Schmid-Aussagen erhärten Verdachtslage, Strafrahmen unverändert
Die nun bekannt gewordenen Aussagen des früheren Generalsekretärs im Finanzministerium und Ex-ÖBAG-Chefs Thomas Schmid haben die Verdachtslage in der ÖVP-Affäre um vermutete Korruption und Inseraten-Kauf erhärtet. Im Fall einer Anklage bliebe der Strafrahmen - ein bis zehn Jahre Haft für Untreue - aber gleich. Das gilt auch für den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der von Schmid massiv belastet wird.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt seit längerem gegen Ex-Kanzler Kurz, sein engstes berufliches Umfeld, Ex-Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP), die Meinungsforscherin Sabine Beinschab, die Medienmanager Helmuth und Wolfgang Fellner und - nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz - auch gegen die ÖVP selbst. Die WKStA geht davon aus, dass aus budgetären Mitteln des Finanzministeriums ausschließlich parteipolitisch motivierte, teilweise manipulierte Umfragen im Interesse von Kurz und damit auch der ÖVP erstellt und auf Kosten des Steuerzahlers in der Mediengruppe "Österreich" veröffentlicht wurden. Der Verdacht der Untreue, der Bestechlichkeit und Bestechung, des Missbrauchs der Amtsgewalt und weiterer Delikte steht im Raum.
Die Einvernahmeprotokolle mit Schmid, der seit vergangenem Frühjahr in 15 ganztägigen Befragungen der WKStA Rede und Antwort gestanden hat, belasten über die bisher bekannt gewesene Verdachtslage hinaus vor allem Kurz und die Fellner-Brüder. Sollte Schmid wahrheitsgemäß ausgesagt haben, wäre Kurz - für ihn gilt wie sämtliche Beschuldigte die Unschuldsvermutung - als Bestimmungstäter zu betrachten: Schmid behauptet, der spätere Bundeskanzler habe ihn dazu angestiftet, getürkte Umfragen zu bestellen und mit fremden Mitteln zu finanzieren, um parteiintern an die Macht zu kommen. ÖVP-Obmann und Vizekanzler in einer rot-schwarzen Koalition war damals Reinhold Mitterlehner, der im Mai 2017 von allen Ämtern zurücktrat. Die von Kurz erwünschten Umfragen wurden laut Schmid von der Tageszeitung "Österreich" abgedruckt, im Gegenzug schaltete das Finanzministerium dort dann laufend Inserate.
Neben einer möglichen Bestimmungstäterschaft zur Untreue ergeben sich aus den Schmid-Protokollen Hinweise auf weitere mögliche strafbare Handlungen des Ex-Kanzlers. So behauptet Schmid, Kurz habe ihn im zeitlichen Zusammenhang mit den im Oktober 2021 erfolgten Hausdurchsuchungen bei der ÖVP aufgefordert, ein Backup mit seinen Chats zu übergeben, nachdem er zuvor die Chats selbst bereits einem Kurz-Vertrauten überlassen hatte, was den Tatbestand der Beweismittelunterdrückung (§ 295 StGB) erfüllen könnte. Schmid teilte der WKStA auch mit, Kurz habe von ihm eine schriftliche Stellungnahme verlangt, wonach er, Kurz, von den Korruptionsvorwürfen nichts wisse und Schmid alle Schuld auf sich nehmen sollte. Das käme einer Bestimmung zur Falschaussage (§ 288 StGB) gleich. Und schließlich soll Kurz - so jedenfalls die Behauptung von Schmid - zugunsten seiner Ehefrau interveniert haben, worauf deren Verdienst als Finanzbeamtin angehoben wurde. Das könnte von den Korruptionsermittlern in Richtung einer möglichen Bestimmung zum Amtsmissbrauch (§ 302 StGB) untersucht werden.
Wertgrenze 300.000 Euro
Selbst wenn sich in diesen Punkten die Beweislage erhärten sollte, würde dies am Strafrahmen, den Kurz im Fall einer Anklageerhebung zu gewärtigen hätte, nichts ändern. Maßgeblich dafür ist immer das mit der strengsten Strafe bedrohte Delikt, das einem Beschuldigten vorgeworfen wird - im gegenständlichen Fall Untreue mit einer vermuteten Schadenssumme jenseits der Wertgrenze von 300.000 Euro (§ 153 Absatz 3 StGB): Dafür sieht das Strafgesetzbuch (StGB) eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren vor. Weitere Delikte hätten darauf keine Auswirkung, sie wären allenfalls bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.