Politik/Inland

Justiz brutal: Mosers "verlängerter Arm" unter Beschuss

„Ich mach’ ein Auge zu und wir stellen irgendwelche Dinge ein“. Oder: „Setzt’s euch z’samm und daschlogt’s es“.

Brisante Sätze wie diese, geäußert in einer Dienstbesprechung am 1. April, wie Ö1 und Addendum berichtet haben, könnten dem machtbewussten Generalsekretär im Justizministerium, Christian Pilnacek, zum Verhängnis zu werden.

Denn die Botschaft impliziert, dass der Generalsekretär das Eurofighter-Verfahren mit illegalen Methoden einstellen will. Die Staatsanwälte werfen der grauen Eminenz nun Amtsmissbrauch vor, haben eine Anzeige eingebracht. Ein einmaliger Vorgang in der Republik.

„Das bringt die ganze Justiz in Misskredit“, kritisiert Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der als Verteidigungsminister die Betrugsanzeige gegen den Eurofighter-Hersteller eingebracht hat.

Seit 24 Stunden ist der heimliche Justizminister, wie Pilnacek Politikinsider nennen, nun unter Dauerbeschuss. Doskozil fordert den Rücktritt. Die Opposition im Parlament will ihn in den U-Ausschuss laden und fordert ebenfalls seinen Rückzug. Justizminister Josef Moser hingegen stellte sich hinter seinen wichtigsten Beamten.

Moser muss die Staatsanwälte schützen, nicht Pilnacek“, sagt Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper. Der Justizminister hat mittlerweile einen Mediator in dem Konflikt eingeschaltet. „Eine gute Idee“, findet sein Generalsekretär.

Emotionale Diskussion

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„Die Sätze sind aus dem Zusammenhang gerissen“, rechtfertigt sich Pilnacek im KURIER-Gespräch.

Wie kam es dazu?

Es gab eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Generalsekretär und den Staatsanwälten über die weitere Vorgehensweise in der Causa Eurofighter. „In der Emotion habe ich diese Sätze gesagt. Das hätte mir nicht passieren dürfen.“

Aber er, so versichert Pilnacek, habe nie die Eurofighter-Causa abdrehen wollen. Er ortet auch keinen Machtkampf zwischen ihm und der Staatsanwaltschaft, wie die Opposition vermutet.

Vielmehr war es so, erklärt der angeschlagene Generalsekretär, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft, die den Fall Eurofighter einige Wochen zuvor von Staatsanwaltschaft Wien übernommen hatte, eine vollkommen neue Ermittlungsstrategie aufnehmen wollte und auch mehr Personal einforderte.

Generalsekretär: Konzentration aufs Wesentliche

Pilnacek brachte diese Neuigkeit auf die Palme. Denn immerhin wird seit mehr als sieben Jahren ermittelt. Es kann nicht sein, so kritisierte Pilnacek, dass auf den Ergebnissen dieser sieben Jahre nicht aufgebaut wird. Er erklärt: „Ich wollte nicht, dass das Pferd wieder neu aufgezäumt wird. Die Staatsanwälte wollten neue Beschuldigte erfassen. Allerdings könnte hier eine Verjährung vorliegen, wo man dann einstellen muss. Außerdem schlug ich vor, dass man von Nebensträngen absehen könnte, um sich auf das Wesentliche, die Geldflüsse, zu konzentrieren.“ In dieser Debatte seien die zweideutigen Sätze gefallen.

So weit die Causa Eurofighter. Doch die Eskalation im Jet-Skandal sei nur vorgeschoben, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Im Hintergrund tobe schon länger ein Machtkampf zwischen Pilnacek und der Korruptionsstaatsanwaltschaft. „Pilnacek hat die gesamte Staatsanwaltschaft in der Hand, alle sind linientreu. Deswegen wurde nicht nur Pilnacek, sondern auch der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien angezeigt. Nur die Korruptionsstaatsanwaltschaft leistet Widerstand“, so Aufdecker Peter Pilz.

Am Donnerstagabend wurde bekannt, dass Pilnacek eine Anzeige gegen Pilz wegen Verleumdung einbringen ließ.

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Vrabl-Sanda im Widerstand

Auslöser für das Kräftemessen im Justizressort war die großteils als rechtswidrig aufgehobene BVT-Razzia, die von der Korruptionsstaatsanwaltschaft angeordnet wurde .

Pilnacek kritisierte das Vorgehen seiner Staatsanwälte. Justizminister Moser kündigte Änderungen in den Abläufen an, damit sich so ein Fall nicht wiederholen könne. Überlegenswert sei etwa, dass Korruptionsstaatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft gemeinsam Entscheidungen treffen. „Pilnacek will die BVT-Hausdurchsuchung dafür nützen, um ein Weisungsrecht bei der WKStA zu bekommen“, sagt SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim. Und auch die Neos.

Den Ankündigungen folgten auch Taten: Die Oberstaatsanwaltschaft hat als Konsequenz aus der Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz per Erlass die Berichtspflichten verschärft. Seit Anfang des Jahres muss die WKStA die Oberbehörde mindestens drei Werktage vor einem geplanten „bedeutenden Verfahrensschritt“ informieren.

Für die Korruptionsstaatsanwaltschaft, die vor zehn Jahren gegründet wurde und sich als Elite in der Justiz sieht, ein Affront. Allen voran WKStA-Chefin Ilse Vrabl-Sanda ist seit Längerem im Clinch mit Pilnacek. „Die werden keine Freunde mehr“, so ein SPÖ-Abgeordneter. Die Informationspflicht im Vorhinein stehe im „eklatanten Widerspruch“ zu der Prämisse, mit der die Korruptionsstaatsanwaltschaft eingerichtet worden sei, lautet die Position von Vrabl-Sanda.

Pilz hat weitere Beweise, die Pilnacek in den Verdacht des Amtsmissbrauchs bringen. Es geht um die Weisung, wonach Eurofighter-Akten zum Schutz der nationalen Sicherheit geheim zu halten seien. Pilnacek soll das Schreiben selbst an Medien gespielt haben.