Tanner präsentiert Leitfaden für moderne Landesverteidigung
Mit ihren Reformplänen für das Österreichische Bundesheer hatte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) in den vergangenen Wochen für Wirbel gesorgt. Auch, weil die Kommunikation, wie sie selbst zugeben musste, alles andere als optimal gelaufen war.
Heute wollte die Verteidigungsministerin es besser machen - in einer Pressekonferenz stellte sie den "Leitfaden für moderne Landesverteidigung" vor.
Es sollte selbstverständlich sein, dass das Bundesheer auch weiterhin alle in der Verfassung festgeschriebenen Aufgaben wahrnehmen werde, sagte Tanner. Gleichzeitig gab sie zu bedenken, dass man sich auch auf neue Herausforderungen vorbereiten müsse. "Das bedeutet nicht nur, neue Gerätschaften anzuschaffen, sondern auch, unsere Struktur an die Herausforderungen anzupassen." Diese sei momentan noch immer stark auf ein Kriegsszenario an der österreichischen Grenze ausgerichtet - mit vielen Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung und langen Befehlsketten. Hier wolle man "verschlanken."
Was aber sind die konkreten Herausforderungen? Tanner nannte etwa 50 Cyberangriffe pro Tag in Österreich, Krisen und Katastrophen wie die Corona-Pandemie, eine in die Jahre gekommene Infrastruktur sowie 8.000 Pensionierungen beim Bundesheer in den nächsten zehn Jahren.
Letzteres führe dazu, dass die Reduktion des Personals über natürliche Abgänge passieren werde. Niemand müsse also um seinen Job fürchten, betonte Generalstabschef Robert Brieger. Derzeit sind rund 20.500 Personen beim Bundesheer beschäftigt, davon 15.500 Mann in der Truppe.
Neue Schwerpunkte
Um diesen neuen Herausforderungen gerecht zu werden, plant Tanner nun einige inhaltliche Schwerpunkte. Darunter etwa die Schaffung eines Cybersicherheitszentrums auf dem neuesten Stand der Technik. Statt wie gegenwärtig 20 Mitarbeiter, soll das Personal in diesem Bereich auf 250 Personen aufgestockt werden. Die Schwierigkeit hier sei aber, diese Leute am Arbeitsmarkt zu bekommen.
Auch die ABC-Abwehr, sowie der Katastrophenschutz sollen ausgebaut werden. Was letzteren angeht, so möchte die Ministerin ganz Österreich in spezielle "Schutz- und Hilfezonen" einteilen. Dabei soll jeweils eine Kaserne als Ansprechpartner im Katastrophenfall für zwei bis drei Bezirke dienen.
Um die Miliz zu stärken, habe man 200 Millionen an zusätzlichem Budget "erkämpft", sagte Tanner. Zukünftig soll es verschiedene Milizkategorien geben, wie Cyberdefense und Katastrophenschutz, die regelmäßiger fachspezifischen Treffen abhalten.
Tanner versprach zudem Investitionen in die Infrastruktur und in die Miliz. "Viele Kasernen entsprechen nicht dem Standard der Zeit." Diese will sie unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte sanieren und modernisieren. Das Bundesheer verfügt über 287 Liegenschaften, davon 63 aktiv genutzte Kasernen und 360 Millionen Quadratmeter Fläche, davon vier Millionen Quadratmeter dauerhaft genützte Fläche.
Außerdem sollen Auslandseinsätze im Rahmen von EU- und UNO-Missionen "unter Berücksichtigung der Neutralität" weiterhin sichergestellt werden.
Die Vorgeschichte
In einem Hintergrundgespräch hatte Tanner vergangene Wochen Pläne für das Zusammenstreichen der militärischen Landesverteidigung auf ein Minimum ankündigen lassen. Nach breiter und heftiger Kritik und einem Rapport bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen ruderte Tanner zumindest teilweise zurück. Die Landesverteidigung bleibe Kernaufgabe des Bundesheeres, versicherte sie und verkündete gleichzeitig, "selbstverständlich" würden keine Kasernen geschlossen.
Um die Verwirrung perfekt zu machen, wurde Tags darauf bekannt, dass einzelne Kasernen sehrwohl geschlossen werden könnten, jedoch keine ganzen Garnisonen - also Zusammenschlüsse von mehreren Kasernen.
Am Dienstag hatte Tanner daraufhin in einer Sondersitzung des Nationalrates den Abgeordneten Rede und Antwort stehen, und sich heftige Vorwürfe gefallen lassen müssen.