Politik/Inland

Mensdorff-Pouilly: "Euer politisches Spiel geht mich einen Dreck an"

Der BVT-Untersuchungsausschuss setzt seine Ermittlungen zur Tierschützer-Affäre fort. Nachdem vergangene Woche Betroffene zu Wort gekommen waren, geben heute jene Auskunft, die sich von den Tierschützern gestört bzw. bedroht gefühlt haben. Am Nachmittag war Alfons Mensdorff-Pouilly geladen, als Lobbyist schon aus diversen U-Ausschüssen bekannt.

Mensdorff-Pouilly war schon in für ihn heikleren Causen Gast in Untersuchungsausschüssen. Trotzdem war der Lobbyist, Forstwirt und Jagd-Veranstalter bei seinem heutigen Auftritt im BVT-Gremium besonders schlecht gelaunt. Es ging um mögliche Einflüsse von ihm auf die Politik, um gegen radikale Tierschützer vorzugehen. Mensdorff-Pouilly bestritt diese.

Er könne ausschließen, in Tierschutz-Aktivitäten mit der Politik zu tun gehabt zu haben. Überdies hätten seine unerfreulichen Kontakte mit den Aktivisten weit nach dem Wiener Neustädter Tierschützer-Prozess begonnen, der eigentlich Basis der gegenwärtigen Untersuchung ist. Warum er geladen sei, verstehe er daher nicht.

23 Mal "sekkiert" worden

Erst 2015 sei er mit den Aktivisten um Martin Balluch vom "Verein gegen Tierfabriken" (VGT) konfrontiert worden, berichtete der Lobbyist. 23 Mal seien sie bei seinem Anwesen im Südburgenland erschienen und hätten ihn "sekkiert". So sei in sein Haus gefilmt worden oder Drohnen über das Gebäude gesendet worden. Zudem habe es Störungen bei Jagden gegeben, was für ihn auch geschäftlich einen ordentlichen Schaden zur Folge gehabt habe. Erst auf Nachfrage der SPÖ musste Mensdorff-Pouilly zugeben, schon 2004 im Rahmen einer "Befreiungsaktion" für Fasane mit dem VGT zu tun gehabt zu haben, spielte die damalige Auseinandersetzung allerdings herunter.

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Mit Balluch ist Mensdorff-Pouilly auch persönlich in Kontakt getreten. Da hätte er aber auch mit einer Klomuschel oder einem Glas reden können, meinte er: "Ich glaube, ich bin ein bissl ein Feindbild von ihm."

Politische Kontakte bei Jagden abgestritten

Zornig reagierte der Lobbyist, wenn zu erfragen versucht wurde, ob er Polit-Kontakte gegen die Tierschützer genutzt habe. Er kenne zwar den früheren Innenminister Günther Platter (ÖVP), habe mit diesem aber nie wegen der Aktivisten konferiert. Dieser sei auch ebenso wenig wie aktive Kabinettsmitglieder des Ressorts bei Jagden sein Gast gewesen. Überhaupt fiele ihm kein hochrangiger Politiker ein, der auf seine Einladung bei ihm gejagt habe. Allerdings seien ehemalige hochrangige Kabinettsmitglieder des Innenministerium bei ihm jagen gewesen, Freunde von ihm.

Dass eine Sonderkommission in der Tierschützer-Causa gegründet wurde, hat Mensdorff aus der Zeitung erfahren: "Ich sitze da im südlichen Burgenland und weiß nicht, was da in Wien an Sokos gemacht wird." Auch das Platzverbot im Burgenland bei einer Jagd von ihm ist laut Mensdorff nicht aus Beziehungen mit der Politik entstanden. Kontakt habe es jedoch mit der örtlichen Polizei gegeben, unter anderem mit dem heutigen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), so Mensdorff auf Nachfrage der ÖVP.

Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper zielte mit einer Frage auf "zahlreiche Übergriffe auf Tierschützer" ab. Sie wies darauf hin, dass die damalige Innenministerin Mikl-Leitner in einer Anfragebeantwortung zu einem Platzverbot rund um Mensdorff-Pouillys Jagdgründe angegeben hätte, dass keine Übergriffe von Jägern auf Tierschützer zu befürchten waren. Der Lobbyist wurde auch hier laut: "Ich hab' keine Ahnung, das ist euer politisches Spiel, aber das geht mich einen Dreck an."

