Gesprächsoffensive von Kurz: Rendi-Wagner und Hofer schicken nur Vertreter
Wurde die Opposition mit der Angelobung des sogenannten Expertenkabinetts vor vollendete Tatsachen gestellt? Geht es nach SPÖ und Liste Jetzt, dann lautet die Antwort eindeutig Ja - seit Tagen kritisieren sie die Art und Weise, wie Bundeskanzler Sebastian Kurz in der Regierungskrise agiert. Wie in den vergangenen 17 Monaten werde man vor vollendete Tatsachen gestellt und solle im Gegenzug gute Miene zum bösen Spiel machen, hieß es bis zuletzt in der SPÖ.
Der Umstand, dass die Volkspartei auch die Büros der neuen Minister mit ÖVP-Kabinettsmitarbeitern beschickt hat, hat das Klima nicht gerade verbessert. Ebenso sieht man die Ernennung von Finanzminister Hartwig Löger zum Vizekanzler sehr kritisch und definitv nicht als "vertauensbildende Maßnahme".
In dieser Situation entschloss sich ÖVP-Chef Kurz am Donnerstag zu einer Art Charme-Offensive: Der Kanzler lud für den Nachmittag alle Parteichefs noch einmal zu sich, um die außergewöhnliche Situation zu besprechen. Für morgen, Freitag, wurde eine entsprechende Einladung an die Landeshauptleute ausgesprochen.
Die Opposition spielt freilich nicht wirklich mit: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner schickt ihren Vize Jörg Leichtfried und geht selbst nicht ins Bundeskanzleramt. Bei den Freiheitlichen ist es ähnlich. Nicht der neue Parteichef Norbert Hofer geht zu Sebastian Kurz, sondern der blaue Klubchef Walter Rosenkranz.
Die Neos halten Kurs, sie sind ohnehin gegen den Misstrauensantrag. Folglich kommt Parteichefin Beate Meinl-Reisinger selbst und lässt sich nicht vertreten. Von der Liste Jetzt war Maria Stern eingeladen, kommen wird aber Listengründer Peter Pilz. Er sagte zur APA: "Ich gehe hin, weil wir dem Kanzler eine Freude machen wollten."
Die SPÖ argumentierte damit, dass Partei- und Klubchefin Rendi-Wagner schon zwei "substanzlose Scheingespräche absolviert habe".
Das Signal, das der Bundeskanzler damit aussenden will, ist klar: Ich binde alle politischen Kräfte mit ein. Und es ist im Hinblick auf die am Montag stattfindende Sondersitzung im Parlament durchaus von Belang.
Denn mit Stand Donnerstag galt es nicht nur als wahrscheinlich, dass die Liste Jetzt und die SPÖ einen Misstrauensantrag gegen den Kanzler unterstützen werden. Auch in den Reihen der FPÖ mehrten sich die Stimmen, die sich für eine Abwahl von Kurz im Hohen Haus stark machten
Sollte die FPÖ tatsächlich mit SPÖ und Liste Jetzt mitziehen, wären die Konsequenzen für Kurz weitreichend: Er wäre seines Amtes enthoben, der Bundespräsident müsste einen neuen Bundeskanzler ernennen und mit der Bildung einer Regierung beauftragen.
Alexander Van der Bellen unterstützte am Donnerstag die Initiative von Sebastian Kurz. "Beim Redn kommen d'Leit zsam“, sagte der Bundespräsident bei einem Treffen des Europäischen Gewerkschaftsbundes in Wien. Nachsatz: "Und diese altmodische Ansicht sollten wir wiederbeleben" - das sei in der "außergewöhnlichen Situation" durchaus geboten.