Politik/Inland

SPÖ-Wien vertagt Personaldebatte

Die Berge kreißten, und ein Mäuslein wurde geboren.

Selten hat dieser Spruch so gepasst wie auf die von Bürgermeister Michael Häupl angekündigte Umbildung seiner Stadtregierung.
In der KURIER-Ausgabe vom 4. Jänner hatte der Bürgermeister einen großen Umbau der Stadtregierung für Jänner 2017 angekündigt. „Die Regierungsumbildung kommt. Wir werden in der Vorstandstagung darüber reden, am Parteitag wäre das eindeutig zu spät. Wenn es neue Stadträte gibt, sollen sich diese inhaltlich bereits bei der Klubtagung im März präsentieren können.“

Herausgekommen ist eine schlichte Nachbesetzung von Sonja Wehselys Posten als Gesundheitsstadträtin. Dass dieser Posten überhaupt vakant wurde, ist auch nicht auf eine Initiative des Bürgermeisters zurück zu führen, sondern auf den Umstand, dass Wehsely ihrer Demontage durch die Außenbezirks-Rebellen zuvor kam, indem sie ihren Rücktritt einreichte.

> > Kommentar von Michael Jäger: "Häupl, der Minimalist"

Job-Hoppen

Eine Neuerung ist die Nachbesetzung des Wehsely-Postens im übrigen auch nicht. Es ist lediglich ein Job-Hoppen. Sandra Frauenberger, derzeit Bildungsstadträtin, wechselt ins Wehsely-Ressort. Ihr folgt Stadtschulratspräsident Jürgen Czernohorsky nach. An die Spitze des Stadtschulrats steigt der Lehrer und Gewerkschafter Heinrich Himmer auf. (Die Porträts lesen Sie jeweils unten)

Beide Bildungspolitiker können den Flächenbezirken zugerechnet werden. Czernohorsky ist aus Penzing, Himmer aus Simmering. Entsprechend gut gelaunt waren die Rebellen aus den Außenbezirken bei der Vorstandsklausur der SPÖ-Wien am Freitag. Sie laufen ja seit einem Jahr gegen Häupls rot-grünes Regierungsteam Sturm und verlangen sowohl einen Personal- als auch einen Politikwechsel. Ihnen ist die akzentuierte rot-grüne Stadtpolitik ein Dorn im Auge. Sie fühlen sich durch die FPÖ-Konkurrenz unter Druck und wollen mehr Law & Order im Stil der rot-blauen burgenländischen SPÖ.

Anführer der Außenbezirks-Rebellen ist Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Ihm genügen die Personaländerungen nicht. „Bis zum Parteitag müssen weitreichende Entscheidungen getroffen werden“, sagt Ludwig. Er fordert Häupl zwar nicht offen zum Abgang auf, aber er legt ihm in einer Politiker-Sprechformel den Rückzug nahe: Häupl müsse „für sich entscheiden“, was er tue.

Häupl hat mehrfach angekündigt, auf dem SPÖ-Wien-Parteitag am 29. April erneut zum Parteichef kandidieren zu wollen.

Vertagung

In einem Pressegespräch in einer Sitzungspause bestätigte Häupl die Personalveränderungen in Stadtregierung und Stadtschulrat und sagte: „Die Personaldiskussion wird beendet. Die Wiener SPÖ hat ein Schauspiel geboten, das ihrer nicht würdig ist.“ Sie müsse für die bevorstehenden Nationalratswahlkampf wieder kampffähig sein.

In der Sitzung habe man sich einstimmig (bei einer Enthaltung) auf die erwähnte Personalrochade verständigt. Darüber hinaus wird ein siebenköpfiges Gremium eingesetzt, das den Parteitag am 29. April vorbereiten soll. Laut Häupl wird dieses Gremium einen „Weg zum Miteinander, zur Freundschaft“ unter den Genossen suchen. Personalia seien – zumindest aus seiner Sicht – nicht der Zweck des Gremiums. Dennoch konnte Häupl weder eine Fortdauer der Nachfolgedebatte um seine Person noch einen weiteren Umbau der Stadtregierung ausschließen.

Damit ist die Debatte in Wien wohl prolongiert. Einer will daran definitiv nicht mehr teilnehmen: Andreas Schieder sagt, er bleibe Klubobmann im Parlament und wechsle nicht in die Wiener Stadtpolitik.

Jürgen Czernohorszky gilt schon länger als Nachwuchshofnung der Wiener SPÖ. Spätestens 2015 als der Gemeinderat zum Stadtschulratspräsidenten gewählt wurde, ist Czernohorszky in der Wiener Spitzenpolitik angekommen. Er löste Susanne Brandsteidl ab. Nun dürfte er Bildungsstadtrat werden.

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Der nun 39-jährige Penzinger wuchs in Wien und Hartberg in der Steiermark auf, wo er auch maturierte. Das Thema Bildung begleitet den verheirateten Vater zweier Mädchen seit seiner Jugend: Der Gemeinderat engagierte sich als Schulsprecher, in der Österreichischen Hochschülerschaft, im Bildungsausschuss des Gemeinderats, beim ehrenamtlichen Aufbau einer Kinder- und Jugendgruppe und als Fraktionsführer im Stadtschulratskollegium für die Bildung.

