sind, sondern rein nach individuellem Risikoverhalten beurteilt wird. Bisher war es homo- und bisexuellen Männern nur dann möglich Blut zu spenden, wenn sie in den vergangenen 12 Monaten keinen Sex mit Männern hatten. Das kam einem völligen Verbot gleich und war nicht EU-rechtskonform. Heterosexuelle Menschen waren bisher ausgeschlossen, wenn sie innerhalb der vergangenen 12 Monate mehr als drei Sexualpartner hatten.

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Die ab Herbst geltende Regel gilt für alle Menschen – egal welcher sexuellen Orientierung – gleichermaßen und besagt, dass man für drei Monate nicht Blutspenden darf, wenn man innerhalb der letzten drei Monaten mehr als drei Sexualpartner hatte. Das ist unter anderem dem diagnostischen Fenster zwischen HIV-Ansteckung und Nachweis geschuldet, daher also auch wissenschaftlich belegbar und nicht willkürlich gewählt. Wie auch bereits davor schon, wird dies im Fragebogen vor der Blutspende abgefragt und kann nicht auf den Wahrheitsgehalt geprüft werden – wir setzen hier auf die Eigenverantwortung der Menschen. Wir werden der Novelle erstmals auch eine wissenschaftliche Evaluierung zur Seite stellen, um so die Blutsicherheit ersichtlich zu machen, denn diese steht weiterhin im Mittelpunkt.

Anfang der 2000er Jahre gab es Safer-Sex-Kampagnen. Planen Sie als für Jugend zuständige Staatssekretärin  mit dem Gesundheitsministerium mehr Informationen und Aufmerksamkeitskampagnen für den Schutz vor sexuell übertragbare Krankheiten?

Das ist jedenfalls eine Überlegung wert. Ich bin sehr froh, dass wir mit der Novelle für das Thema Blutspenden im Allgemeinen sehr viel mehr Aufmerksamkeit haben. Wir brauchen in Österreich alle 90 Sekunden eine Blutkonserve, fast 1.000 am Tag. Ich darf daher an alle Österreicherinnen und Österreich appellieren, sich die Zeit zu nehmen und Blut spenden zu gehen. Ich werde das jedenfalls in aller nächster Zeit wieder tun.