Politik/Inland

Nach der Wahl: Durchstarten mit Wechseln der Minister

Dieser Wahlsonntag wird die Politik ordentlich durcheinander wirbeln. Das Wiener Wahlergebnis wird der Höhepunkt einer Serie von Wahldesastern für SPÖ und ÖVP. So viel steht schon fest, noch bevor die Wahllokale öffnen. Alle Umfragen haben ein sehr knappes Rennen zwischen SPÖ und FPÖ gezeigt, und der Vorsprung der SPÖ ist zum Schluss empfindlich geschrumpft.

Wien-Wahl: Der KURIER berichtet ab 12 Uhr live

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SPÖ und ÖVP haben sich im Bund auf die Situation nach der Wien-Wahl vorbereitet. Sie gehen dabei von dem Szenario aus, dass die SPÖ knapp vorne bleibt. Und dass die ÖVP einstellig wird. Damit sieht die Bilanz für SPÖ und ÖVP nach den vier Landtagswahlen 2015 so aus: Im Burgenland verlor die ÖVP fünfeinhalb, die SPÖ sechseinhalb Prozentpunkte.

In der Steiermark verloren SPÖ und ÖVP jeweils neun Prozentpunkte, die FPÖ gewann sechzehn und schloss zu den anderen beiden Parteien auf. In Oberösterreich rückte die FPÖ der ÖVP auf sechs Prozentpunkte nahe. Die SPÖ stürzte unter 20 Prozent.Und nun wankt sogar das Rote Wien unter dem Ansturm der FPÖ.

Die Folgen für Wien

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BürgermeisterMichael Häupldürfte seinen langsamen Rückzug vorbereiten und einen "Kronprinzen" in die Stadtregierung holen. Einiges deutet darauf hin, dass die Wahl aufAndreas Schiederfallen könnte. Der lange Zeit als Häupl-Nachfolger gehandelte WohnbaustadtratMichael Ludwig ist out. Gegen Ludwig wurde vom innersten Kreis der SPÖ-Wien in den letzten Tagen eine gezielte Diffamierungskampagne geführt. Darüber hinaus könnte die SPÖ-Floridsdorf, deren Chef Ludwig ist, am Sonntag gegen die FPÖ unterliegen, was Ludwigs Position auch nicht gerade stärken würde.

Nachfolger Schieders als Klubchef im Nationalrat könnte Jan Krainer werden. Wechselt Schieder nach Wien, müsste seine Lebensgefährtin Sonja Wehsely aus der Stadtregierung ausscheiden. Ihr werden einerseits schon seit Längerem Wechselgelüste in die Privatwirtschaft nachgesagt. Andererseits trifft es sich gut, dass die zerzausten Regierungsparteien SPÖ und ÖVP offenbar mit einer größeren Personalrochade neu durchstarten wollen.

Die Folgen für den Bund

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In beiden Koalitionsparteien wurde in den letzten Tagen eine Regierungsumbildung vorbereitet. Aus der ÖVP wird berichtet, dass LandwirtschaftsministerAndrä Rupprechterabgelöst werden soll. Ihm wird nachgesagt, bei den Bauern nicht so recht anzukommen. Außerdem ist es zuletzt um den anfangs sehr rührigen Minister mit den flotten Sprüchen sehr ruhig geworden. Als neue Landwirtschaftsministerin ist die EU-AbgeordneteElisabeth Köstinger im Gespräch.

Sophie Karmasin, von Ex-ÖVP-Chef Michael Spindelegger vor noch nicht einmal zwei Jahren ins Familienministerium geholt, soll ihr Gastspiel wieder beenden. Dem Vernehmen nach hält Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ein eigenes Familienministerium nicht für sinnvoll, weil dadurch die Arbeit unter den Regierungsmitgliedern sehr ungleich verteilt ist. Daher sollen – gemäß den kolportierten Plänen – Familie und Wissenschaft zusammengelegt und Harald Mahrer vom Staatssekretär zum Minister aufgewertet werden.

Sehr viel interne Kritik gibt es an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, doch über sie hält Landeshauptmann Erwin Pröll seine schützende Hand. Allerdings könnte man, wenn das Ministeriengesetz geändert wird, einen "Webfehler" aus schwarz-blauen Zeiten beheben. Von 1956 bis 2002 lag die Koordinierungskompetenz in Katastrophenfällen beim Kanzleramt – was naheliegend ist, weil sich andere Ministerien vom Kanzleramt eher etwas anschaffen lassen als vom gleichrangigen Innenministerium. 2002 wanderte die Katastrophen-Kompetenz zu Ernst Strasser ins Innenministerium, und das war ein Fehler, wie an den entsetzlichen Patzern in der Flüchtlingskrise ersichtlich wurde.

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Auf SPÖ-Seite wird ebenfalls an einer Regierungsumbildung gebastelt. Austauschkandidat Nr. 1 ist InfrastrukturministerAlois Stöger.Er soll in die oberösterreichische Landesregierung wechseln. Auch HeeresministerGerald Klugkönnte ausgetauscht werden – die redimensionierte steirische SPÖ stellt mitSonja Steßl ohnehin auch eine Staatssekretärin. Dem Vernehmen nach soll KanzlerWerner Faymannauch auf der Suche nach einer neuen Bildungsministerin sein. Sonja Wehsely käme für jeden Posten infrage, hat die studierte Juristin doch in Wien schon ein Jahrzehnt Regierungserfahrung gesammelt.

Die Folgen für die Hofburg-Wahl

Auswirkungen haben die Landtagswahlen auch auf die kommende Bundespräsidentenwahl. Aus gutem Grund haben alle potenziellen Kandidaten erklärt, dass sie sich erst nach der Wiener Wahl deklarieren wollen. Wie zu hören ist, soll Erwin Pröll nachdenklich geworden sein, ob das Rennen zu gewinnen ist.

Die FPÖ hat Aufwind in nie da gewesener Stärke. Und, anders als bei bisherigen Hofburg-Wahlen, bei denen sie nur Zählkandidaten aufbot, kann die FPÖ diesmal auf Personen mit dem Potenzial für den Einzug in die Stichwahl zugreifen. Dazu zählen sowohl Rechnungshofpräsident Josef Moser als auch Heinz-Christian Straches neue Vorzeigefrau Ursula Stenzel. Wenn dann auf der linken Seite Alexander Van der Bellen antritt und die Anti-FPÖ-Stimmen einsammelt, kommt es zur Polarisierung wie wir sie im Wien-Wahlkampf gerade erlebt haben. Da könnte sogar ein Erwin Pröll zwischen die Mühlsteine geraten.

Ähnliches gilt für einen SPÖ-Kandidaten Rudolf Hundstorfer. Zwei Mal scheiterte Prölls Hofburg-Kandidatur an inneren Widerständen in der ÖVP. Diesmal wird die ÖVP Bittgänge unternehmen müssen, damit Pröll antritt. Die ÖVP will nach den Serienniederlagen unbedingt die Hofburg zurück erobern, und Pröll ist ihr bester Mann.

Umgekehrt gilt für Faymann: Wenn er im Frühjahr auch noch die Hofburg verspielt, wird es für ihn eng.

Das wird es auch, falls sich Wien heute blau färbt.