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Kleider Bauer-Chef: Innenminister als "Chef" kontaktiert

Am Vormittag wurde Kleider Bauer-Chef Peter Graf befragt. Auf dessen Bitten kam es wegen der Anschläge von Tierschützern gegen die Bekleidungskette zu einem hochkarätigen Polizei-Treffen, dessen Ergebnis die umstrittene "SoKo Bekleidung" war. Einen politischen Hintergrund bestritt Graf - er habe solche Kontakte gar nicht.

Die Opposition und die Tierschützer vermuten, dass Geschäftsleute wie Graf, die sich von Anti-Pelz-Aktionen gestört gefühlt haben, Einfluss im Innenressort geltend gemacht haben, um Ermittlungen loszutreten. Die eigenen Aussagen Grafs, seit 2000 Geschäftsführer von Kleider Bauer, erhärteten diese These am Dienstag nicht wirklich: Zwar rief Graf im Ministerbüro an - einen Rückruf erhielt er demnach aber erst nach hartnäckigen Wiederholungen, wie er dem Ausschuss erklärte. Den damaligen Innenminister Günther Platter (ÖVP) habe er nicht gekannt, "nur aus dem Fernsehen" - aber er sei doch immerhin der "Chef" (der Polizei) gewesen, deshalb habe er ihn kontaktieren wollen, argumentierte der Kleider Bauer-Geschäftsführer. Auch sonst habe er keine Kontakte zur ÖVP, Parteispenden seien ebenfalls nicht geflossen, betonte er.

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Die Vorgeschichte: Nach Aktionen gegen Mitbewerber wie Peek&Cloppenburg, der wegen der "Gewalttaten" letztlich auf Pelzprodukte verzichtet habe, sei Kleider Bauer im Herbst 2006 in den Fokus der Tierschützer gerückt. Graf berichtete von E-Mails des VGT (Vereins gegen Tierfabriken) und anderen Organisationen, in denen mit einer Kampagne gegen das Unternehmen gedroht worden sei, wenn man weiter Pelz verkaufe. Man sei aber nicht darauf eingestiegen. Ab Ende Oktober 2006 habe es dann Demonstrationen vor der Zentrale und den Geschäften gegeben.

Bei den Protesten seien Tierfotos gezeigt, lautstark Parolen geschrien und Passanten wie Mitarbeiterinnen auch beschimpft und bedroht worden, schilderte Graf. Das war freilich noch nicht alles - ab Anfang Dezember habe es nächtliche Angriffe gegeben: Eingeschlagene Schaufenster, Buttersäure-Anschläge, zerschossene Auslagenscheiben, zählte Graf auf. Am Unternehmenssitz, wo auch seine Mutter wohne, sei eine Fassade mit Farbe und Kot beschmiert worden, dazu Parolen wie "Kleider Bauer mordet" und "Grafs morden mit".

Mit Ermittlungsfortschritt nicht zufrieden

Man habe bei jedem Vorfall Anzeige erstattet, "subjektiv" sei aber wenig passiert, ärgerte sich Graf. Deshalb wollte er sich an die Politik wenden und habe mehrmals versucht, den Innenminister anzurufen, er wurde aber damit vertröstet, dass er zurückgerufen werde. "Er hat bis heute nicht zurückgerufen." Als er im April sein Auto mit Farbe übergossen und mit aufgeschlitzten Reifen vorgefunden habe, habe er schließlich im Ministerbüro gedroht, das Gefährt auf den Ballhausplatz abschleppen zu lassen, dann könne es sich der Minister "in der ZiB 2" anschauen, erzählte Graf.

Dann ging es doch schnell, der damalige Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, rief ihn an, schon tags darauf gab es ein Treffen im Ministerium. Mit dabei gewesen seien "die obersten Polizisten des Landes", erklärte Graf, "ich war sehr beeindruckt" - die Polizeipräsidenten aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland sowie Vertreter des Verfassungsschutzes und des Bundeskriminalamtes. Buxbaum habe nach seiner Schilderung der Vorfälle gesagt, man habe davon nichts gewusst, aber zugesagt, dass man etwas tun werde. Dann habe er die Sitzung verlassen.

Den Schaden für Kleider Bauer bezifferte Graf mit 500.000 Euro, bevor die Sonderkommission der Polizei ihre Arbeit aufnahm. Die Exekutive habe Kleider Bauer in den darauf folgenden Monaten dann auch immer wieder in die Ermittlungen eingebunden.

