Politik/Inland

"Sonne schickt uns keine Rechnung, Putin schon": UVP-Novelle beschlossen

Der Nationalrat hat heute, Mittwoch, eine Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes beschlossen, mit den Stimmen aller Fraktionen außer der FPÖ.

Die Genehmigung von Vorhaben der Energiewende soll damit beschleunigt werden. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) zeigte sich abends im Parlament - wie auch schon morgens nach dem Ministerrat - begeistert von den "wirklich guten Nachrichten für die Erneuerbaren in unserem Land".

Die Novelle des UVP-Gesetzes sieht vor, dass Verfahren künftig effizienter abgewickelt und unnötige Doppelprüfungen vermieden werden. Eine fehlende Energieraumplanung in einem Bundesland kann künftig die Errichtung von Windrädern nicht mehr blockieren.

Denn, so die Argumentation des Klimaschutzministeriums: Die Eignung des Standorts wird ohnehin im UVP-Verfahren geprüft, und auch die Zustimmung der Gemeinde wird dabei eingeholt. Generell wird Vorhaben der Energiewende ein hohes öffentliches Interesse zugeschrieben.

Landschaftsbild

Abgeschafft wird, dass in den Verfahren mehrmals die gleiche Frage geprüft wird, etwa was das Landschaftsbild betrifft. Zur Verfahrensbeschleunigung soll auch beitragen, dass Projektwerber künftig für Ausgleichsflächen auch einen finanziellen Ausgleich leisten können.

Weiters werden (Blanko-)Beschwerden keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Mehr Bedeutung bekommt auch der Bodenschutz, entsprechende Konzepte müssen bei Einreichungen vorgelegt werden. Große Flächen für Chalet-Dörfer oder Parkplätze einfach zuzubetonieren, soll ohne Prüfung nicht mehr möglich sein.

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"Mit diesem Strom kann man uns nicht mehr erpressen"

Gewessler war sichtlich erfreut, dieses Thema zu Ende bringen zu können. Das Gesetz sei die Basis "für den Erneuerbaren-Turbo", bekräftigte sie im Nationalrat, was sie schon nach der Regierungssitzung erläutert hatte.

Angesichts der durch den Ukraine-Krieg sichtbar gewordenen Abhängigkeit des Energiesystems von Fossil-Importen und der Unsicherheit, wenn Lieferungen ausbleiben, sei es wichtig, möglichst viel Energie im eigenen Land zu erzeugen. "Denn mit diesem Strom kann man uns nicht mehr erpressen", so die Klimaschutzministerin: "Die Sonne schickt uns keine Rechnung in Österreich, Vladimir Putin schon."

FPÖ dagegen

Die UVP-Novelle sei der logische nächste Schritt, nachdem mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz die Grundlage geschaffen worden sei. Man komme auf die "Überholspur für die Energiewende", schaffe eine bessere Struktur für die Verfahren und mehr Sicherheit für die Bewerber. "Ich bin deswegen der festen Überzeugung, dass dieses Gesetz ein wichtiger und großer Schritt für unser Land ist", so das Fazit Gewesslers.

Mitgetragen haben den Beschluss im Nationalrat nicht nur der Koalitionspartner ÖVP, sondern auch die zwei Oppositionsparteien SPÖ und NEOS. Einzig die FPÖ war dagegen - mit der Begründung, dass dem Klimaschutz "alles geopfert" werde, auch Umwelt- und Naturschutz.

Reaktionen

Lobend äußerte sich die Generalsekretärin von Österreichs Energie, Barbara Schmidt: "Die Novelle enthält zahlreiche Verbesserungen zur Beschleunigung von Energiewende-Projekten", wurde sie in einer Aussendung zitiert. Die Regelung bringe eine klarere Strukturierung des Verfahrens, die Einführung verbindlicher Verfahrensfristen sowie Personalaufstockungen bei Behörden und Gerichten.

Zudem begrüße die E-Wirtschaft das Ende der aufschiebenden Wirkung bei Blankobeschwerden. "Wir sind zuversichtlich, dass diese Neuerungen zu deutlich schnelleren Verfahren führen werden."

 

Kritik an der Novelle kam hingegen vom Niederösterreichischen Gemeindebund. Dieser sieht in der Regel, wonach künftig auch ohne Flächenwidmung eine UVP-Bewilligung möglich ist, einen "Anschlag auf die Gemeindeautonomie" und einen "Verfassungsbruch, weil damit die örtliche Raumordnungskompetenz der Gemeinden, die in der Verfassung festgeschrieben ist, ausgehebelt wird", so NÖ-Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl laut Aussendung.

Die Umweltorganisation VIRUS hingegen bezeichnet genau diese Bestimmung als "vom Ansatz her genial", zeigte sich aber auch besorgt, dass sie wegen der kompetenzrechtlichen Eingriffe "bei erster Gelegenheit zeitraubend beim Verfassungsgerichtshof landen werde". Generell sei die Novelle aber "kein Ruhmesblatt" und bringe Verschlechterungen im Verfahrensrecht und neuerliche Rechtsunsicherheiten.