Masterplan Pflege fehlt "Handfestes"
Die fünf großen Hilfsorganisationen Österreichs verlangen von der Regierung konkrete Schritte zur Umsetzung des angekündigten „Masterplan Pflege“. Unter anderem forderte die Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) bei einer Pressekonferenz am Montag eine bundeseinheitliche Harmonisierung von Angebot und Kosten, aber auch eine verstärkte Einbindung in die Gespräche.
Die in der BAG verankerten fünf Organisationen Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz sowie die Volkshilfe betonten, es brauche - vier Monate nach Präsentation des „Masterplans“ - nun bald Handfestes. Caritas-Generalsekretär Bernd Wachter verwies auf den zu erwartenden starken Anstieg der Pflegebedürftigen: „Bereits fünf Prozent der Gesellschaft sind 80 Jahre und älter. 2050 werden es mehr als doppelt so viele sein - rund eine Million Männer und Frauen in Österreich werden dann 80 Jahre und älter sein.“
Die BAG fordert „Transparenz und Klarheit“ bei den Leistungen im Pflegesektor über alle Bundesländer hinweg. Auch müsse es „leistbare und hochwertige Betreuungsangebote in ganz Österreich“ geben. Wichtig sei auch ausreichende Unterstützung für die pflegenden Angehörigen „mit flexiblen und mobilen Angeboten zur Entlastung“. Außerdem müsse es eine „faire Pflegegeld-Einstufung“ geben und die Pflegeberufe müssten attraktiver werden, um genügend Personal zu bekommen.
Föderales Stückwerk
„Sowohl die Finanzierung als auch die Organisation von Langzeitbetreuung und Pflege ist föderales Stückwerk“, sagte Wachter. Es sei „ungerecht“, dass es derart „enorme Unterschiede zwischen den Bundesländern“ gebe, sowohl beim Leistungsangebot wie auch den Kosten - „und das, obwohl alle Menschen die gleichen Steuern zahlen“. Die BAG fordert daher, dass der Pflegefonds „zu einem gewichtigen Steuerungsinstrument weiterentwickelt“ wird. Gefordert wurde vom Caritas-Generalsekretär auch eine Neuaufstellung der Hospiz-Finanzierung. Dass diese derzeit überwiegend aus Spenden finanziert werden, „das kann es nicht sein“.
Ziel der Reform müsse sein, „dass die Pflege zuhause gestärkt wird“, sagte Rot Kreuz-Generalsekretär Werner Kerschbaum. Es brauche dazu einen „Lückenschluss“ zwischen den zwei- und dreistündigen Betreuung und der 24-Stunden-Betreuung daheim. Dafür müsse eine mehrstündige Alltagsbetreuung geschaffen werden. Auch forderte Kerschbaum den Ausbau von Tageszentren, in denen derzeit nur ein Prozent der Pflegegeldbezieher betreut werden. Auch brauche es „neue Modelle des Wohnens“ für Betroffene, einen Ausbau der Telemedizin und vermehrte Präventions-Angebote.
Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser widmete sich vor allem der Entlastung der pflegenden Angehörigen. Neben dem Tageszentren-Ausbau seien etwa auch Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Angehörigen-Pflege und Berufstätigkeit notwendig, sprach sie die Themen Pflegeteilzeit, und -karenz an. Für letzteres brauche es einen Rechtsanspruch, so die Direktorin.
Eine signifikante Erhöhung des Pflegegeldes über alle Stufen hinweg forderte Hilfswerk-Pressesprecher Roland Wallner. Die geplante Erhöhung des Pflegegeldes erst ab Stufe 4 greife „zu kurz“. Er verwies darauf, dass das Pflegegeld in den letzten Jahren rund 35 Prozent an Wert verloren habe.
Ein weiterer Wunsch der BAG ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Pflegesektor. Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger verwies auf eine WIFO-Prognose, wonach bis zum Jahr 2050 um rund 60.000 Pflegestellen mehr als heute benötigt werden. „Wir wollen den Job attraktiv machen“, so Fenninger. Ziel wäre u.a. eine berufsbezogene Ausbildung analog zur HTL oder HAK. Außerdem müsse es auf den Fachhochschulen ausreichend Ausbildungsplätze geben und Umstiege aus anderen Berufsfeldern sollten besser gefördert werden, so sein Anliegen.
Gegen private Pflegeversicherung
Zur Finanzierung erklärten die BAG-Vertreter, ausgeschlossen sei aus ihrer Sicht eine privat Pflegeversicherung. Fix sei, dass der Bereich solidarisch finanziert werden müsse. Kerschbaum verwies auf die von der Regierung für Jahresmitte angekündigte Finanzierungsstudie, die man abwarten wolle. Grundsätzlich wünschen sich die Hilfsorganisationen, bei den Reformplänen der Regierung stärker eingebunden zu werden. „Man kann nicht sagen, wir sind nicht eingebunden, wir führen schon Gespräche. Aber die Einladungspolitik könnte noch offensiver gestaltet sein“, so der derzeitige BAG-Vorsitzende Wachter. Und Fenninger sieht die NGOs derzeit eher in die Beobachterrolle gedrängt. Man wünsche sich - „selbstbewusst“ - auch gehört zu werden, sagte er.