Politik/Inland

Debatte um U-Ausschuss: "Grüne machen die Mauer für die ÖVP"

Ohne einen einzigen Gesetzesbeschluss wird der Plenartag am Mittwoch über die Bühne gehen. Besprochen werden in erster Linie Anträge der Opposition.

Und dabei ging es schon am Vormittag heiß her: In der aktuellen Stunde wurde über die Tumulte an der Uni Wien sowie das Buch von Wut-Lehrerin Wiesinger debattiert.

Im Geschäftsordnungsausschuss war zuvor der Untersuchungsgegenstand zur Casinos- bzw. Ibiza-Causa fixiert worden, der U-Ausschuss kann nun auf den Weg gebracht werden.

In der "aktuellen Stunde" gab die FPÖ das Thema "totalitäre Tendenzen an Unis und Schulen" vor. Anlass war die Blockade einer Vorlesung von FPÖ-Historiker Lothar Höbelt an der Uni Wien, bei der es vergangene Woche zu Tumulten zwischen linken und rechten Aktivisten kam.

"Antifaschisten als wahre Faschisten unserer Zeit"

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl machte den Anfang - mit einer gewagten These: "Antifaschisten sind gemeinsam mit den Islamisten die wahren Faschisten dieser Zeit."

Lehrveranstaltungen würden gestürmt, Studenten tätlich angegriffen. Man müsse "laut aufschreien" und diese Vorfälle verurteilen. "Untadelige Patrioten", so Kickl, würden als "Nazis verunglimpft".

Wissenschaftsminister Heinz Faßmann erklärte, Dissens gehöre zum Wesen der Universitäten. Die Debatte müsse aber immer eine geistige, nie eine gewaltsame sein.

Habilitierte Professoren - wie Höbelt - haben das Recht, ihr Fach zu vertreten und Lehrveranstaltungen anzubieten, erklärte Faßmann. Selbstverständlich hätten Studierende aber das Recht, einen Missbrauch dieser Lehrveranstaltungen beim Rektorat zu melden.

Faßmann schloss mit dem Voltaire zugeschriebenen Zitate: „Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich werde mein Leben dafür geben, dass Sie sie äußern dürfen.“

"Lieber Kopftuch als eure Kappln"

Auch die Themen Kopftuchverbot an der Schule für Mädchen bis 14 und das jüngst erschienene Buch "Machtkampf im Ministerium" von Susanne Wiesinger wurden diskutiert.

Zu empörten Zwischenrufen blauer Abgeordneter kam es, als die grüne Abgeordnete Eva Blimlinger, Ex-Rektorenchefin, am Rednerpult loslegte: Sie kritisierte "Extremisten" bei der FPÖ. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka musste einschreiten.

Blimlinger schloss mit den Worten: "Lieber Kopftuch, Kippa und Kreuz, als eure Kappln von den schlagenden Verbindungen."

Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger sagte zum Thema Kopftuch: "Ideologische Grabenkämpfe werden auf dem Rücken der Schüler ausgetragen." Es sei die Verantwortung des Ministers, nach den besten Lösungen zu suchen - und nicht nach jenen, die politisch in die Erzählung passten, sagte sie in Richtung des ÖVP-Bildungsministers Heinz Faßmann.

Streit um U-Ausschuss

Danach war eine Erklärung von Außenminister Alexander Schallenberg zur Cyberattacke auf das Außenamt geplant.

Vorher wurden aber noch Einsprüche gegen die Tagesordnung vorgebracht. SPÖ und Neos nutzten diese Bühne, um ihren Ärger zum "zusammengestutzten" U-Ausschuss kundzutun.

ÖVP und Grüne hatten den Untersuchungsgegenstand enger eingegrenzt - Thema wird nun nur die Casinos-Affäre, nicht die Kernpunkte der Ibiza-Affäre sein.

Nicht mehr untersucht werden dürfe nun der Vorwurf des Gesetzeskaufs, Postenbesetzungen und die Tätigkeiten der Soko Ibiza, kritisiert Jörg Leichtfried, geschäftsführender Klubobmann der SPÖ.

