"Einzigartige" Absage: Warum René Benko dem U-Ausschuss fernbleibt
Eigentlich wurde der Unternehmer René Benko morgen, Donnerstag, im COFAG-U-Ausschuss erwartet. Und zwar vor dem Vorstandsdirektor der Finanzmarktaufsicht, Eduard Müller. Wenig überraschend erreichte den KURIER am späten Nachmittag die Nachricht, dass Benko, der mittlerweile als Unternehmer Insolvenz angemeldet hat, abgesagt habe. "Benko traut sich nicht", schreibt Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli auf X.
Die Begründung von Benkos Anwalt Norbert Wess, die dem KURIER vorliegt: Den Medien sei zu entnehmen, dass laufend Sachverhaltsdarstellungen gegen Benko eingebracht werden. "Die mediale Sensationsberichterstattung mit (nahezu) täglich neuen Vorwürfen führt dazu, dass es (zumindest im derzeitigen Stadium) vollkommen unmöglich ist, einen - auch nur: ansatzweisen - Überblick über die gegenüber René Benko erhobenen Vorwürfe zu erhalten."
Die Strafverfolgungsbehörden würden in einzelnen Fällen noch prüfen, ob überhaupt ein Anfangsverdacht vorliege. Benko sei es jedenfalls "zum jetzigen Zeitpunkt faktisch unmöglich sich gemeinsam mit seinem Rechtsbeistand auf eine Einvernahme" vor dem U-Ausschuss vorzubereiten, heißt es. Und zwar mangels Kenntnis der gegen ihn erhobenen Vorwürfe.
"Einzigartige Konstellation"
Hintergrund: Im Falle von Ermittlungen gegen ihre Person, können sich Auskunftspersonen im U-Ausschuss zu Fragen, die die Ermittlungen betreffen, entschlagen. Benko, heißt es, könne derzeit "nicht einmal ansatzweise abschätzen, in welchem Ausmaß" ihm eine Aussageverweigerung zustehe. Das, so argumentiert Wess, sei absolut unzumutbar, wäre eine massive Verletzung der Beschuldigtenrechte und sei auch nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar.
Es wäre wohl das erste Mal, dass eine Auskunftsperson aus den erörterten Gründen dem U-Ausschuss fernbleibt. Insofern ist auch nicht klar, ob die Begründung gerechtfertigt ist. Wess bezeichnet die Konstellation als "einzigartig". Aus seiner Sicht liege bei "seriöser Auslegung" der Bestimmungen aber ein "ausreichender Entschuldigungsgrund" vor.
Fazit: Da Benko ja nicht wisse, in welchem Ausmaß er zur Aussage verpflichtet sei, müsse er "überhaupt nicht aussagen", was einem Verbot der Einvernahme Benkos als Auskunftsperson entspreche.
SPÖ beantragt Beugestrafe
Benko kneife, schreibt SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer auf X. "Wir werden morgen einen Antrag auf Verhängung einer Beugestrafe einbringen!" Auch will man beim Bundesverwaltungsgericht darum ansuchen, darüber schnell zu entscheiden. Eigentlich hätte das Gericht dafür vier Wochen Zeit, dann steht der Ausschuss aber schon vor seinem Ende.
"Komme mir vor wie bei Kafka"
Die zweite Befragungswoche des U-Ausschusses zur Covid-Finanzierungsagentur COFAG hat am Mittwoch mit der Ladung zweier Finanzbeamter begonnen, die ihre Wahrnehmungen zu Prüffällen die Signa-Gruppe betreffend schildern sollten.
Es geht dabei um die Firmensitzverlegung von Wien nach Innsbruck 2018. Laut Opposition sei dieser von höchster Stelle eingefädelt worden, um dem Unternehmen von René Benko steuerliche Vorteile zu ermöglichen.
Von „haltloser Vorverurteilung“ sprach ein hochrangiger Beamter, gegen den wegen Amtsmissbrauchs ermittelt wird, in seinem Eingangsstatement. „Der eigentliche Skandal ist, dass hier aus nichts ein Skandal gemacht wird“, schimpfte der Beamte. „Ich komme mir vor, wie bei Kafka im Prozess.“
„Kein Einfluss“
Bei der Übersiedlung der Signa habe das Finanzamt „überhaupt keinen Einfluss gehabt. Wir waren weder involviert noch informiert, wir sind ein technisches Abfertigungsamt.“ Auch die Abtretung der Schlosshotel Igls GmbH sei „vollkommen rechtens“ gewesen. Benko sei teilweise sogar schlechter behandelt worden, betonte die Auskunftsperson.
Bereits zuvor war ein Beamter geladen, der als Großbetriebsprüfer in Innsbruck mit Prüffällen im Bereich der Signa-Gruppe betraut war. Er gab an, ab 2018 zehn Unternehmen der Signa-Gruppe geprüft zu haben. Auffällig sei aus seiner Sicht gewesen, dass die Signa Luxury Collection die Miete für das „Chalet N“, das wiederum zu einer anderen Signa-Gesellschaft gehört, nicht gezahlt hat.
Ungewöhnlich sei auch gewesen, dass die Forderungen zu den Mietrückständen unverzinst gewesen seien – das sei nicht fremdüblich gewesen, daher habe er eine entsprechende Verzinsung vorgeschrieben. Fremdüblichkeit setzt voraus, dass Geschäfte innerhalb einer Gruppe so gestaltet werden, wie sie auch mit fremden Dritten abgeschlossen würden.
„Keine Liebhaberei“
„Ich kann dem Unternehmen nicht vorschreiben, Schulden einzutreiben“, betonte der Prüfer. Um „Liebhaberei“, also dass die Überlassung des Chalets langfristig nicht auf Gewinnerzielung ausgelegt war, habe es sich nicht gehandelt, „im Mietvertrag wurde ja nicht vereinbart, dass die Miete nicht bezahlt werden muss“. Und weiter: „Wenn wer auf die Miete verzichtet, kann ich das erst in der Prüfung beurteilen.“
Auch die Sitzverlegung der Signa 2018 war Thema in der Befragung. Diese habe aber keinen Unterschied für die Betriebsprüfungen gemacht, antwortete die Auskunftsperson auf eine entsprechende Frage. Generell gelte, „bei meinen Prüfungen habe ich keine Interventionen erlebt“.