Czernohorszky war seit 2011 als Bundesgeschäftsführer der Kinderfreunde, der größten Kinder- und Familienorganisation Österreichs, tätig. Sein Studium der Soziologie an der Universität Wien schloss er 2008 ab.

Beruflich begann das Engagement der neuen Gesundheitsstadträtin Sanda Frauenberger 1984 mit den Eintritten in die Länderbank und in die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA). Innerhalb der Gewerkschaft stieg sie von der Jugendreferentin zur Frauensekretärin und 1999 schließlich zur Leiterin der Bundesfrauenabteilung auf. Ab 2004 saß sie überdies im Bundesvorstand des ÖGB und im GPA-Bundespräsidium. Im Juni 2006 übernahm sie für ein Jahr auch den Vorstandsvorsitz des Wiener Arbeitnehmerförderungsfonds (WAFF).

Ihre politische Heimat hat Frauenberger - ebenso wie Parteikollegin Renate Brauner - in der SPÖ-Margareten. Dort ist sie seit 1997 aktiv, als sie zum Mitglied des Bezirksfrauenkomitees avancierte. 2001 stieg sie in die entscheidenden Bezirksgremien auf, 2009 löste sie Brauner als Vorsitzende ab. Im Wiener Gemeinderat besitzt sie seit 2001 ein Mandat. Im Jänner 2007 wurde sie als Nachfolgerin von - damals schon - Sonja Wehsely amtsführende Stadträtin.

Zu Frauenbergers bisheriger Leistungsbilanz zählt die Gründung der „Wiener Zuwanderungskommission“ - ein Expertengremium, das Empfehlungen in Sachen Zuwanderung erarbeitete, die der Stadt als Leitfaden für die Gestaltung der Migrationspolitik innerhalb der nächsten zehn Jahre dienen soll. Zudem fällt unter ihre Amtszeit das Schnüren zahlreicher Pakete, so das „Verpartnerungspaket“ zur Umsetzung der eingetragenen Partnerschaft oder das „Tierschutzpaket“, in dessen Mittelpunkt die artgerechte Tierhaltung stand.

Auch die Novellierung des Prostitutionsgesetzes oder die „Wiener Charta“ wurden umgesetzt. In letzterer wurden mittels Bürgerbeteiligung die Grundsätze für ein gutes Zusammenleben in der Stadt festgeschrieben.

Frauenberger gilt als begeisterte Rot-Grün-Anhängerin. Wenig Freude bereiteten ihr zuletzt hingegen die lieben Kleinen: Egal ob Trouble-Shooting nach einer brisanten Studie zu Islam-Kindergärten gefragt war oder die Konkurse privater Betreiber abgefedert werden mussten - die Betreuungseinrichtungen für die Kids wuchsen sich quasi zum Dauerthema aus. Umfangreich waren auch die Maßnahmen zur Flüchtlingsintegration. Dass junge Muslime das Prinzip der offenen Gesellschaft nicht zur Gänze verinnerlicht haben, wurde nach einer von Frauenberger initiierten Erhebung in Wiener Jugendzentren deutlich.

Die verheiratete Mutter zweier Söhne wurde am 22. September 1966 in eine Simmeringer Arbeiterfamilie geboren. Erstmals politisch aktiv wurde Frauenberger als 16-Jährige, bei einer Friedensdemo gegen den Kalten Krieg. Entspannung findet Frauenberger eigenen Angaben zufolge beim Radiohören, bei der Lektüre - etwa von Simone de Beauvoir - sowie beim Laufen.

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Ein Lehrergewerkschafter und Vertreter des Flächenbezirks Simmering wird - höchstwahrscheinlich - künftig an der Spitze des Wiener Stadtschulrats stehen: Heinrich Himmer, GÖD-Vorstandsmitglied und FSG-Vorsitzender der BMHS-Gewerkschaft, wird nach nur etwas mehr als einem Jahr das Amt vom angehenden Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky übernehmen.

Himmer ist laut Angaben auf seiner Homepage seit Oktober 2016 Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und im Vorstand der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter/innen. Seit 2012 ist er FSG-Vorsitzender der Gewerkschaft der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen.

2008 begann er als Lehrer für wirtschaftliche Gegenstände an der Schumpeter Handelsakademie und Handelsschule zu arbeiten und ist auch in der Lehrerbildung tätig. Wie Czernohorszky ist Himmer bei den Kinderfreunden engagiert.

Davor war der ausgebildete Mediator auch schon in der Studienvertretung an der Wirtschaftsuni Wien und später in der Jungen Generation in der SPÖ aktiv.

Mit Häupl ist Himmer in der Vergangenheit bereits aneinandergeraten. Nach dessen Sager über die Lehrerarbeitszeit ("Wenn ich 22 Stunden in der Woche arbeite, bin ich Dienstagmittag fertig") hatte Himmer ihm vorgeworfen, immer wieder "mediale Rülpser" loszulassen, viele Lehrer würden deshalb den Parteiaustritt überlegen.