Er sieht die Kürzungen als "Anschlag auf einen Teilaspekt der Demokratie", weil sich im Geschäftsordnungsausschuss die Mehrheit, nicht die Minderheit (SPÖ und Neos) durchgesetzt hätte. Es sei das Recht der Minderheit, die Mehrheit zu kontrollieren.

Auch Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper kritisierte den "schlechten Umgang" im Parlament. Aus dem Untersuchungsgegenstand sei alles herausgestrichen worden, "was der ÖVP unangenehm" sei - und die Grünen würden "die Mauer machen". In Richtung Grüne sagte sie: "Ihr seid nicht mehr für Aufklärung und Kontrolle. Wir werden aber dafür kämpfen."

SPÖ und Neos wollen nun mit ihrem Minderheitenantrag zum Verfassungsgerichtshof gehen, um ihn über diese Schiene durchzusetzen.

Grüne für "gezielte Aufklärung"

Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer verteidigte eigenen Antrag zum U-Ausschuss und befürwortete gleichzeitig den Vorstoß der Opposition, den VfGH einzuschalten. "Ich bin mir zwar sicher, dass der VfGH uns recht geben wird, aber wenn nicht, dann wissen wir in Zukunft, wie wir mit Untersuchungsgegenständen umzugehen haben."

Die Kürzungen seien notwendig gewesen, so Maurer, weil gezielte Aufklärung nicht möglich sei, wenn der Gegenstand so weit gefasst sei. "Und für eine Aushöhlung eines Instruments, für das wir lange gekämpft haben, stehen wir Grüne nicht zur Verfügung", sagt sie bezüglich des Minderheitenrechts.

Zudem wehrte sich die Klubchefin gegen den Vorwurf, für die ÖVP zu mauern. Es sei schließlich nicht klar, ob die ÖVP mit der Casinos-Causa zu tun habe. "Und auch das ist hier zu untersuchen."

Der Untersuchungsausschuss könne bald zu arbeiten beginnen. Bis 19. Februar müssten die ersten Aktenlieferungen abgeschlossen sein.

"Grün ist die Farbe der Zensur und Willkür"

Neos-Verfassungssprecher Nikolaus Scherak ging sogar noch weiter: Die Grünen mauern nicht nur für die ÖVP, sagte er, sondern auch für die FPÖ - "ein Treppenwitz der Geschichte". Was nun kommt, sei ein "Ibiza-U-Ausschuss ohne Ibiza. Dank der Grünen."

Zum Rundumschlag holte dann SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer aus: Grün sei nicht mehr die Farbe der Kontrolle, die Farbe der sauberen Politik, sagte er in Bezug auf die Wahlkampfslogans der Grünen.

"Grün ist die Farbe der Zensur. Und Grün ist auch die Farbe der Willkür". Die Regierungspartei entscheide, was untersucht werden dürfe und was nicht. "Sie sollten sich eigentlich schämen", sagte Krainer und sprach von einem "schwarzen Tag für den Parlamentarismus.

Kogler und Köstinger beim Ministerrat

Beim Ministerrat, der heute schon um 8 Uhr begonnen hatte, stellte sich Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger den Fragen der Journalisten. Sie kritisierte die avisierten Kürzungen im EU-Budget für die Landwirtschaft heftig. Für sie ist es "undenkbar, dass der Sparstift angesetzt wird".

Auch Vizekanzler Kogler trat dort auf - und glättete die Wogen zum Thema Asylzentren. Es gab ja Wirbel, weil Innenminister Karl Nehammer ankündigte, neue Zentren an den Grenzen zu bauen, wo das ganze Asylverfahren abgewickelt werden sollte.

Kogler sprach von einer "Sprachverwirrung". Es gehe lediglich um "grenznahe Verfahren", die aber ohnehin schon großteils stattfänden und "sinnvoll" seien. Große Änderungen im Asylbereich sieht Kogler daher nicht.