Geplante Pro-FPÖ-Demo: Kanzler Karl Nehammer "zutiefst empört"
Am Heldenplatz in Wien sind am Nationalfeiertag über 1.000 Rekruten, darunter 27 Frauen, feierlich angelobt worden. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) rief dazu auf, die "wehrhafte Demokratie" zu verteidigen und verurteilte einmal mehr scharf eine für 9. November geplante Demonstration von Gegnern einer Koalition ohne FPÖ. Bundespräsident Alexander Van der Bellen schloss sich der Kritik an. Angesichts der Kritik kündigten die Veranstalter eine Verschiebung der Kundgebung an.
Der Eid der Soldaten auf die Verfassung habe eine große Bedeutung, verwies Nehammer darauf, dass die Demokratie unter Druck gesetzt werde, es Krieg in Europa gebe und Desinformationskampagnen Destabilisierung und Unruhe stiften sollen. "Wehrhafte Demokratie" bedeute auch, einem freiheitsliebenden Land zu dienen, das aus seiner Geschichte gelernt habe. Er sei deshalb "zutiefst empört", dass eine Gruppierung den 9. November für eine Großdemonstration unter dem Motto "Macht euch bereit" nutzen wolle.
Nehammer fordert Distanzierung
Der 9. November sei "einer der ernsthaftesten Gedenktage, den wir haben", unterstrich Nehammer. Er erinnerte an die nationalsozialistischen Novemberpogrome 1938, als Juden "erniedrigt, geschändet, ermordet" wurden. Es habe Menschen gegeben, die Widerstand geleistet haben, und Alliierte, die Österreich befreit haben. Es sei wichtig, die wehrhafte Demokratie zu verteidigen, deshalb müsse man ein Zeichen setzen. Er erwarte sich deshalb "von allen politischen Parteien", sich von der Demo an diesem Tag zu distanzieren, erklärte Nehammer.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen betonte in seiner Rede, dass er Nehammers Auffassung zu der Demonstration, die "ausgerechnet am 9. November" stattfinden soll, "vollinhaltlich teile". Die Initiativen "Fairdenken" und "Menschheitsfamilie", die zu der Demo aufgerufen hatten, kündigten daraufhin am Samstag an, diese auf Ende November zu verschieben. "Wegen zu erwartender Ausschreitungen" werde die Veranstaltung verschoben, teilte sie auf diversen Kanälen mit.
Das Staatsoberhaupt, das auch Oberbefehlshaber ist, hob in seiner Rede am Heldenplatz außerdem hervor, dass ein leistungsfähiges Bundesheer ein unverzichtbarer Teil der notwendigen staatlichen Resilienz sei. Deshalb sei auch ein entsprechendes Budget fürs Heer notwendig, und er sei zuversichtlich, dass das Parlament ein solches auch weiterhin gewährt, meinte Van der Bellen.
Leistungsschau des Bundesheers
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hob die "große Bedeutung" der Neutralität gerade in Krisenzeiten wie diesen hervor. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) betonte, man habe in den vergangenen Jahren manchmal vergessen, dass es auch darum gehe, die Neutralität mit allen Mitteln auch verteidigen zu können. "Dank Ihrer budgetären Mittel" gehe es nun wieder vorwärts mit dem Heer, so habe man moderne Ausstattung angeschafft - "nicht zum Selbstzweck", erklärte die Ministerin, sondern um die Bevölkerung beschützen und verteidigen zu können sowie um zu helfen.
FPÖ-Chef Herbert Kickl und SPÖ-Chef Andreas Babler haben sich indes in Videos an die Bevölkerung gewandt. Die üblichen Lobesworte für Neutralität und Errungenschaften der Republik nutzten beide, um die Forderung nach einer Regierungsbeteiligung ihrer Parteien zu untermauern. Kickl zog in seiner Rede Parallelen zwischen Österreichs Weg zu Freiheit und Souveränität - der "lang und steinig, aber am Ende erfolgreich war" - mit dem Weg seiner FPÖ an die Regierung.
Das Bundesheer präsentierte sich auch heuer wieder mit einer Informations- und Leistungsschau. Zu sehen sind etwa der Hubschrauber "Lion" und das Flugabwehrsystem "Skyranger".
Begonnen worden waren die Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag mit den traditionellen Kranzniederlegungen im Weiheraum im Äußeren Burgtor durch den Bundespräsidenten und die Bundesregierung.