Dritte Auskunftsperson ist Cobra-Chef Bernhard Treibenreif. Er war zur Zeit der Tierschützer-Ermittlungen Kabinettsmitglied im Innenministerium.

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Cobra-Chef: Tierschützer kein Thema im Kabinett

Auch Cobra-Chef Bernhard Treibenreif, zwischenzeitlich nebenbei Mitglied im Innenminister-Kabinett, hat nichts zu politischer Einflussnahme in der Tierschützer-Affäre zu berichten. Er könne sich nicht erinnern, dass man im Kabinett oder mit dem Minister über die Causa gesprochen habe, es habe keine große Besprechung gegeben, sagte Treibenreif am Dienstag im BVT-Untersuchungsausschuss.

Es steht ja die Vermutung im Raum, dass Geschäftsleute und Jäger, die sich von Anti-Jagd- und Pelz-Aktionen gestört gefühlt haben, Einfluss im Innenressort geltend gemacht haben, um entsprechende Ermittlungen loszutreten.

Treibenreif ist seit Ende 2003 Cobra-Chef, zeitweise war er nebenbei auch Berater diverser Innenminister, darunter eben auch von Günther Platter (ÖVP). Mit der Tierschützer-Causa sei er aber lediglich in seiner Funktion als Cobra-Kommandant befasst gewesen, erklärte Treibenreif bei seinem recht unspektakulären Auftritt im U-Ausschuss. Die Spezialeinheit sei von der Ermittlungsgruppe für Assistenzleistungen angefordert worden, konkret ging es um bevorstehende Aktionen, bei denen potenzielle Straftäter "in flagranti" erwischt werden sollten - ein "Routinefall".

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Kleider-Bauer-Sitzung nichts Außergewöhnliches

Nicht außergewöhnlich war für Treibenreif auch, dass bereits einen Tag nach der Beschwerde der Kleider Bauer-Chefs eine Sitzung von Spitzenvertretern im Inneministerium stattgefunden haben dürfte. Er selbst kann sich an diese bzw. an das Datum nicht erinnern, aber an sich sei so etwas schon vorgekommen, etwa bei einer Brandstifter-Affäre in Oberösterreich.

Allerdings gehört Treibenreif auch zum Adressatenkreis der Einladung zu dem hochrangigen Polizei-Treffen. Treibenreif erklärte dies mit seiner "Doppelfunktion": Nachdem es große Sachbeschädigungen gegeben habe, sei er wohl als Cobra-Vertreter auf dem Verteiler gelandet. Er habe aber an dem Termin nicht teilgenommen.

Warum das Minister-Kabinett in der Causa vom damaligen Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit informiert wurde, weiß Treibenreif eigenen Angaben zufolge nicht. Er könne sich nicht erinnern, dass man im Kabinett oder mit dem Minister über die Causa gesprochen habe, es habe keine große Besprechung gegeben. Die Causa sei ihm nicht als besonders prominent in Erinnerung. "Es war kein tagesaktuelles Thema." Allerdings, so räumte er ein, könne es sein, dass er ab und zu eine Information bekommen habe, was "ein normaler Vorgang" sei. Von den umfangreichen Observationen habe er nichts gewusst.

Zurück zum "ominösen Konvolut"

Die Abgeordneten befragten Treibenreif aber auch zum Kern des Untersuchungsausschusses, der Affäre ums Bundesamt für Verfassungsschutz. Angesprochen auf einen Aktenvermerk der Staatsanwältin zu einer schwarzen Achse im Innenministerium, zu der auch er gehöre, verwies der Cobra-Chef auf das "ominöse Konvolut" in der Causa, in dem viel Falsches drinstehe. Einen ÖVP-Hintergrund hat Treibenreif freilich, sitzt er doch für die Partei in einem Gemeinderat.

Detail am Rande: die ÖVP hat heute zur Befragung Treibenreifs den Abgeordneten Johann Rädler in ihr Team integriert. Ob Zufall oder nicht: Er ist Bürgermeister in jener Gemeinde, für die Treibenreif im örtlichen Gemeinderat sitzt. Immerhin, Fragen gestellt hat Rädler nicht.

Treibenreif betonte: "Ich pflege Beziehungen zu vielen hochrangigen Politikern aufgrund meiner Funktion", diese seien aber eher oberflächlicher Natur und beträfen alle Parlaments-Fraktionen.

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