Brigitte Bierlein wird erste Bundeskanzlerin Österreichs
Brigitte Bierlein, Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, wird die erste Kanzlerin Österreichs werden. Ihre zwei größten Karrieresprünge machte die Juristin jeweils unter Schwarz-Blau: 2003 wurde sie zur ersten Vizepräsidentin ernannt, Anfang 2018 wurde sie die erste Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes. Schon in der Generalprokuratur war sie 1990 die erste weibliche Generalanwältin. Der Wienerin werden gute Kontakte nicht nur zur ÖVP, sondern auch zur FPÖ nachgesagt.
Ihr Amt als Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs gibt Bierlein auf. Ihr Stellvertreter Christoph Grabenwarter wird interimistisch die Leitung des VfGH übernehmen, gab sie bekannt.
Clemens Jabloner wird neuer Vizekanzler
Bierlein gab in ihrer Rede bereits zwei neue Minister bekannt: Clemens Jabloner, ehemaliger Präsident des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs wird der neue Vizekanzler und Justizminister. Botschafter Alexander Schallenberg, derzeit Leiter der Europasektion im Bundeskanzleramt, wird laut Bierlein der neue Außen- und Europaminister. Weitere Persönlichkeiten für die übrigen Ministerien werde sie in den kommenden Tagen benennen. Gespräche mit erfahrenen Personen aus der Verwaltung würden nun unmittelbar beginnen.
Politisches Ablaufdatum schon vorgegeben
Die neue Kanzlerin Brigitte Bierlein dürfte wohl die kürzest dienende der Zweiten Republik werden, ist ihr politisches Ablaufdatum mit der Regierungsbildung im kommenden Herbst doch schon vorgegeben.
Insgesamt ist es seit Kriegsende die 14. Persönlichkeit an der Regierungsspitze, wenn man einmal von Hartwig Löger (ÖVP) absieht, der die Geschäfte in den vergangenen Tagen nur vorübergehend führte. Sieben der bisherigen Kanzler waren rot, sechs schwarz bzw. türkis. Am Längsten im Amt war Bruno Kreisky (SPÖ), nämlich gleich 4.781 Tage. Die wenigsten Kanzlertag zumindest bis jetzt kann Sebastian Kurz (ÖVP) mit 525 aufweisen. Nicht viel besser erging es seinem Vorgänger Christian Kern mit 580.
Kurz begrüßt die Entscheidung
Erwartungsgemäß zufrieden haben die Parteien auf die Bestellung von Brigitte Bierlein zur künftigen Kanzlerin reagiert. VP-Chef Sebastian Kurz sieht sie als "außerordentlich kompetente, erfahrene und integre Persönlichkeit". Die ÖVP werde sie best möglich unterstützen.
Erfreut, dass eine Frau zum Zug kam, ist SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Sie sei überzeugt, dass mit Bierlein an der Spitze der Übergangsregierung die Zusammenarbeit zwischen Regierung und dem Parlament im Sinne von Stabilität für das Land wieder von Dialogbereitschaft gekennzeichnet sein werde.
Voll des Lobes war auch Norbert Hofer. Der FPÖ-Chef freut sich, dass erstmals eine Frau Kanzler ist. "Der Bundespräsident hat mich heute informiert. Bierlein ist eine sehr integre und hochangesehen Persönlichkeit und entscheidet vollkommen unabhängig. In den nächsten Tagen werden nun zwischen dem Bundespräsidenten, der Kanzlerin und dem Parlament die Minister verhandelt. Wir wollen keine aktiven und keine ehemals aktiven Politiker in der Regierung haben," sagte Hofer am Donnerstag im Parlament.
Klubchef Herbert Kickl kündigte eine gute Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene im Interesse der österreichischen Bevölkerung mit der neuen Bundeskanzlerin an.