Nach Steiermark-Wahl: Ludwig hofft in Wien auf Bürgermeister Bonus
Bloß nicht mit dem Image des Verlierers in den Wahlkampf starten! – So lautet eine der internen Parolen der Wiener SPÖ vor der Gemeinderatswahl im kommenden Jahr.
Seine Parteikollegen machen es Bürgermeister Michael Ludwig wahrlich nicht leicht, diese Vorgabe in die Praxis umzusetzen.
Schon nach der verpatzten Nationalratswahl ging das Gerücht, dass Ludwig in Wien unter anderem deshalb so spät wie möglich wählen will, um Zeit dafür zu gewinnen, die Partei zu konsolidieren. Nach den roten Verlusten in der Steiermark steigt der Druck auf Ludwig weiter.
In der roten Bastion Wien muss die Serie an Niederlagen enden.
Leichter gesagt als getan. Denn die Stimmung ist in der SPÖ nicht die beste. Unter Wiener Funktionären wird die Führungsfrage immer offener gestellt. Strategisch nicht ganz einfach für Michael Ludwig, der sich zuletzt demonstrativ hinter seine Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner gestellt hat.
Auch Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke – selbst immer wieder als potenzieller Hoffnungsträger für den Bund im Gespräch – forderte unlängst im KURIER „Gefolgschaft“ für Rendi-Wagner ein.
Es ist unklar, wie lange man aus Wien noch so deutliche Solidaritätsbekundungen hören wird.
Die erste Wahl
Tatsächlich geht es für Ludwig um viel: Es ist seine erste Wahl als amtierender Bürgermeister. In der Partei schielt man nervös auf seine Bekanntheits- und Beliebtheitswerte.
Dass die SPÖ in Wien den ersten Platz verteidigen wird, daran besteht zwar kein Zweifel. Im Rathaus geistert aber das Gerücht umher, dass ÖVP, Grüne und Neos bereits sind, eine Dreier-Allianz gegen die Roten zu schmieden.
In der Wiener SPÖ bezeichnet man das Steiermark-Ergebnis auf KURIER-Anfrage als „erwartbar“. Und man kann ihm sogar etwas Positives abgewinnen: Der Trend, dass die Amtsinhaber bestätigt werden, habe sich fortgesetzt. Man werde alles daran setzen, dass auch in Wien die Bürgermeister-Partei gestärkt aus der Wahl hervorgeht.
Selbstbewusste Grüne
Dennoch zeichnet sich in Wien zugleich eine unübliche Entwicklung ab: Die Grünen legen derzeit als kleiner Koalitionspartner weiter zu. Zumeist ist die Rolle des Juniors in einer Regierung eher undankbar.
Die Grünen tanken aber weiter Selbstbewusstsein. So viel, dass die Angst in der SPÖ wächst, dass ihr die Grünen zuvorkommen könnten – und von sich aus die Rathaus-Koalition frühzeitig sprengen. Rote Stimmen wären ihnen wohl vor allem in den Innenbezirken sicher.
„Mit diesem erstmalig zweistelligen Votum wurde den Grünen deutlich das Vertrauen ausgesprochen“, sagte die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein am Wahlabend. „Die Zukunftsthemen Klima- und Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, Transparenz und Kontrolle wurden massiv gestärkt.“ Hebein verhandelt derzeit für die Grünen auch auf Bundesebene, und zwar die Sozialthemen.
Alles nach Plan
Bei der ÖVP läuft derzeit alles nach Plan. Der Wiener Parteichef Gernot Blümel freute sich am Wahlabend über das „eindrucksvolle Ergebnis“ der steirischen Kollegen. Er darf hoffen, im nächsten Jahr selbst ähnliche Glückwünsche zu erhalten. Zufrieden zeigten sich auch die Neos: Man habe in den vier jüngsten Wahlen vier man dazugewonnen.
Wiens FPÖ könnte durch die blaue Niederlage weiter destabilisiert werden: Ausgerechnet der eigene Ex-Chef Heinz-Christian Strache nutzt jede Schwäche, um Zwietracht zu säen. Er plant die feindliche (Rück-) Übernahme der Partei – oder könnte 2020 mit einer eigenen Liste antreten.
In beiden Fällen wird der Wiener Wahlkampf hart für die FPÖ. Man wolle einen „selbstständigen und selbstbewussten“ Wahlkampf führen, ließ man ausrichten. Dominik Nepp, der schon als Spitzenkandidat präsentiert wurde, genießt derzeit bei den Funktionären großen Rückhalt.
Die FPÖ war in der Vergangenheit die härteste Herausforderin der SPÖ. Dass sie diese Rolle nun ausgerechnet an die Grünen verliert, dürfte doppelt schmerzen.
Ob in Wien vor dem Herbst gewählt wird, ist somit weiterhin Gegenstand von Spekulationen. Dass die SPÖ den Wahltermin vorzieht, um in einem heißen Sommer nicht mit dem Klimathema konfrontiert zu werden, wird aber immer unwahrscheinlicher. Auch für den großen Befreiungsschlag scheint derzeit die Kraft noch nicht zu reichen.