Politik/Inland

Kocher: Weniger Budget für Arbeitsmarkt, dafür Reform "noch heuer"

Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) hat 2023 weniger Geld für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung als heuer und geht davon aus, damit auch auszukommen. Vorerst deuten die Prognosen von Wifo und IHS auf einen recht stabilen Arbeitsmarkt hin. Daher sind für arbeitsmarktpolitische Förderung im Budget 2023 nur mehr 1,3 Mrd. Euro vorgesehen, während es heuer 1,6 Mrd. Euro waren (ohne Kurzarbeit).

Das Motto für das kommende Jahr heiße "Stabilitätspaket", die Schwerpunkte ändern sich kaum und liegen bei den Fachkräften, Langzeitarbeitslosen und Jugendlichen. Sollte es nicht genug Erdgas für die Wirtschaft geben, könnte die Arbeitslosigkeit, vor allem Kurzarbeit, deutlich zunehmen, räumte Kocher im Gespräch mit der APA ein. Es gebe aber auch optimistischere Szenarien, im Budget könne jedoch nur die wahrscheinlichste Entwicklung abgebildet werden. Jedenfalls seien für Kurzarbeit 220 Mio. Euro eingeplant. Außerdem sei klar, dass Versicherungsleistungen wie Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder Pensionen ohnehin gesetzlich abgesichert sind - dafür gebe es auch im Krisenfall immer genug Geld.

Arbeitsmarktreform

Die Reform der Arbeitslosenunterstützung, ein zentrales Projekt für Kocher, werde weiter verhandelt. "Es gibt sehr gute Gespräche, ich bin immer noch optimistisch, dass wir es in der nächsten Zeit hinbekommen", so Kocher, das heiße "noch heuer". Die mögliche Absenkung der Arbeitslosenunterstützung bei langer Arbeitslosigkeit und die Möglichkeit für einen Zuverdienst seien weiter die umstrittensten Fragen. Wobei aus Kochers Sicht diese Punkte vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung sehr dominieren, "aus Sicht der Wirtschaftsforschung" gebe es andere wichtige Punkte, zu denen es schon eine Einigung gebe.

Jedenfalls sei es gut und wichtig gewesen, den Diskussionsprozess breit anzulegen, auch wenn dadurch der Reformprozess "etwas schwerfälliger" werde. Aber es gebe viele berechtigte Interessen, die gehört werden müssten. Es gehe auch nicht um Maßnahmen, die in Kürze wirksam werden, sondern um eine langfristige Strukturreform.

Für den heurigen Winter ist Kocher für die Wirtschaft eher optimistisch. Aufgrund von Einsparungen und dem Aufbau der strategischen Gasreserve "ist die Lage in diesem Winter weniger problematisch, als wir zu Beginn des Krieges im Frühjahr angenommen haben. Was mir tatsächlich mehr Sorge bereitet, ist die mittel- und langfristige Perspektive, gerade auch im Bereich der Industrie, wo natürlich die gesteigerten Kosten im internationalen Wettbewerb nicht weitergegeben werden können", so der Wirtschaftsminister. Das werde zu Wettbewerbsproblemen für Europas Industrie führen, aber eben nicht schon in diesem Winter. Noch könne die Industrie mit Maßnahmen gegensteuern und sei teilweise auch noch gegen die hohen Energiepreise abgesichert.

"Doppelwumms" in Deutschland

Kritisch sieht Kocher die in Deutschland als "Doppelwumms" mit einem Volumen von 200 Mrd. Euro angekündigten Hilfen zur Entlastung von Haushalten und Wirtschaft angesichts hoher Energiekosten. Er habe Zweifel, dass die in Deutschland geplanten Maßnahmen EU-konform sind. Aber noch sei in weiten Bereichen unklar, was Deutschland genau plant. Sollte aber tatsächlich die deutsche Industrie bei den Gaspreisen massiv entlastet werden, werde das Druck auf Österreichs Industrie aufbauen. Grundsätzlich seien aber Preissenkungen für Gas kontraproduktiv, weil dies zu einem Mehrverbrauch bei Gas führe, sagt Kocher.

Kocher sieht wenig Gießkanne

Kocher weist auch Kritik zurück, dass Förderungen in Österreich zu sehr mit der Gießkanne verteilt werden. "Ich bin mir nicht sicher, ob wir so viel Gießkanne haben im Vergleich". So erhalte in Österreich bei der Strompreisbremse jeder die gleiche Förderung - daher auch manche Menschen, die es nicht brauchen. In Deutschland sei aber in Diskussion, dass ein Teil des Vorjahresverbrauchs gestützt wird - damit würden Haushalte mit hohem Verbrauch, die meist höhere Einkommen haben, stärker gefördert. Mit mehr Zeit hätte man Österreichs Förderung natürlich verbessern können, aber "ich glaube, dass wir im Vergleich zu anderen Maßnahmen relativ treffsicher sind", so Kocher.

Außerdem gelte das ökonomische Argument, dass auch bei breiter Ausrollung der Hilfe für alle, letztlich das Geld ja von den Steuerzahlern komme, und da vor allem von denen, die besser verdienen: "Das Geld kommt ja nicht aus der Tasche des Finanzministers", so Kocher. Die Tatsache, dass die Unterstützung über ein progressives Steuersystem finanziert wird, sei auch "ein Argument, warum man die Maßnahmen nicht zu treffsicher und zu kompliziert machen sollte".