UVP-Großprojekte sollen durch kürzere Einspruchsfristen beschleunigt werden
Von Bernhard Gaul
Ein kleines Gesetz könnte der große Hebel für eine erfolgreiche Energiewende im Strombereich sein. Derzeit ist es oft auch ein Bremshebel: die UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung). Bei fast allen größeren Eingriffen in die Natur – ob neue Wasserkraftwerke oder Logistikzentren – wird auch nach EU-Recht eine Prüfung notwendig, ob die Umweltstandards eingehalten werden.
Wichtig sind die UVP-Verfahren, da bis 2030 für rund 27 TWh (ein Viertel unseres derzeitigen Strombedarfs) Ökostromanlagen gebaut werden müssen, also entsprechend viele neue Windkraftanlagen und PV-Parks (und möglicherweise auch einige Wasserkraftprojekte).
Obwohl diese Verfahren im Durchschnitt weniger als ein Jahr benötigen (7,2 Monate), können sie bei großen Projekten auch deutlich länger dauern, was die Projekte nicht nur verzögert, sondern auch viel teurer macht. Bekannteste Beispiele dafür sind die Pumpspeicherprojekte im Kaunertal und im Kühtai (Tirol) mit fast zehn Jahren Verfahrensdauer oder die Salzburger Hochspannungs-Ringleitung (96 Monate).
Energie- und Klimaministerin Leonore Gewessler hatte eine Arbeitsgruppe aus Praktikern eingesetzt, um Vorschläge für eine Gesetzesreform zu bekommen. Diese liegt seit heute, Mittwoch, vor.
Gewessler pocht dabei einmal mehr auf die größeren Ziele, nämlich den Umweltschutz hochzuhalten und den Bodenverbrauch, der in Österreich noch immer sehr hoch ist, zu reduzieren. Was nicht nach einer echten Beschleunigung der Verfahren klingt.
Doch mit drei weiteren Maßnahmen soll das dann doch gelingen:
Erstens greift das Klimaministerium eine große Kritik der Projektbetreiber auf: Es braucht mehr fachkundiges Personal – in den UVP-Behörden, in den Sachverständigendiensten und beim Bundesverwaltungsgerichtshof, wo diese Verfahren sehr oft landen. So soll es etwa einen Bundespool an Sachverständigen geben (derzeit hat jedes Bundesland seinen eigenen Pool an Experten).
Problematisch daran ist, dass mehr Personal mehr Ressourcen braucht, und das nicht unbedingt im Einflussbereich von Gewessler liegt, sondern bei den Ländern. Gewessler erklärte, sie wolle sich dafür jedenfalls stark machen.
Zweitens solle es eine bessere Verfahrensstruktur geben, auch das ein Wunsch der Projektbetreiber. „Angemessene Fristen“ sollen die Verfahren „übersichtlicher“ und effizienter machen. Konkretes Problem ist, dass diese Verfahren von Umweltverbänden oder Privatpersonen in jedem Verfahrensschritt beeinsprucht werden können. Die Projektbetreiber geben an, nicht gegen Bürgerbeteiligungen zu sein, erhoffen sich aber ein strafferes Regime, wann keine neuen Einsprüche mehr zu einem Projekt gemacht werden können. Genau das soll jetzt umgesetzt werden.
Drittens soll es eine bessere Begleitung der Projekte schon vor der Einreichung geben. Denn einige überlange Verfahren, so die Kritik, sollen teils nicht ordentlich eingereicht worden sein, weil grundlegende Dokumente fehlten. Es soll den Projektwerbern also unter die Arme gegriffen werden.
Die Vorschläge sollen in ein neues Gesetz münden, ein Entwurf soll „in den kommenden Monaten“ vorliegen, heißt es aus Gewesslers Ministerium.
Offen ist, ob das reicht, um die Mammutaufgabe Stromwende bis 2030 zu schaffen. Ziel ist, bis dahin den Strom bilanziell nur mehr aus Erneuerbaren Quellen zu erzeugen, wobei mit „bilanziell“ zugegeben wird, dass in den kalten Wintermonaten weiter Strom entweder aus Gaskraftwerken oder aus Stromimporten gedeckt werden soll. Eine Reform des UVP-Gesetzes wird wohl kaum vor 2023 in Kraft treten.