Politik/Inland

Nur sechs Prozent aller Lehrer bilden sich im Sommer weiter

Lehrer sollten sich in den Ferien fortbilden oder auf Kur gehen. Damit ließen sich im Bildungsbudget neun Millionen Euro einsparen, rechnete Wiens Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl vor. Kanzler Werner Faymann unterstützt den Vorschlag. Und auch Nationalratspräsidentin Barbara Prammer findet ihn "legitim". Allerdings sollten Rehabilitationen nach Spitalsaufenthalten ausgenommen werden, betonte Prammer am Montag.

Wie viele Pädagogen erweitern ihr Wissen eigentlich während des Schuljahres?

Laut Unterrichtsministerium bilden sich 100.000 Lehrer (von 120.000) pro Jahr an den Pädagogischen Hochschulen (wo die meisten Fortbildungen stattfinden) weiter. Nur sechs Prozent davon tun dies in den Sommerferien, der Rest während des Jahres.

"Gerade vor dem Hintergrund dieser Zahl hat der Vorschlag des Bundeskanzlers für die Ministerin seine volle Berechtigung", sagt eine Sprecherin von Ressortchefin Gabriele Heinisch-Hosek. In den vergangenen Jahren seien schon "Schritte gesetzt worden, um dieses Problem anzugehen". Vortragende an den Pädagogischen Hochschulen hätten mittlerweile nur noch fünf Wochen Urlaub. Daher würden auch in den (Sommer-)Ferien Kurse offeriert. Und für alle angehenden Pädagogen, die ab 2019 nach dem neuen Lehrerdienstrecht angestellt werden, gelte auch: Fortbildungen nur noch während der unterrichtsfreien Zeit.

Das passiert allerdings in manchen Bundesländern schon derzeit. In Niederösterreich würden sich "90 Prozent der Lehrer außerhalb der Unterrichtszeit" weiterbilden, sagt Landesschulratspräsident Hermann Helm dem KURIER. In Oberösterreich würde sich "die Hälfte aller Lehrer in den Ferien fortbilden. Und die meisten Kurse während des Schuljahres finden nachmittags statt, da gibt es oft keinen Unterricht mehr", heißt es beim Landesschulrat. Und wie schaut es in Wien aus? Diese Frage konnte im Büro Brandsteidl nicht beantwortet werden.

Es geschah beim Wiener SPÖ-Parteitag: Bundeskanzler Werner Faymann griff eine Idee der Wiener Stadtschulratspräsidentin auf, wie man im Bildungsbereich ein wenig sparen könnte. Vorgeschlagen wurde, dass Lehrer künftig nur in der Ferienzeit Seminare und Kur-Aufenthalte absolvieren sollten. Denn für Fortbildungstage wie auch für Kuren würden Tausende Supplierstunden anfallen, die Millionen kosten würden. Für den Kanzler war das ein "wichtiger Vorschlag von unseren Wiener Freunden".

Stinksauer

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Hörbar verärgert reagiert Paul Kimberger, oberster Gewerkschaftsboss der 126.000 Lehrer, im KURIER-Gespräch. Der sonst eher besonnene Standesvertreter ist sogar stinksauer: "Wenn wir jetzt im Bildungsbereich sparen wollen, indem wir etwa krebskranke Lehrer nicht mehr auf Kur schicken dürfen, damit diese sich von ihrer Krankheit erholen können, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Und die Welt unseres Bundeskanzlers schon gar nicht. Der weiß ja nicht, wovon er spricht", zürnt Kimberger dem SPÖ-Bundeskanzler. Grundsätzlich, erklärt er, gebe es längst eine Regelung, dass Lehrer nicht während der Unterrichtszeit auf Kur gehen. "Es sei denn, es wird medizinisch von einem Arzt angeordnet."

Aber auch den Vorwurf, Lehrer würden sich während der Unterrichtszeit, und nicht in ihren langen Ferien, weiterbilden und Seminare besuchen, lässt Gewerkschafter Kimberger nicht auf sich sitzen. "Allein bei uns in Oberösterreich gibt es mehr als 13.000 Pflichtschullehrer, die sich regelmäßig fortbilden müssen. Da ist es doch rein logistisch schon nicht möglich, das nur in den Ferien zu machen."

Die Masse der Veranstaltungen werde zudem ohnehin außerhalb der Unterrichtszeit durchgeführt, viele würden von Freitagnachmittag bis Sonntag in Kursen sitzen. "Da finde ich nichts Schlechtes dran."

Lehrer-Bashing

Was den Chefgewerkschafter an der Diskussion besonders ärgert, ist dass Faymann erneut "rein populistisch ein Thema" angreife. "Mieser geht es nicht, das ist ganz schlimm, was da von Seiten des Bundeskanzlers passiert." Faymann solle stattdessen sagen, dass die Lehrer eine hervorragende Arbeit leisten.

"Diesen Mut hat er noch nie gehabt, weil er sich damit mit den Boulevard-Medien anlegen müsste. Und das tut er nicht, weil er ohnehin dauernd nur den Boulevard bedient." Deswegen wundere es ihn auch nicht, dass Faymann das Thema bei einem SPÖ-Parteitag aufziehe. "Weil ihm der Applaus am Stammtisch lieber ist als eine wirklich faire Auseinandersetzung mit einer Berufsgruppe, die die Zukunft Österreichs mitgestaltet. Wir sind aber eh nichts anderes von ihm gewohnt."