Wie österreichische Polizisten die serbische Grenze bewachen
Von Armin Arbeiter
Als am 5. Juli ein mutmaßlicher Drogenschmuggler mit seinem Autobus plötzlich vor einer Kontrolle durch die serbische Polizei flieht, hat er die Rechnung ohne die Österreicher gemacht. Mit einer Drohne verfolgen die Beamten das Fahrzeug bis in ein Dorf. Der Fahrer steigt aus, flieht zu Fuß – doch die serbischen Polizisten ergreifen ihn. Dank österreichischer Unterstützung.
Im Fahrzeug befinden sich mehr als zwölf Kilogramm Cannabis.
Doch die Suche nach Drogenschmugglern ist nur eine der Aufgaben, die etwa zwanzig österreichische Polizistinnen und Polizisten seit vier Jahren an der serbisch-nordmazedonischen Grenze wahrnehmen.
Der Hauptgrund ist ein anderer: „Die Bekämpfung der illegalen Migration“, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bei seinem Besuch am Grenzort Presevo betont und den Polizistinnen und Polizisten für ihren Einsatz dankt: „Solange der Außengrenzschutz nicht vollständig gesichert ist, sind Grenzkontrollen wie jene an der serbisch-nordmazedonischen Grenze notwendig und wichtig“, sagt er vor den angetretenen Beamten.
Über 28,5 Kilometer erstreckt sich das Einsatzgebiet, in dem die Österreicher ihre serbischen Kollegen unterstützen – vor allem mit zehn Drohnen und zwei Bussen, die mit Wärmebildgeräten ausgestattet sind.
Sechs bis sieben Wochen beträgt die klassische Einsatzzeit eines Polizisten, seit Dienstag hat Chefinspektorin Gloria Waldherr-Radax das Kommando inne. Die 29 Jahre alte Niederösterreicherin hat schon so einiges an Erfahrung gesammelt, war bereits in Nordmazedonien und Montenegro im Einsatz und ist im Innenministerium im Referat für Auslandseinsätze tätig.
Auch für die anderen Polizisten ist der Einsatz eine gute Möglichkeit, auch außerhalb Österreichs Erfahrung zu sammeln: „Man lernt viel, tauscht sich mit Kollegen aus anderen Nationen aus, lernt ein anderes Land kennen“, sagt ein Polizist aus Tirol.
Zahl der Aufgriffe stark gesunken
Pro Woche greifen die serbischen Grenzbeamten 40 bis 60 Flüchtlinge und Migranten auf, dazu sind die Österreicher nicht befugt. „Die der aufgegriffenen Personen kommen vor allem aus Afghanistan, Syrien und Pakistan“, sagt Waldherr-Radax. Die Aufgriffe sind laut Innenministerium an der serbischen Grenze stark zurückgegangen – um 72 Prozent in den vergangenen sechs Monaten.
Serbiens Innenminister Ivica Dačić lobte beim Treffen mit seinem österreichischen Amtskollegen die Kooperation und bedankte sich für den österreichischen Einsatz.
Die sinkenden illegalen Grenzübertritte in Serbien würden sich auch in Österreich bemerkbar machen, sagt Karner: „Wurden vor zwei Jahren im Zeitraum Jänner bis Ende Juli noch 23.000 Menschen im Burgenland aufgegriffen, sind es im Vergleichszeitraum heuer nur 470.“
Das hat vor allem damit zu tun, dass die serbische Regierung Visaerleichterungen für Menschen aus Indien und Tunesien auf Druck Österreichs und Ungarns de facto rückgängig gemacht hat. „Durch die Initiative von Bundeskanzler Karl Nehammer im Dialog mit Präsident Aleksandar Vučić ist es gelungen, die Visapolitik zu verschärfen und damit auch die illegale Migration massiv einzudämmen. Dadurch wurden vor allem Österreichs Grenzen entlastet“, sagt Karner.
Unabhängig davon habe sich in puncto Schlepperbekämpfung einiges getan: „Wir haben die internationale Kommunikation massiv verbessert, im vergangenen Jahr mehr als 750 Schlepper erwischt“, sagt Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Bundeskriminalamt.
Derzeit würden viele Flüchtlinge und Migranten über Slowenien nach Italien und dann weiter nach Frankreich oder in die Schweiz gehen – an der österreichischen Südgrenze sei derweil kein Anstieg der Grenzübertritte festzustellen. „Und wenn sich am Westbalkan etwas tut, sehen wir das rasch und können uns darauf vorbereiten“, sagt Tatzgern.
Die Westbalkan-Route
Laut Frontex sind die irregulären Grenzübertritte entlang der Westbalkan-Route in den ersten fünf Monaten um 71 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen.
Zugenommen haben allerdings die Ankunftszahlen russischer Staatsbürger in Serbien: Zumindest 300.000 sollen seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine nach Serbien gekommen – nach wie vor fliegt Air Serbia direkt von Belgrad nach St. Petersburg, die Gründung russischer Unternehmen ist von 2.000 vor Kriegsbeginn auf 9.000 Anfang des Jahres hochgeschnellt.
Und noch jemand hat großes Interesse, in Serbien zu investieren: Trump-Schwiegersohn Jared Kushner will just jenes Gelände kaufen, auf dem sich das von der NATO bombardierte, ehemalige Hauptquartier der jugoslawischen Streitkräfte befindet – und dort unter anderem ein Luxushotel errichten.
Transparenzhinweis: Diese Reise fand auf Einladung des Innenministeriums statt. Der KURIER beteiligte sich an den Reisekosten