Politik/Inland

Geplante Pensionskürzung wurde abgeblasen

Ingrid Korosec, Obfrau des ÖVP-Seniorenbunds, zeigt sich im KURIER-Gespräch erleichtert: "Die Vernunft siegt. Jetzt werden wir noch genau aufpassen, ob das Versprechen auch eingehalten wird."

Wenige Stunden vor dem Telefoninterview mit Frau Korosec hatten die Regierungsspitzen am Dienstag nach dem Ministerrat die Rücknahme eines umstrittenen Vorhabens verkündet: Demnach wird es keine Strafaktion gegen arbeitende Pensionisten geben. "Wir werden die Mahnungen der Pensionistenvertreter, auch des Karl Blecha, sehr ernst nehmen", sagte Bundeskanzler Werner Faymann. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner wurde noch deutlicher: "Niemand soll mit Abschlägen bestraft werden, der in Pension ist und länger freiwillig arbeiten will." Das wäre nicht verfassungskonform und würde dem Vertrauensgrundsatz widersprechen.

Verfassungswidrig

Nach diesen Worten hat die Regierung also eine Woche zuvor im Ministerrat etwas beschlossen, das nicht verfassungskonform ist, und nicht dem Vertrauensgrundsatz entspricht. Die Absicht war, Pensionisten, die das Regelpensionsalter überschritten haben, im Falle einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit bis zu 50 Prozent der Pension zu streichen. Diese Regelung hätte nur für ASVG-Versicherte, Gewerbetreibende und Bauern gegolten, nicht jedoch für Beamte.

Der Plan war beim "Pensionsgipfel" am Montag vor einer Woche von den Ministern Alois Stöger und Hans Jörg Schelling ausgeheckt worden. In den Verhandlungen junktimierte die SPÖ die Pensionisten-Strafaktion mit der von der ÖVP verlangten Bonuszahlung für den längeren Verbleib am Arbeitsplatz. Schelling willigte in den Abtausch ein. Tags darauf wurde dieser Kompromiss als "Tischvorlage" in den Ministerrat eingebracht, sodass ihn die Interessensvertreter nicht zu Gesicht bekamen.

"Ganz, ganz grober Fehler"

Als die Regierungspläne wenig später ruchbar wurden, machte Ingrid Korosec, die Nachfolgerin von Andreas Khol an der Spitze des Seniorenbundes, mobil. Die Verhandler seien "ahnungslos", Schelling sei ein "ganz, ganz grober Fehler" passiert, sagte sie im Sonntag-KURIER.

Auch die SPÖ-Senioren sind gegen Strafaktionen für arbeitende Pensionisten. Sie stoßen sich vor allem an der Ungleichbehandlung zwischen ASVG und Beamten.

"Eine bloße Spende"

Am Montag beim Seniorenrat gab es dann auch einen rot-schwarzen Schulterschluss gegen die Pensionskürzungspläne, obwohl die Idee ursprünglich von Arbeiterkammerdirektor Werner Muhm stammte, wie SPÖ-Politiker erzählen.

Am Dienstag vertrat Rudolf Edlinger den an Grippe erkrankten Karl Blecha bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Korosec. Dabei erteilte Edlinger nicht nur der Strafaktion eine Absage, sondern forderte darüber hinaus, die Pensionsbeiträge für arbeitende Pensionisten abzuschaffen. Die etwa 20.000 arbeitenden Pensionisten zahlen jährlich 200 Millionen Pensionsbeiträge (als Selbstständige 17 Prozent). "Die sind eine bloße Spende ohne Gegenleistung. Das muss weg", sagte Edlinger.

"Entwarnung geben"

August Wöginger, Sozialsprecher der ÖVP, erwartet nun, dass die Regierung demnächst ein ausformuliertes Gesetz zu den neuen Pensionsregeln ins Parlament schickt. "Ich bin sehr froh und anerkenne es ausdrücklich, dass die SPÖ auf ihre Forderung nach Verschlechterungen für arbeitende Pensionisten verzichtet. Wir können jetzt Entwarnung geben."

Beim Pensionsgipfel am 29. Februar wurden Änderungen bei der Invaliditätspension, bei der Mindestpension für Alleinstehende, bei den Anrechnungszeiten für Kinder und beim Pensionssplitting fixiert. Zudem soll es „Anreize“ für längeres Arbeiten geben: Wer ab 60 (Frauen) bzw. 65 Jahren (Männer) weiterarbeitet, statt in Pension zu gehen, soll einen Bonus erhalten: Der Pensionsbeitrag wird halbiert (maximal drei Jahre). Beispiel: Bei 2000 Euro (brutto/Monat) bringt das ein Plus von 100 Euro (Monat); bei 3000 Euro sind es rund 150 Euro im Monat.

Geplant waren auch Einschnitte für Personen, die neben der Pension etwas dazuverdienen: Bis zur Hälfte der Pension hätte gekürzt werden sollen. Dieser Malus kommt nicht. Die Verluste wären teils gravierend gewesen: Z. B. bei einer Pension von 2500 Euro (brutto) und einem Zusatzeinkommen von 1500 Euro hätte das Minus pro Jahr mehr als 4300 Euro ausgemacht.