Politik/Inland

Vorzugsstimmen: Waitz dürfte Schilling noch überholen

Um auf den Schutz der Bienen aufmerksam machen, traf sich die künftige EU-Spitze der Grünen fünf Tage vor der EU-Wahl bei einer Wiener Imkerei. Spitzenkandidatin Lena Schilling legte sich dabei zwischendurch in die Wiese, während der Listenzweite Thomas Waitz stehen blieb.

Ein Foto mit Symbolcharakter, denn der Zweite könnte tatsächlich zum "Sieger" avancieren: EU-Veteran Waitz hat neben seiner Erfahrung nun ein weiteres Argument, um Delegationsleiter der Grünen im EU-Parlament zu werden. In Wien hat Waitz 24.618 Vorzugsstimmen gesammelt – und damit deutlich mehr als Schilling, die auf 13.648 Stimmen kommt. Auch in Salzburg, Oberösterreich und Niederösterreich hat er Schilling laut der vorläufigen Ergebnisse übertrumpft. 

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Sollte es in den restlichen Bundesländern keinen gravierend gegenläufigen Trend geben und Waitz mehr Vorzugsstimmen als Schilling erhalten, wäre er automatisch Listenerster. Ob er dann auch Delegationsleiter wird – Waitz und Schilling werden die Grünen im EU-Parlament zu zweit vertreten – entscheiden nach wie vor die Grünen. 

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Die wollen sich auf Nachfrage noch nicht festlegen. Das weitere Vorgehen werde nun besprochen, Details sollen am Dienstag folgen. 

Waitz hatte bereits vor zwei Wochen angekündigt, "selbstverständlich" als Delegationsleiter zur Verfügung zu stehen, sollte er viele Vorzugsstimmen sammeln. Laut KURIER-Informationen weist die Tendenz klar in Richtung von Waitz, der auch Co-Vorsitzender Europäischen Grünen ist.

Auch andere Länder eher pro Waitz

In Salzburg war Vilimsky "Vorzugsstimmen-Kaiser". Mit 4.158 Vorzugsstimmen heimste er laut vorläufigem Ergebnis aus allen 119 Gemeinden landesweit die meisten Nennungen ein, das waren genau zwei Drittel aller 6.244 FPÖ-Vorzugsstimmen. Lediglich bei den Grünen lag der Listenzweite Thomas Waitz so wie in Wien auch in Salzburg mit 3.277 Nennungen deutlich vor der Listenersten Lena Schilling, die es auf 2.065 Vorzugsstimmen brachte.

Die zweitmeisten Stimmen im Land an der Salzach holte ÖVP-Frontmann Reinhold Lopatka mit 3.552 Nennungen, Platz 3 geht an Waitz. Mit 2.438 Vorzugsstimmen folgt auf Platz 4 SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder, gefolgt vom NEOS-Listenersten Helmut Brandstätter mit 2.156 Nennungen. Schilling landete auf Rang 6.

Ebenfalls noch ein vierstelliges Ergebnis schafften der Landwirt Alexander Bernhuber von der ÖVP (1.433, Platz 7), der Salzburger ÖVP-Spitzenkandidat Jurica Mustac (1.343, Platz 8) und DNA-Listenerste Maria Hubmer-Mogg (1.062, Platz 9). Bei der KPÖ blieb Spitzenkandidat Günther Hopfgartner mit 311 Vorzugsstimmen als einziger Spitzenkandidat dreistellig, er lag damit auch hinter dem Salzburger Parteichef Kay-Michael Dankl (386).

Auch in Oberösterreich hat bei den Grünen die Nummer zwei, Thomas Alexander Waitz, Spitzenkandidatin Lena Schilling den Rang abgelaufen. In allen fünf Wahlkreisen landete der steirische Bio-Bauer und EU-Parlamentarier vor der Klimaaktivistin. Insgesamt hieß das in Vorzugsstimmen 10.356 zu 6.747 für Waitz.

Angela Winzig, die einen Vorzugsstimmenwahlkampf mit Oberösterreich-Bezug geführt hatte, fuhr das stärkste Vorzugsstimmenergebnis bei den Schwarzen und überhaupt im Bundesland ein: Sie kam auf 35.471. FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky sammelte in allen oberösterreichischen Wahlkreisen am meisten Vorzugsstimmen bei den Blauen, insgesamt 15.569. SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder schaffte 10.423.

