Politik/Inland

U-Ausschuss: Benko sagte mehr als erwartet und erntet eine Beugestrafe

Er trägt einen schwarzen Anzug, ein strahlend weißes Hemd, dazu graue Krawatte und Manschettenknöpfe: Rein äußerlich ist alles wie immer bei René Benko. Das Outfit: klassisch. Der Teint: tadellos.

Die selbst ernannten Insider, die in den vergangenen Wochen gewusst haben wollen, dass der Gründer des SIGNA-Konzerns seit längerer Zeit „schlecht aussehe“, sehen ihrerseits alt aus, denn: Es ist offenkundig nicht so. Optisch kann man dem 46-Jährigen nicht anmerken, dass er im Zentrum der größten Pleite in der Wirtschaftsgeschichte der Zweiten Republik steht.

Genau das war ja zuvor auch sein Argument gewesen, warum er als Auskunftsperson ursprünglich nicht in den Cofag-Untersuchungsausschuss kommen wollte. Denn wie sollte er sich in diesem Gremium entsprechend den Regeln entschlagen und sich selbst vor einer Strafverfolgung schützen, wenn nicht einmal er selbst weiß bzw. den Überblick verloren hat, was und wie die Justiz gerade gegen ihn ermittelt?

Benkos Strategie

Im Parlament am Ring wurde Benkos Haltung zwar verstanden, aber nicht geteilt. Und so haben die Abgeordneten dem Unternehmer die polizeiliche Vorführung angedroht, sollte er weiter nicht zur Befragung kommen. 

Soweit kam es dann freilich doch nicht.

Benkos Rechtsanwalt und Vertrauensperson Norbert Wess ließ den KURIER schon vor Tagen wissen, dass sein Mandant noch am Vorabend der parlamentarischen Befragung in Wien sein werde – nur damit auch formal kein Anlass besteht, Benko allenfalls aus Tirol vorführen zu lassen.

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Bei seinem Auftritt im Hohen Haus gibt sich der Investor weniger wortkarg als andere Auskunftspersonen. Und er tut das vermutlich einzig Richtige in einer desperaten Situation wie der seinen: Er geht nicht auf Konfrontation oder Angriff, sondern versucht nach Kräften zu vermitteln, dass er gern Auskunft geben würde, wären da nicht die vielen, ziemlich verworrenen Ermittlungen der Justiz. Man erinnert sich: In der SIGNA spricht man von mehreren hundert Gesellschaften, einzelne davon sind mit Milliarden verschuldet.

All das ist, und auch das muss man wissen, im Hohen Haus an diesem Tag aber nicht Thema. Darf es auch nicht sein, Verfahrensrichterin Christa Edwards sagt gleich zu Beginn der mehrstündigen Befragung, dass weder das Strafverfahren noch gesellschafts- oder steuerrechtliche Details zur Debatte stehen.

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Viel Austausch mit dem Anwalt

Denn selbst wenn es die Öffentlichkeit interessiere, sei das Insolvenzverfahren der Signa nicht Gegenstand der parlamentarischen Untersuchungen. Hier, im Hohen Haus, zähle eine und nur diese eine Frage: Gab es für Personen wie ihn, Benko, in der Verwaltung eine bevorzugte Behandlung, sprich: Wurden Wohlhabende etwa vom Finanzministerium besser behandelt als andere Staatsbürger?

Anwalt Wess sitzt bei der Befragung neben Benko. Er ist das, was hier offiziell Vertrauensperson heißt. Weiß Benko nicht weiter, darf er Wess um Rat fragen. 

Bisweilen tauschen sich die beiden so intensiv aus, dass der Vorsitzende im U-Ausschuss, Norbert Hofer, die Sitzung unterbricht. Doch das klingt schlimmer, als es ist. Denn Benko eckt nicht an, im Gegenteil: Er spricht ruhig mit leichter Tiroler Färbung und bleibt stets höflich.

Entschlagung folgt auf Entschlagung

In der Sache kann er nur wenig zur Aufklärung beitragen. An einer Stelle wird er gefragt, ob er Politkern – im Gegenzug für eine bessere Behandlung bei Behördenverfahren – einen Job bei Signa versprochen hat. 

An einer anderen Stelle soll er sagen, mit welchen Politikern er in seinem Chalet N (privat?) Zeit verbracht hat. 

Genau an diesen Punkten wird es für ihn brenzlig bzw. auch wieder nicht. Denn da es sich dabei um exakt den Vorhalt handelt, den auch die Justiz überprüft, muss der unter Wahrheitspflicht stehende 46-Jährige nicht ins Detail gehen. „Ich entschuldige mich, aber hier muss ich mich entschlagen“, sagt er. 

In einem Fall darf er sich aber nicht entschlagen: Der Frage, wen er  im Chalet N getroffen oder wer dort genächtigt hat. Weil Benko eine Nachfrage zu Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) partout nicht beantworten will, kündigt Verfahrensvorsitzender Norbert Hofer (FPÖ) an, eine Beugestrafe zu beantragen. 

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An vielen anderen Stellen der Befragung geht es darum, Benkos Rolle und Macht im Signa-Konzern zu klären.

"Faktischer Geschäftsführer" oder nicht?

Da geht es etwa um „umfangreiche Verfahren mit Abu Dhabi bis hin zu einem Schiedsgerichtsverfahren“, in dem er, Benko, beklagt werde, obwohl er nicht Chef der Signa Holding ist oder war. Benkos Position gegenüber der Justiz – und damit auch im U-Ausschuss – ist einfach: Er war nicht mehr operativ in der Signa tätig, kurzum: Er war in Entscheidungen, die möglicherweise zu Insolvenzen geführt haben, so nicht eingebunden.

Das ist insofern wichtig, als Benko von Gläubigern und der Justiz ja vorgeworfen wird, „faktischer Geschäftsführer“, also so etwas wie der eigentlich mächtige Mann im Hintergrund zu sein. Wer faktischer Geschäftsführer ist, der haftet auch. Und weil Benko dies vermeiden muss, geht er bei keiner Frage, die dieses Thema streift, ins Detail.

„Für jemanden, der nicht faktischer Geschäftsführer ist, wissen sie aber relativ viel über die Verfahren“, ätzt die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli.

Benko kontert , dass er in diversen Verfahren persönlich auf hunderte Millionen Euro geklagt worden sei. „Da beschäftigt man sich im Detail mit den Themen.“