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Kampf gegen Antisemitismus: Simon-Wiesenthal-Preis erstmals ausgeschrieben

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Er hat den Holocaust überlebt und sich dann zeitlebens der Aufgabe verschrieben, Nazi-Verbrecher zur Verantwortung zu ziehen.

"Überleben ist ein Privileg, das verpflichtet. Ich habe mich immer wieder gefragt, was ich für die tun kann, die nicht überlebt haben", schreibt Simon Wiesenthal (1908-2005) in seinen Lebenserinnerungen. Für Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka zählt Wiesenthal zu den "außergewöhnlichsten Persönlichkeiten der Zweiten Republik".

Nach Simon Wiesenthal ist ein neuer Preis benannt, der für "besonderes zivilgesellschaftliches Engagement und Aufklärung über den Holocaust" vergeben wird.

Im Sommer 2020 hat der Nationalrat auf Sobotkas Initiative hin den Simon-Wiesenthal-Preis beschlossen. Jetzt wird der mit insgesamt 30.000 Euro dotierte Preis erstmals ausgeschrieben. Vergeben werden die drei Auszeichnungen vom Nationalfonds

Laut Bundesgesetzblatt sollen "die Verleihung des Simon-Wiesenthal-Preises und die Überreichung der Urkunden an die Preisträger im Rahmen eines Festaktes im Parlament erfolgen. Der Simon-Wiesenthal-Preis ist jährlich mit 30.000 Euro dotiert, wobei 15.000 Euro auf den Jahrespreisträger und jeweils 7.500 Euro auf die weiteren Preisträger entfallen. Der Fonds hat ein Verzeichnis aller Preisträger des Simon-Wiesenthal-Preises zu führen und dieses auf seiner Website zu veröffentlichen".

Wiesenthals Arbeit "kann nicht genug gewürdigt werden", sagte der Nationalratspräsident am Montag anlässlich der ersten Ausschreibung des Simon-Wiesenthal-Preises. Mit dabei waren der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, und Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus.

"Nicht Rache, sondern Recht" ist Wiesenthals Credo gewesen, rief Sobotka in Erinnerung. "Wenn man sich nicht der Geschichte stellt, dann stellt einen die Geschichte."

Wiesenthals Wirken solle als Ansporn dienen. "Wir stehen in großer Schuld: Die Geschichte aufzuarbeiten, wie sie ist. Das Zweite: Er hat uns die Leitschnur gegen den Kampf gegen Antisemitismus gegeben."

Einreichfrist bis 30. September 2021

Der nunmehr ausgeschriebene Preis richtet sich "an die Zivilgesellschaft. Antisemitismus und Holocaust gehen uns alle an", erklärt Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds. Projekte, egal, ob bereits realisiert oder noch in Ausarbeitung befindlich, können ab sofort bis einschließlich 30.9. eingereicht werden. Dabei sind den Einreichenden weder beim Alter - "von Schülern bis Pensionisten" - noch bei Landesgrenzen - "der Preis ist international" - Limits gesetzt. Zudem können 

Die Voraussetzung für jede Einreichung, so Lessing, ist das Engagement gegen den Antisemitismus und die Aufklärung über den Holocaust. 

Der Jury gehören Brigitte Bailer (Uni Wien), Oskar Deutsch (Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde), Ariel Muzicant (ehem. Präsident der IKG), Katharina von Schnurbein (Antisemitismusbeauftragte der EU-Kommission), Monika Schwarz-Friesel (Ordinaria am Institut für Sprache und Kommunikation an der TU Berlin), Barbara Stelzl-Marx (Uni Graz)

Die Preisverleihung findet am 9. Dezember 2021 statt. 

Für Oskar Deutsch ist der "Preis für die gesamte Republik und über die Grenzen hinaus, für die jüdische Gemeinschaft von Bedeutung". Wiesenthal kämpfte "gegen die Ignoranz, half maßgeblich, Täter auszuforschen". Er sei viel mehr als der oft zitierte "Nazijäger" gewesen. "Er setzte sich gegen jede Form von Diktatur ein. Er war der Stachel im Fleisch der Vergessenspolitik", so Deutsch, der daran erinnerte, welcher Kritik Wiesenthal in der Kreisky-Zeit ausgesetzt war, weil er die Wiederaufnahme einstiger Nationalsozialisten in
öffentliche Ämter anprangerte.

"Menschen ermutigen, es Wiesenthal gleichzutun"

Der nach ihm benannte Preis schließe nun gleichsam den Kreis, zeige, das Anerkennen von Wiesenthals Wirken. "Er soll Menschen ermutigen, es Wiesenthal gleichzutun". Oskar Deutsch will mit allen Mitteln verhindern, dass es in Österreich wie in anderen europäischen Städten, jüdischen Mitbürgern nicht mehr möglich ist, mit Kippa auf die Straße zu gehen, da sie Anfeindungen und Übergriffe zu befürchten haben. 

Für Wolfgang Sobotka könne die Politik nur Instrumente zur Verfügung stellen, viel wichtiger sei es indes, die Zivilgesellschaft zu ermutigen, gegen jedwede Form des Antisemitismus aufzustehen. Dies gelinge insbesondere durch Bildung, aber auch durch Zivilcourage im täglichen Leben. "Erst, wenn jeder bereit ist, aufzustehen wie beispielsweise bei Witzen über Juden am Wirtshaustisch, dann wird etwas besser", so Sobotka.