Ist Österreichs Gesundheitssystem bereits am Sterben?
Von Christian Böhmer
- Wie ist die aktuelle Lage des Gesundheitssystems in Österreich?
Das Gesundheitssystem in Österreich steht unter Druck. Der demografische Wandel, der Anstieg chronischer Krankheiten und der Fachkräftemangel führen zu einer Überlastung vieler Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen. Entsprechende strukturelle Reaktionen - wie beispielsweise, dass kleine Bezirks- und Kreiskrankenhäuser zu Schwerpunktspitälern zusammengefasst werden - stoßen auf erheblichen Widerstand bei der Bevölkerung. Und das, obwohl eine Zentralisierung auch bedeuten würde, dass die Behandlungsqualität steigt, weil bestimmte Eingriffe, sprich: Operationen, dadurch öfter gemacht und die Sicherheit für die Patienten damit erhöht wird.
Besonders problematisch ist der Mangel an Pflegekräften und Ärzten, was zu längeren Wartezeiten und einer höheren Belastung des Gesundheitspersonals führt. Die Tatsache, dass Facharzt-Termine für Kassenpatienten de facto in Eigen-Regie erledigt werden können, dass also Patientinnen selbst entscheiden, ob sie mit vergleichsweise kleinen medizinischen Problemen zu Fachärzten gehen, verschärft die Lage, weil damit Fälle, die jedenfalls zum Facharzt müssen, länger warten.
- Welche Maßnahmen werden diskutiert, um das Gesundheitssystem zu stabilisieren?
Abgesehen vom Versuch, das Gesundheitssystem wieder als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren und im Pflegebereich die Arbeitslast für die einzelnen zu mildern, setzt die Gesundheitspolitik auf die Digitalisierung. Dazu gehört beispielsweise, dass die im Zuge der Corona-Pandemie ausgerollte Hotline 1450 flächendeckend zu einer Gesundheitshotline werden soll. Schon jetzt können Anrufer bei 1450 mit medizinisch gut ausgebildetem Fachpersonal sprechen, um abzuklären, ob die Situation tatsächlich einen Arztbesuch erfordert - und wo welche Ordination in ihrer Nähe offen hat. In weiterer Folge sollen Apps dabei helfen, dass sich Patientinnen im Gesundheitssystem schneller und besser zurechtfinden. Etwa, indem sie direkt in der App Vorsorgetermine vereinbaren können und an diese auch erinnert werden.
Ein bislang nicht ausgeschöpfter Bereich ist die Frage der Prävention. Im Vergleich zu anderen OECD-Staaten haben die Österreicher zwar eine sehr lange Lebenserwartung, sie liegen bei den gesunden Lebensjahren am Lebensende aber zurück.
Ist das Gesundheitssystem in Österreich wirklich „am Ende“?
Trotz der bestehenden Herausforderungen ist das österreichische Gesundheitssystem noch weit entfernt davon, „am Ende“ zu sein. Österreich bietet nach wie vor eines der besten Gesundheitssysteme weltweit, mit einer breiten Abdeckung und einem hohen Standard der medizinischen Versorgung. Die Probleme sind ernst, doch es gibt laufende Bemühungen von Regierung, Institutionen und dem Gesundheitspersonal, das System zu verbessern und nachhaltiger zu gestalten. Reformen und Investitionen sind jedoch dringend erforderlich, um die aktuelle Überlastung zu reduzieren und das System zukunftsfähig zu machen.