Global2000 wirft Experten-Regierung "schönrechnen" und Lobbyinteressen vor
Von Bernhard Gaul
Ein geleaktes Expertenpapier zeigt offenbar, dass Österreich weit davon entfernt ist, seine Klimaziele bis 2030 einhalten zu können.
Das Expertenpapier aus dem "Autorenkreis" des Klima- und Energieplans der Regierung, das bisher geheim war und den Klimaexperten von Global2000 zugespielt worden ist, zeige, "dass offenbar der Versuch unternommen wurde, den Entwurf für den österreichischen Klimaplan schönzurechnen. Die Öffentlichkeit sollte vom wahren Ausmaß der Misere nichts erfahren", glaubt Johannes Wahlmüller von der Umweltschutzorganisation.
Laut dem Expertenpapier würde die Republik nämlich trotz der geplanten und vorgelegten Maßnahmen die Klimaziele bis 2030 klar verfehlen.
Nur minus 27 statt minus 36 Prozent
Konkret: Statt der mit der EU vereinbarten Emissionsreduktion bis 2030 um 36 Prozent könnte Österreich höchsten minus 27 Prozent schaffen. Und selbst diese minus 27 Prozent seien für ihn, Wahlmüller, nicht nachvollziehbar, weil teils abenteuerliche Maßnahmen als Berechnungsgrundlage herangezogen wurden, sagt Wahlmüller.
Etwa "grünes Gas", das aus Abfällen der Land- und Forstwirtschaft, aus Klärschlamm, oder mithilfe der Abfälle von Biotonnen oder der Lebensmittelindustrie gewonnen werden könnte, würde laut Energieplan der Regierung ins Gasnetz eingespeist werden, dabei sei gar nicht klar, ob das möglich ist.
Bis heute sei nicht bekannt gegeben worden, was die Annahmen hinter dem Klimaplan seien und welche Methoden zur Folgenabschätzung angewandt worden seien.
"Wir werten den präsentierten Entwurf als Versuch der Expertenregierung, das schönzurechnen. So oder so würden wir ja die Klimaziele verfehlen", sagt Wahlmüller.
Lobbyinteressen
Was den Umweltaktivisten besonders ärgert: Die Experten, auch jene in den Ministerien, wüssten ja, wie es geht. "Was hat Umweltministerin Patek daran gehindert, einen gescheiten, ordentlichen Plan hinzulegen? Mir fehlt da das Verständnis dafür. Dieser Entwurf ist jedenfalls das Papier nicht wert, auf dem es steht." Für Global2000, fügt der Experte noch an, sei das nämlich weniger eine Expertenregierung, sondern nur eine "so genannte Expertenregierung mit einem Lobbyinteresse."
Dabei zeige das geleakte Dokument, dass Österreichs Klimaziele sehr wohl erreichbar seien. Dafür wäre es aber laut der Experten „unumgänglich, konkrete Maßnahmen in allen Sektoren zu planen, umzusetzen und zu überwachen.“ Als notwendige Bestandteile der Maßnahmen werden unter anderem genannt: Eine öko-soziale Steuerreform oder der Abbau klimaschädlicher Subventionen. "Ohne eine Form der CO2-Bepreisung können Ziele nicht erreicht werden", zitiert Wahlmüller aus der Studie.
Den Hinweis aus dem Umweltministerium, dass ein neuer Entwurf des Klimaplans erstellt werden musste um ihn rechtzeitig nach Brüssel zu schicken, damit ein Vertragsverletzungsverfahren verhindert werden kann, lässt Wahlmüller nicht gelten. "Wir bezweifeln, dass die EU-Kommission Österreich angeklagt hätte, während über eine neue Koalition verhandelt wird."
Übrigens: Sollte demnächst eine türkis-grüne Regierung stehen, werden Leonore Gewessler beste Chancen auf ein etwaiges neues Mega-Ressort aus Umwelt, Verkehr und Energie zugerechnet. Gewessler war bis zu ihrem Engagement für die grüne Spitzenpolitik bis Sommer 2019 politische Geschäftsführerin von Global 2000 Österreich.