Juristin Zerbes: "Der Begriff Bundestrojaner ist vollkommen missverständlich"
Von Angelika Groß
Der mutmaßliche Spionagefall rund um Egisto Ott schlägt Wellen. In der politischen Debatte wird derzeit wieder über eine verstärkte Überwachung von Handychats diskutiert. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) wünscht sich etwa eine Überwachung spezieller Messengerdienste wie WhatsApp oder Telegram zur Gefahrenabwehr.
Dass das verfassungskonform möglich wäre, sagt die Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes. Die Vorsitzende der Geheimdienst Kontrollmission (DSN) spricht im Ö1-Morgenjournal über die praktischen Möglichkeiten der Kontrollkommission.
"Uns kann grundsätzlich kein Amtsgeheimnis entgegengehalten werden", sagt die Juristin im Gespräch mit Bernt Koschuh. "Wir haben Zugang zu all den Unterlagen, aus denen sich ergibt, wie die Spionageabwehr betrieben wird."
Die Stimmung in der DSN sei gut und "stark darauf ausgerichtet, sich vom damaligen BVT abzuheben", so Zerbes.
Auf die Frage des Journalisten, wie man verhindern könne, dass andere Nachrichtendienste in den EDV-Systemen der DSN mitlesen könnten, sagt Zerbes: "Indem man von bestimmten Quellen nichts annimmt." Sprich: Man müsse eben konkret überprüfen, von welchen IT-Anbietern man etwas kauft.
Verstärkte Überwachung von Messengerdiensten
Zum Thema der verstärkten Überwachung von Messengerdiensten durch die Regierung gibt sich Zerbes eher zurückhaltend: "Der Fall Egisto Ott und die Prävention, dass ein solcher Fall nicht wieder passiert, schreit jetzt nicht unbedingt nach mehr Befugnissen."
Bundestrojaner
Aktuell verbietet der österreichische Verfassungsgerichtshof den österreichischen Behörden den Einsatz des Staatstrojaners. Zerbes sehe allerdings grundsätzlich die Option auf eine verfassungskonforme Lösung: "Weil die Überwachungssoftware, die bereits existiert, viel zugespitzter auf bestimmte Nachrichten ist." Der Begriff "Bundestrojaner" sei "vollkommen missverständlich". Damit assoziiere man eine "Totalüberwachung des gesamten Mobiltelefons."
Wenn man aber Messengerdienste abfragen wolle, brauche man eine spezifische Software, die nur auf diese Nachrichten eingestellt sei. In Deutschland verwende man so etwas bereits, erklärte die Juristin.
Das "Unspezifische" wurde vom Verfassungsgerichtshof als große Gefahr gesehen, das sei aber fünf Jahre her und mittlerweile gebe es viel bessere und "zugespitztere" IT-Technik.