Politik/Inland

Umweltverfahren: Regierung und NGOs seit Monaten im Clinch

Die heimische Zivilgesellschaft ist „eingeengt“: Das behauptet das globale Netzwerk „ “ – und stufte Österreich deswegen in seinem jährlichen Offenheits-Monitoring ab.

Aber stimmt das? Werden die Rechte engagierter Bürger unter Türkis-Blau eingeschränkt? Sind die NGOs deswegen am Abstellgleis?

Gleich vorweg: So weit sind wir zum Glück noch nicht. Aber der Bruch mit der Konsensdemokratie sozialpartnerschaftlicher Prägung macht vor keinem Bereich halt. Insbesondere nicht auf dem Gebiet des Umweltschutzes. In keinem anderen Sektor standen NGOs in den vergangenen Monaten derart unter Druck.

Erst stellte Türkis-Blau das umstrittene Standortentwicklungsgesetz vor, das am Freitag den Wirtschaftsausschuss passierte. Dann folgte die Novelle zur Umweltverträglichkeitsprüfung, die die Mitwirkungsrechte von Umweltschützern einschränkt.

 

Die Regierung argumentiert, Genehmigungsverfahren müssten schneller werden. Es könne nicht sein, dass es wie im Fall des Grazer Murkraftwerks Jahre dauere, bis UVP-Verfahren abgeschlossen werden, das sei wirtschaftsfeindlich.

Das große Ganze

So sieht das auch Josef Kalina. Der PR-Berater war beim Murkraftwerk engagiert. Im KURIER-Talk fordert er, „das große Ganze in den Mittelpunkt zu stellen“. Bei jedem Projekt gebe es jemanden, der es verhindern wolle. Man könne nicht für erneuerbare Energie sein, aber gleichzeitig Wasserkraftwerke, Windparks und Stromleitungen bekämpfen. Die Genehmigungen dauerten viel zu lange, meint Kalina.

Umweltschützerinnen wie Leonore Gewessler von Global 2000 spielen den Ball zurück: Vor allem unvollständige Unterlagen der Projektwerber seien an den langen Verfahren schuld. Liegen alle Unterlagen vor, dauern UVP-Verfahren im Schnitt nur zehn Monate, bestätigt auch der UVP-Bericht 2018 des Umweltministeriums.

 

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Nicht nur auf inhaltlicher Ebene treten die Konfliktlinien hervor. Auch die Atmosphäre zwischen Ministerien und NGOs ist schlecht wie nie – monieren zumindest letztere. „Es wird versucht, die Organisationen auf allen Ebenen zu schwächen, teilweise auch zu schikanieren, weil unsere Anliegen mit der Agenda der Regierung nicht kompatibel sind“, sagt Hanna Simons vom WWF. Mit früheren Regierungen habe man „konstruktiv streiten“ können, Türkis-Blau verstehe hingegen die Rolle der kritischen Zivilgesellschaft nicht – und sei NGOs gegenüber entsprechend misstrauisch.

Skandal als Geschäft?

„Ein solides Arbeitsverhältnis zu den Umweltorganisationen“ sieht man hingegen im Umweltministerium. Man sei „um ein sachliches und konstruktives Gesprächsklima bemüht“, lehne jedoch die „stete Skandalisierung von Umweltthemen“ ab. Diese gehöre „bei manchen NGOs leider zum Geschäftsmodell“. Dessen ungeachtet gebe es aber einen „regelmäßigen Austausch“.

Den bestreiten die Umweltschützer auch gar nicht – sehr wohl aber dessen Wirkung. Die Regierung sei „durchaus bemüht, bei heiklen Angelegenheiten vorher die Umweltorganisationen zu hören, das muss man zugestehen“, sagt Thomas Mördinger vom NGO-Dachverband „Ökobüro“. „Allerdings ist es so, dass relativ wenig von dem, was wir sagen, tatsächlich auch ankommt.“

 

Also ein Pflanz?

Nein, sagen die zuständigen Ministerien. „Dass einer Umweltorganisation immer alles zu wenig ist, liegt in deren Natur“, sagt Daniel Kosak aus dem Umweltressort.

Etwas knackiger formuliert das Kalina: „Manche würden auf der Republik gerne das Schild anbringen: Wegen Wohlstands geschlossen.“