Politik/Inland

Karmasin rüttelt an ÖVP-Tabu

Seit dem Jahr 2010 gibt es die eingetragene Partnerschaft für homosexuelle Paare. Die Gleichstellung mit der Ehe lässt weiter auf sich warten. Das beginnt schon beim Ort der Zeremonie.

ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin trat am Samstag im ORF-Radio für die Verpartnerung auf dem Standesamt ein – bisher ein Tabu in der Volkspartei.

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Die Ehe und das Standesamt sind für Familien, gebildet von Mann und Frau. Homosexuelle Familien gibt es nicht, sagt die Volkspartei traditionell. Die "Partner" bekommen daher auf dem Magistrat oder auf der Bezirkshauptmannschaft auch keinen gemeinsamen Familiennamen, sondern – wenn sie das wünschen – bloß einen gemeinsamen Nachnamen. Auch das will Karmasin ändern.

Nichts ändern will sie vorerst beim Adoptionsrecht. Karmasin fordert aber zumindest Erleichterungen für homosexuelle Pflegeeltern.

Zu all diesen Fragen kündigte die VP-Ministerin ein Roundtable-Gespräch in den kommenden zehn Tagen an. Teilnehmen sollen die zuständigen ÖVP-Minister, Wolfgang Brandstetter (Justiz) und Johanna Mikl-Leitner (Inneres) sowie Vertreter der Schwulen- und Lesben-Organisationen.

Die Namensfrage ist "im Sinne der Öffnung des Familienbildes" mit ÖVP-Chef Michael Spindelegger abgesprochen, der über die Parteilinie hinausgehende Wunsch nach dem Standesamt nicht, sagt Karmasin. Ein Ergebnis erwartet sie sich bis zum Sommer.

"Wir sind offen für eine Diskussion. Die Einrichtung eines runden Tisches, bei dem drei ÖVP Ministerien konkrete Vorschläge erarbeiten, ist eine gute Idee. Wir werden uns die gemeinsam erarbeiteten Vorschläge dann gerne im Detail ansehen", sagte Spindelegger-Sprecherin Michaela Berger in einer ersten Reaktion zum KURIER.

"Zu Mann und Mann"

Der einzige VP-Politiker, der sich zuletzt vorwagte und das Standesamt für alle forderte, war der Wiener Parteichef Manfred Juracka vor einem Jahr. Zwischenzeitlich wird ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes in dieser Frage erwartet. Die Opposition ätzt: Karmasin wolle nur einer Blamage vor dem Höchstgericht zuvorkommen.

Im Ausland ist man teils viel weiter: In England und Wales haben Homosexuelle seit Samstag das Recht Ehen zu schließen. Schottland will im Oktober nachziehen.

"Hiermit erkläre ich Sie rechtmäßig zu Mann und Mann", sagte Standesbeamtin Gina Wheeler am Samstag wenige Minuten nach Mitternacht im Rathaus von Islington in London. Die Angesprochenen, Peter McGraith und David Cabreza, schrieben Geschichte: 17 Jahre hatte das Paar darauf gewartet, heiraten zu können.

Und Großbritanniens konservativer Premier David Cameron hielt in einem Artikel für PinkNews fest: "Das ist ein wichtiger Moment für unser Land. Wenn Liebe durch das Gesetz verhindert wird, muss das Gesetz geändert werden."