Auch in NÖ, Steiermark und Vorarlberg vor Schilling

In Niederösterreich hat Waitz im Vergleich zu Schilling in Sachen Vorzugsstimmen ebenfalls die Nase vorne. Der Listenzweite der Grünen kam laut dem am Montagnachmittag veröffentlichen vorläufigen Ergebnis auf 11.896 Nennungen, was landesweit Platz drei bedeutete. Bei Schilling waren es 7.710.

Im Bundesland mit der größten Zahl an Wahlberechtigten erreichte generell der dem niederösterreichischen Bauernbund entstammende Alexander Bernhuber (ÖVP) mit 32.658 die meisten Vorzugsstimmen. FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky sammelte 18.765 Nennungen, auf Rang vier kam der in Gerasdorf ansässige ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl (11.865). Der SPÖ-Listenerste Andreas Schieder erreichte mit 10.866 Stimmen Platz fünf. Helmut Brandstätter von den NEOS kam auf 8.763 Nennungen, ÖVP-Frontmann Reinhold Lopatka auf 8.643. Vor dem Duo landete der niederösterreichische EU-Abgeordnete Günther Sidl (SPÖ) mit 8.776 Stimmen.

Im Land an Mur und Mürz spielte der Grüne Steirer Thomas Waitz seinen Heimvorteil voll aus: Der im südsteirischen Leutschach ansässige Landwirt und Listenzweite lukrierte 10.945 Vorzugsstimmen. Listenerste Lena Schilling kam nur auf weniger als die Hälfte, nämlich 5.200, die Listendritte und Linzerin Ines Vukajlović immerhin auf 1.088. Unangefochtener Vorzugsstimmenkönig in der Steiermark ist der Oststeirer und ÖVP-Listenerste Reinhold Lopatka mit 20.042. SPÖ-Spitzenmann Andreas Schieder konnte 6.278 Wähler vorzugsweise überzeugen, die aus dem weststeirischen Edelschrott stammende Elisabeth Grossmann 3.377 Wähler - damit lag sie in der Grünen Mark noch vor der Listenzweiten, der Wienerin Evelyn Regner (1.014).

FPÖ-Spitzenmann Harald Vilimsky erreichte 9.672 Vorzugsstimmen, der aus dem Weinbauort Kitzeck stammende Listendritte Georg Mayer 1.035. Ein besonderes Zeichen der Zuneigung der blauen Wähler erhielt Landesparteichef und Klubobmann Mario Kunasek mit 2.015 Stimmen, dem zweitmeisten Anteil für blaue Kandidaten in der Grünen Mark. NEOS-Frontmann Helmut Brandstätter bekam 5.984 Vorzugsstimmen von den Steirern, Listenzweite Anna Stürgkh 704. DNA-Listenführerin Maria Hubmer-Mogg erhielt als Grazerin beachtliche 3.423 Stimmen. Bemerkenswert: KPÖ-Listenerster Günther Hopfgartner holte in der Steiermark 927 Stimmen - die Listenletzte auf Platz 42, die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr, hängte ihn mit 1.101 Vorzugsstimmen deutlich ab.

In Vorarlberg konnte FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky die meisten Vorzugsstimmen für sich verbuchen, nämlich 3.352. Damit lag er knapp vor Thomas Waitz, der bei den Grünen mit 3.093 mehr Vorzugsstimmen erreichte als Lena Schilling (2.350). ÖVP-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka kam in Vorarlberg auf 2.283 Vorzugsstimmen, SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder auf 1.646.

Nur wenige haben die Grünen wegen Schilling gewählt

Von Seiten der Grünen wollte man das weitere Procedere Montagvormittag noch nicht kommentieren. Fest steht, dass die Debatte über Lena Schillings Charakter den inhaltlichen Wahlkampf der Grünen überschattete. Unter jenen Parteien, die ins EU-Parlament eingezogen sind, ist Schilling laut Wahltagsbefragungen die Spitzenkandidatin, die als "Wahlmotiv" am unwichtigsten für die Grünen-Wähler war. 

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Das Top-Wahlmotiv der Grünen-Wähler war der Kampf für Klima- und Umweltschutz. Bevor die "Causa Schilling" publik wurde, bewegten sich die Grünen in Umfragen noch Richtung 15 Prozent. Dass sie schlussendlich bei 10,9 Prozent gelandet sind, kann demnach als "blaues Auge" gewertet werden.