Rückzug: Platter übergibt das Zepter, Neuwahlen in Tirol im Herbst
Von Christian Willim
Gerüchte gab es zuletzt immer wieder. Seit Sonntagabend ist es fix: Günther Platter geht nicht mehr für die VP in die Landtagswahl. Das soll Urgestein Anton Mattle machen.
Keine zwei Wochen, nachdem der steirische VP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer seinen Rückzug aus der Politik kundgetan hat, folgt Tirols VP-Langzeit-Landeshauptmann Günther Platter seinem Beispiel.
Am Sonntagabend sickerte durch, dass der 68-Jährige nicht noch einmal als Spitzenkandidat in die kommende Landtagswahl zieht, wie dem KURIER aus Parteikreisen bestätigt wurde.
Beim Landesparteivorstand am Montagvormittag will Platter Wirtschaftslandesrat Anton Mattle für diese Rolle vorschlagen. Zudem plant die Volkspartei die planmäßig Anfang 2023 stattfindenden Tiroler Landtagswahlen auf den Herbst vorzuziehen – wofür es natürlich eine Mehrheit im Landtag braucht, die es aber wohl geben dürfte.
"Eine neue Dynamik"
"Tirol befindet sich bereits im Wahlkampf. Bei den Grünen gibt es eine neue Dynamik. Jetzt gibt es auch bei der Volkspartei eine neue Dynamik", war aus der Partei am Sonntag zu hören.
Platters grüne Stellvertreterin Ingrid Felipe, mit der er 2013 eine bis heute regierende schwarz-grüne Koalition geschmiedet hatte, hat ihren Rückzug aus der Politik bereits angekündigt. Erst am Samstag hatten die Grünen ihre neue Frontfigur, Klubobmann Gebi Mair, gekürt.
Der Landeshauptmann wolle Tirol neun Monate Dauerwahlkampf ersparen, wird die Motivation Platters für das Vorziehen der Wahlen erklärt. Die letzten zwei Jahre hätten viel Veränderung gebracht, jetzt brauche es jemand, der das Land die kommenden fünf Jahre führe. Platter wolle das nicht mehr sein, heißt es aus seinem Umfeld.
Die Corona-Krise, bei der Tirol immer wieder in die Negativschlagzeilen geraten war, hatte sichtlich an der Substanz des seit 2008 amtierenden Landeshauptmanns gezehrt. Die Tiroler Volkspartei, die 2018 mit türkisem Rückenwind und Platter an der Spitze um rund fünf Prozent auf 44,3 Prozent geklettert war, stürzte zuletzt in den Umfragen ab.
Mit der sich im Winter wohl voll niederschlagenden Teuerung und der Ungewissheit von weiteren Corona-Entwicklungen im Gepäck ist eine Trendumkehr Anfang 2023 wohl nur schwer zu schaffen. Im Herbst stehen die Chancen für die VP vermutlich noch besser, wenn sie sich auch nicht gerade rosig darstellen.
"Warum soll er mit einer Niederlage gehen", war erst vergangene Woche aus der grünen Koalitionshälfte gegenüber dem KURIER spekuliert worden, dass Platter womöglich nicht noch einmal in eine Wahlauseinandersetzung zieht, die seine Karriere unschön enden lassen könnte.
Übergangskandidat
Innerparteilich hatte Österreichs aktuell längstdienender Landeshauptmann zuletzt auch immer wieder Gegenwind zu spüren bekommen. Anders als Schützenhöfer hat es Platter verabsäumt, einen Nachfolger aufzubauen.
Der 59-jährige Mattle dürfte wohl nur ein Übergangskandidat sein. Ob seine Kür reibungslos über die Bühne geht, wird sich am Montag beim Landesparteivorstand zeigen. Die Entscheidung für Mattle soll im engsten Kreis gefallen sein, hat – wie der Rückzug von Platter – intern auch Granden vollkommen überrascht. Und sorgt intern durchaus für Murren.
Krisenerprobtes Urgestein
Es war vielleicht der letzte große Macht-Coup von Günther Platter: Als er im Vorjahr zwei langgediente Landesräte durch Rücktritte verlor, überraschte er Freund und Feind in der Partei mit einer fix durchgezogenen Rochade.
Anton Mattle übernahm von Patrizia Zoller-Frischauf im Wirtschaftsressort – ein überraschender Karrierehöhepunkt für ein Urgestein der Tiroler Volkspartei, dem jetzt ein noch überraschenderer folgen könnte: Geht es nach Günther Platter, soll der 59-Jährige die Schwarzen in vorgezogene Landtagswahlen führen.
Mattle stammt wie Platter aus dem Tiroler Oberland und genießt in der Partei und darüber hinaus hohes Ansehen. Österreichweite Bekanntheit verschaffte ihm eine Jahrhundertkatastrophe. Am 23. Februar 1999 donnerte eine gewaltige Lawine in den Tourismusort Galtür im Tiroler Paznauntal.
Abgeschnitten von der Außenwelt wurde der Bürgermeister des Bergdorfs zum obersten Krisenmanager und fand vor allem den richtigen Ton in der Tragödie mit 31 Todesopfern. Nun soll Mattle noch einmal an vorderster Front Krisenfeuerwehr spielen.